Von Alexander
Mittwoch, 9. Oktober 2024

“Das B2C-Modell hat sich nicht durchgesetzt”

Das Pannenhilfenetzwerk MySchleppApp gehört jetzt zu hlpy. "Die Übernahme ermöglicht uns weiteres Wachstum", sagt Gründer Santosh Satschdeva. "Unsere jährlichen Wachstumsraten liegen bei über 130 % - und so darf es gerne weitergehen."

Das Kölner Unternehmen MySchleppApp, 2016 von Frank Heck und Santosh Satschdeva gegründet, positioniert sich als “digitales, flächendeckendes Pannenhilfenetzwerk”. Anfangs setzte das Team auf B2C, schwenkte dann aber ins B2B-Segment rüber. Zu den Kunden der Jungfirma gehören Automobilhersteller, Fuhrparkmanager und Leasing-Unternehmen. Kürzlich wanderte das Unternehmen unter das Dach von hlpy aus Italien.

“Die Übernahme durch hlpy ermöglicht uns weiteres Wachstum. Gemeinsam bedienen wir nun nicht mehr nur Deutschland und Österreich, sondern auch Italien, Frankreich und Spanien. Das schafft Synergien und neue Kunden auf beiden Seiten”, sagt MySchleppApp-Macher Satschdeva.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Satschdeva außerdem über organisches Wachstum, mediale Aufmerksamkeit und Nischen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter MySchleppApp erklären?
Unser Geschäftsmodell ist ziemlich einfach: Wir verbinden Menschen, die mit ihrem Auto liegengeblieben sind, mit Abschleppdiensten, die das Auto schnell abholen und in die Werkstatt bringen. MySchleppApp verdient Geld, indem wir eine Gebühr für diese Vermittlung nehmen.

Zum Start habt Ihr auf B2C gesetzt. Inzwischen liegt Euer Fokus auf B2B. Wie kam es zu diesem Wandel?
Das B2C-Modell hat sich aufgrund der starken Konkurrenz nicht durchgesetzt. Unseren ersten großen B2B-Kunden fanden wir schließlich in Bosch, mit denen wir noch heute zusammenarbeiten. Es hat sich gezeigt, dass wir in der B2B-Nische wirtschaftlich arbeiten und unseren Platz finden können. Inzwischen betreuen wir namhafte Unternehmen wie z.B. Tesla, die Deutsche Post, Signal Iduna oder BYD.

Wie hat sich MySchleppApp seit der Gründung entwickelt?
Vom Büro in den eigenen vier Wänden sind wir nach einem Zwischenstopp am Kölner Startplatz inzwischen in einem wunderschönen Büro-Gebäude in Köln-Porz angekommen. Wir sind von 3 auf 15 Mitarbeiter gewachsen und werden dieses Jahr noch zwei weitere Arbeitsplätze besetzen. Unser Pannenhilfe-Netzwerk ist in Deutschland flächendeckend und umfasst etwa 1.500 Dienstleister. Wir bearbeiten jährlich etwa 55.000 Pannen.

Gerade wurdet Ihr von hlpy übernommen. Wie genau geht es nun weiter für Euch?
Die Übernahme durch hlpy ermöglicht uns weiteres Wachstum. Gemeinsam bedienen wir nun nicht mehr nur Deutschland und Österreich, sondern auch Italien, Frankreich und Spanien. Das schafft Synergien und neue Kunden auf beiden Seiten.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir haben eine neue Version unserer Partner-App für die Abschleppdienste gelauncht, die leider einige Bugs enthielt. So konnten wir mehrere Tage keine Aufträge an unser Netzwerk versenden, bis das Thema wieder im Griff war.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Zum einen ist da die Teilnahme am TV-Format “Die Höhle der Löwen”, die uns 2017 große mediale Aufmerksamkeit gebracht hat. Das hat uns natürlich sehr geholfen, interessante Kontakte zu knüpfen. Zum anderen war die Änderung unserer Strategie von B2C auf B2B ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Besonders wichtig war für uns auch das langsame, aber organische Wachstum und dass wir keine Investoren, dafür aber einen langen Atem hatten.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Hartnäckig bleiben. Innovativ sein. Sich von Misserfolgen nicht entmutigen lassen. Immer weitermachen.

Wo steht MySchleppApp in einem Jahr?
In einem Jahr werden mit mit hlpy zu einer starken Gemeinschaft zusammengewachsen sein. Wir sind bereits einer der führenden Anbieter für digitale Pannenhilfe in Deutschland und Österreich. Unsere jährlichen Wachstumsraten liegen bei über 130 % – und so darf es gerne weitergehen.

Reden wir über Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Die Kölner Startup-Szene ist dynamisch und vielfältig. Wir haben nur die besten Erinnerungen an unsere Zeit am Kölner Startplatz. Dort haben wir viele tolle Menschen kennengelernt und die Weichen für unser Business gelegt. Der Startplatz ist übrigens ein besonders wichtiges Gründerzentrum, das regelmäßig Workshops, Events und Networking organisiert. Köln ist außerdem bekannt für seine Medien- und Kreativwirtschaft, aber auch Startups in den Bereichen Technologie, E-Commerce, Mobilität und FinTech haben hier ihren Platz. Besonders stark sind hier die digitalen Geschäftsmodelle, wie etwa E-Commerce-Plattformen oder Apps, aber auch im Bereich Software-as-a-Service (SaaS) gibt es viele spannende Unternehmen. Wir sind und bleiben Köln-Fans!

Was ist in Köln einfacher als in Berlin – und umgekehrt?
Köln ist zwar nicht so bekannt wie Berlin, hat sich aber in den letzten Jahren zu einem wichtigen Standort für junge, innovative Unternehmen entwickelt. In Köln ist die Startup-Szene kleiner und übersichtlicher als in Berlin. Dadurch ist es oft einfacher, Zugang zu relevanten Kontakten zu finden und in bestehende Netzwerke aufgenommen zu werden. Die Startup-Community ist gut vernetzt, und der Austausch zwischen Gründern, Investoren und Mentoren ist persönlicher. Dies kann gerade für neue Gründer hilfreich sein, da sie schneller Unterstützung und Rat finden. Berlin hingegen bietet einen größeren Zugang zu internationalen Talenten, Risikokapital und mehr Aufmerksamkeit. Beide Städte haben also ihre eigenen Vorteile – die Wahl hängt stark davon ab, welche Prioritäten Gründer haben und in welcher Branche sie tätig sind.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Erstens: Köln verzeichnet eine wachsende Anzahl von Investoren, aber es gibt noch nicht so viele Venture-Capital-Firmen und Business Angels wie in Berlin oder München. Startups, die größere Finanzierungsrunden abschließen möchten, müssen oft außerhalb der Region suchen. Es wäre hilfreich, wenn es mehr lokale Risikokapitalgeber gäbe, die gezielt in regionale Startups investieren. Zweitens: Zwar gibt es in Köln bereits einige Co-Working-Spaces und Gründerzentren, aber es fehlt an genügend erschwinglichen und flexiblen Büroflächen, besonders wenn Startups wachsen und größere Räume benötigen. Die Stadt könnte Maßnahmen ergreifen, um den Zugang zu bezahlbaren Gewerbeflächen zu verbessern und damit Startups in verschiedenen Wachstumsphasen zu unterstützen. Drittens: Die Universitäten und Fachhochschulen in Köln sind bereits gut vernetzt, aber es gibt noch Raum für eine engere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Gründern. Mehr technologische Transferprogramme, Inkubatoren an Universitäten und spezielle Förderungen für studentische Gründungen könnten dazu beitragen, dass mehr Forschungsergebnisse in Startups umgesetzt werden.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 735 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

Foto (oben): MySchleppApp