Manti Manti: Wenn InvestorInnen emotional werden
Bestimmt hat so ziemlich jede Gründerin und jeder Gründer, die schon häufiger mit Investoren zu tun hatten, mal die Situation erlebt, dass sie sich mit unfair erscheinenden Fragen und Einschätzungen von der Geldgeber-Seite konfrontiert sahen.
Natürlich kann das einfach eine subjektive Einschätzung sein, doch manchmal deutet einiges darauf hin, dass man vielleicht einen wunden Punkt bei seinem Gegenüber getroffen hat. Auch beim Startup Manti Manti und Löwin Tijen Onaran drängte sich dieser Verdacht in der aktuellen Folge von “Die Höhle der Löwen” ein wenig auf.
Wie kann man also reagieren, wenn man das Gefühl hat, mit jemandem von der Investorenseite nicht mehr logisch argumentieren zu können?
Denn für das Startup, dass nachhaltige Kinderbrillen entwickelt hat, fing es eigentlich ziemlich gut an. Ihr Produkt, seine Leichtigkeit, das Design, die Anpassbarkeit und das nachhaltige Material aus Rizinusöl kamen super an, die anwesenden Löwen wirkten alle sehr interessiert.
Doch Nils Glagau leitet mit seiner Frage nach dem Verkaufspreis eine hitzige Diskussion ein. Denn ein Gestell soll ca. 198 € kosten, hinzu kommen noch einmal 40 € für das Verglasen.
Der Fragesteller und Löwen-Kollegin Janna Ensthaler finden dies sofort auch sehr teuer. Letztere bemerkt, dass man sich wohl am oberen Ende des Preis-Spektrums für Kinderbrillen befindet und möchte wissen, wie man dies rechtfertigt.
Die Argumente der Gründerinnen scheinen dann auch die meisten Löwen zufrieden zu stellen, denn man argumentiert mit der Bandbreite der Qualitäten, dass man sich qualitativ eben auch im Premium-Segment befindet und dass sich gerade im Kinder-Bereich in anderen Segmenten wie zum Beispiel bei den Schulranzen gezeigt hat, dass Eltern sehr wohl bereit sind, viel Geld für Premium-Produkte auszugeben.
Doch ausgerechnet Tijen Onaran, die in der letzten Folge noch in ein Kartenset für Persönlichkeitsentwicklung investiert hatte, dass die anderen Löwen für völlig überteuert hielten, kann der Argumentation so gar nicht folgen. Sie findet es “privilegiert” und denkt, man sollte auch Menschen aus anderen sozialen Schichten erreichen können.
Judith Williams wendet ein, dass es sich aber nun mal um ein Premium-Produkt für eine zahlungskräftige Zielgruppe handelt, und Manti Manti bei dieser auf Grund seiner USPs eben einen entsprechend hohen Preis erzielen kann. Sie sieht eine klare Trennung zwischen unternehmerischen Fragen dieser Art und der Diskussion, ob man auch für andere soziale Gruppen Produkte anbieten sollte.
Tijen Onaran kontert jedoch mit dem Einwand, dass der Markt größer wäre, wenn man zumindest ein Produkt auch für die andere Zielgruppe anbieten würde, doch Judith Williams zieht ganz bewusst die Löwen selbst und ihre nicht ganz günstige Kleidung als Beispiel heran, dass es nun einmal unterschiedliche Produktkategorien gibt. Mit ihrem nochmals formulierten Statement “die soziale Verantwortung eines Unternehmens und wie das Unternehmen aufgestellt ist – welche Zielgruppe, welche Produkte – sind zwei völlig verschiedene paar Schuhe” bringt sie einen Fakt auf dem Punkt, der vielen Menschen oft auf Grund der Emotionalität des Themas schwer zu vermitteln ist.
Denn gerade Startups mit hochpreisigen Produkten sehen sich oft mit unfair erscheinender Kritik konfrontiert – auch von Investorenseite. Dabei sind hochpreisige Nischen durchaus sehr interessant für Investoren, versprechen sie doch oft gut Margen und lassen so ein schnelles Wachstum und dann vielleicht auch irgendwann die Expansion in andere Märkte oder sogar Preisklassen zu. Und Porsche wirft schließlich auch niemand vor, dass sie kein Auto für Geringverdiener im Portfolio haben. Warum also sollte ein Startup, was es geschafft hat, eine zahlungskräftige Zielgruppe anzusprechen, dazu verpflichtet sein, auch Produkte für andere Zielgruppen mit anzubieten?
Doch Investoren sind nun mal auch nur Menschen, und bei bestimmten Produkten – und Produkte für Kinder besitzen ohnehin immer einen gewissen emotionalen Faktor – kann es auch ihnen passieren, dass ihnen ein Geschäftsmodell aus weniger rationalen Gründen einfach nicht gefällt.
Natürlich ist dies im Fall von “Manti Manit” und Tijen Onaran nicht klar festzustellen, schließlich kann der starke Schnitt des Gründerinnen-Investoren-Gesprächs hier auch den Eindruck verzerren. Bei dem, was die Zuschauer:innen von diesem Fall zu sehen bekommen, entsteht aber ein wenig der Eindruck einer eher emotionalen Reaktion seitens der Löwin.
Zum Beispiel sagt sie später genau wegen den bisher genannten Gründen ab, dazwischen schien es aber noch ein weiteres Thema zu geben, an dem sie sich aufrieb. So wollte sie wissen, warum die Gründerinnen bei ihren vorangegangen Erfahrungen Hilfe bei Marketing und Vertrieb brauchten, und selbst das Argument, dass es sich bei ihrem bisherigen Werdegang um andere Geschäftsmodelle mit teilweise anderen Fragestellungen handelte und dass dies eben nur eine Erfahrung war, man für das jetzige Unternehmen aber neue Fragestellungen und spezielle Herausforderungen im Marketing hätte, schien sie nicht gelten zu lassen.
Wie schon zuvor sahen ihre Löwen-Kolleginnen und Kolleginnen das Thema jedoch komplett anders.
Auch fühlte sie sich von der Gründerin unterbrochen, obwohl es zumindest im fertigen Schnitt so wirkte, als hätte sie diese zuvor selbst unterbrochen – natürlich kann dies aber ein verzerrter Eindruck sein.
Und nicht zuletzt ihre Bereitschaft, in Produkte wie das Board von Micalé Visions zu investieren, die andere hingegen als hoffnungslos überpreist ansehen, deutet in diese Richtung.
Auch die Wortwahl mit Vergleichen zum gehobenen Wohnviertel Berlin Prenzlauer Berg und einer “wahnsinnig hochpreisigen” Brille deutet auf einen gewissen emotionalen Faktor hin.
Doch ob das in diesem Fall nun wirklich so zutraf oder nicht – wie geht man als Gründerin oder Gründer damit um, wenn man im Investorengespräch einen solchen Eindruck bekommt?
Zunächst einmal: Ruhe bewahren! Tief durchatmen und versuchen, das Ganze wieder auf die Sachebene zurückzubringen und mit rein sachlichen Argumenten zu kontern. Das haben die “Manti Manti”-Gründerinnen auch richtig gut vorgemacht.
Auch: Wenn das Gegenüber bei seinen Behauptungen bleibt, die Argumente einfach noch einmal – am Besten immer etwas umformuliert – wiederholen. Manchmal ist vielleicht einfach etwas nicht richtig angekommen.
Sitzt man mehreren Investoren gegenüber, ist das Verhalten der anderen – wie auch in der DHDL-Folge – ein guter Indikator, ob man mit seinem Eindruck wirklich richtig liegt oder vielleicht selbst etwas überreagiert. Besonders mehr oder weniger offen ausgetragene Meinungsverschiedenheiten sind ein starkes Indiz – zumindest, solange die andere Seite ruhig und sachlich argumentiert und nicht auch emotional wirkt.
In diesem Fall ist es auch das Beste, sich stärker auf die anderen Anwesenden zu beziehen. Da außerhalb der Höhle aber normalerweise alle Gesprächspartner im gleichen Team sind und nicht konkurrieren, ist hier Fingerspitzengefühl angesagt, um den einen “Querläufer” nicht unnötig gegen sich aufzubringen. Sind die anderen jedoch überzeugt, könnte dieser im Nachgang durchaus von ihnen überstimmt werden, deswegen sollte man sich eine solche Situation auch nicht ganz so zu Herzen nehmen.
Ist man alleine mit einem emotional agierenden Gegenüber oder ist dieses der vorherrschende Entscheidungsträger, muss man abwägen, ob es überhaupt noch Sinn macht, die Diskussion weiterzuführen oder freundlich das Ende zu suchen. Denn eine einmal hart gefasste Meinung wird nur schwer ins Gegenteil umzudrehen sein.
So gesehen haben die Gründerinnen von “Manti Manti” also eigentlich alles richtig gemacht. Trotz des großen Interesses der anderen Investoren klappte es jedoch leider aus anderen Gründen wie einem zu vollen Cap Table oder einer zu hohen Bewertung nicht mit einem Deal.
Bleibt zu wünschen, dass sich nachhaltige Kinderbrillen trotzdem gegen die Plastik-Konkurrenz durchsetzen – erst im hochpreisigen, und vielleicht dann auch irgendwann in niedrigpreisigeren Segmenten.
Tipp: Alles über die Vox-Gründershow gibt es in unserer großen DHDL-Rubrik.
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