Von Ruth Cremer
Freitag, 4. Oktober 2024

Lanin Labs: Das unterschätzte Online-Geschäft?

Das Startup Lanin Labs von Gründerin Azuka Stekovics bietet Hautpflege für die melaninreiche Haut an, mit der eine Marktlücke geschlossen werden soll. Doch setzt die Gründerin auf den falschen Vertriebsweg?

Viele Gründer:innen, die Ihre Produkte bei “Die Höhle der Löwen” vorstellen, haben eines klares Ziel dafür vor Augen: den Handel.

Neben Ralf Dümmel, der wohl zu Recht den Spitznamen “Mr. Regal” trägt, gibt es aber noch einige weitere Löwen, die Startups helfen können, ihre Produkte im Einzelhandel zu platzieren. Auch Judith Williams hat dies schon mehrfach bewiesen, und ihre guten Verbindungen zu einer großen Drogeriekette sind bekannt. Doch im Falle von Lanin Labs war sie von der Fokussierung der Gründerin auf den Handel so gar nicht angetan und hatte ganz andere Vorstellungen. Wie kamen diese zu Stande?

Gerade am Anfang ist es wichtig, für sein Produkt den Vertriebskanal zu wählen, der schnell eine gewisse Skalierung zulässt. Eine wichtige Einschränkung sind hier jedoch die zur Verfügung stehenden Ressourcen. Also zum Beispiel, wie viel Vorproduktion man finanziell stemmen kann und welche Logistikanstrengungen man leisten kann. 

Der Handel verlangt jedoch meistens gewissen Mindestmengen, die für Startups oft einfach nicht finanzierbar sind. Hierfür halten die Löwen das oft benannte “Working Capital” bereit, dass jedoch bei Investoren außerhalb der Höhle häufig nicht so selbstverständlich ist.

Doch dies scheut bestimmt auch die Löwin der ersten Stunde Judith Williams nicht. Bevor sie jedoch ihre Gründe genauer darlegte, gab die Diskussion um Herstellungskosten und Verkaufspreis schon erste Hinweise. Denn den momentanen Verkaufspreis von 60 Euro für 30ml fanden die Löwen schon sehr teuer, auch der von der Gründerin genannte Zielwert von 50 Euro konnte vor allem die beiden Handelslöwen Ralf Dümmel und Tillmann Schulz nicht überzeugen. Letzterer hatte sich 29,95 Euro als realistischen Zielwert in sein Buch geschrieben.

Zwar schlug sich die Gründerin gut und antwortete, dass kleinere Einheiten die Lösung sein könnten damit dieser Preis erreicht würde, konnte die beiden Löwen aber auch damit nicht überzeugen, sie sahen das Produkt immer noch nicht als besonders erfolgversprechend für den Handel an.

Denn dies ist eine weitere Komponente, mit der Startups rechnen sollten: vor allem die großen Handelsketten haben je nach Produktkategorie starke Erfahrungswerte, was sich zu welchem Produkt verkauft und was nicht, und geben daher Produkten mit dem vermeintlich “falschen” Preis meistens gar nicht erst eine Chance.

Um in den Handel zu kommen, muss man sich hier also auch preislich anpassen – und damit vielleicht seine Positionierungsstrategie verraten. Sicher, der Lohn könnte eine große Reichweite und viele Verkäufe sein, doch sind es die wirklich wert?

Denn was bisher noch nicht zur Sprache kam und von vielen Gründer:innen leider immer noch außer Acht gelassen oder zumindest deutlich unterschätzt wird, sind die Kosten des jeweiligen Vertriebskanals. Denn die Kosten, die es braucht, um jeweils einen Kunden zu gewinnen, also die jeweiligen Customer Acquisition Costs oder kurz CAC, können sehr unterschiedlich ausfallen.

Wenn man nun unterstellt, dass für den Handel kein zusätzliches Marketing gemacht werden muss – was bei einem vollkommen neuen Produkt schon ein wenig sehr optimistisch ist – hat man immer noch die Handelsmarge, die man bei diesem Vertriebskanal berechnen muss. Diese beträgt locker ein Drittel bis die Hälfte des Produktpreises. Bei einem Beauty-Serum für rund 30 Euros sind dies also mindestens 10 Euro, gerade Startups haben aber häufig eine schlechtere Verhandlungsposition und zahlen deutlich höhere Handelsmargen.

Online hängt es jedoch von der Effizienz der Marketing-Maßnahmen hab, und man könnte sogar darunter landen. Doch im eCommerce kommt ein weiterer sehr wichtiger Effekt hinzu, der oft unterschätzt wird: hier ist man nicht an die Verkaufspreise des Handels gebunden, und kann seine Positionierung frei wählen. Findet man dann eine Zielgruppe, auf die das Produkt genau zugeschnitten ist und die bereit ist, mehr zu bezahlen, kann man das gleiche Produkt zum Beispiel für 50 € verkaufen, so dass selbst CAC von 15 oder 20 € noch zu einem besseren Erlös pro Produkt führen würden als im Handel.

Und im Falle von Lanin Labs betont Beauty-Expertin Judith Williams sehr deutlich, dass sie im Online-Verkauf einige Vorteile sieht, da man durch die genauen Möglichkeiten des Targetings beste Chancen hat. Denn man kann zum Beispiel sehr genau Kundinnen ansprechen, die 35 Jahre alt sind, roten Nagellack benutzen, goldene Creolen tragen und ihr Müsli mit Hafermilch essen.

Dies bedeutet vor allem wenig Streuverlust, wie man ihn im Handel hat. So hat man die Chance, auch höherpreisige Produkte mit vertretbarem Marketingaufwand zu verkaufen, die im Handel so wahrscheinlich keine Chance hätten.

Und auch, wenn ihre genaueren Ausführungen hier sehr wahrscheinlich dem Schnitt zum Opfer fielen, wird sie das Serum von Lanin Labs für ein solches Produkt gehalten haben. Denn die Menge der Frauen mit sehr melaninhaltiger Haut, die mehr Geld für höherwertige Kosmetik auszugeben bereit sind, wäre online wohl viel besser und effektiver zu treffen als im Handel, wo sich wahrscheinlich viele hellhäutige Frauen von dem Produkt nicht angesprochen fühlen.

So hätte das Startup mit einer reinen Online-Strategie wahrscheinlich gute Chancen auf eine ordentliche Marge selbst im frühen Stadium und damit gute Chancen auf eine schnelle Skalierung.

Trotz der etwas anderen Auffassung über den Vertriebsfokus sind jedoch alle Löwen von Gründerin Azuka begeistert, vor allem Judith Williams ringt mit sich, doch schließlich steigt sie auf Grund der bisher sehr geringen Verkaufszahlen aus. Denn ein Umsatz von 5000 € in 11 Monaten lässt ihr das Risiko zu hoch erscheinen.

Zwar betont die Gründerin, dass sie dies bisher ohne einen Euro Marketing-Budget geschafft hat, doch gerade dies ist nicht immer nur positiv, fehlen so doch jegliche Informationen über die bereits erwähnten CAC. Denn diese könnten auch deutlich höher ausfallen und die eigentlich gute Marge wieder regelrecht auffressen.

Zum Glück nimmt es die Gründerin optimistisch, und verlässt die Höhle zwar ohne Deal, aber mit einigen “Hausaufgaben”, die, egal, für welchen Vertriebskanal sie sich letztendlich entscheidet, für die sympathische Unternehmerin hoffentlich zum gewünschten Erfolg führen werden.

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Foto (oben): RTL / Bernd-Michael Maurer