Von Team
Freitag, 13. September 2024

Denken mit den Händen: Das ist die Lego Serious Play-Methode

Lego Serious Play verdeutlicht, wie spielerische Elemente und ernsthafte Geschäftsanwendungen miteinander kombiniert werden können, um einen gemeinsamen Fokus zu schaffen, neue Wege der Problemlösung zu erschließen und sinnvolle Entscheidungen zu treffen.

Probleme, Ziele, Ideen und Entscheidungen: Diese Faktoren sind im Business elementar und wirken nicht selten als wichtige Triebfedern für das Wachstum, bedeuten aber gleichzeitig oft auch erhebliche Schwierigkeiten. Jedes Unternehmen steht dann und wann vor der Herausforderung, neue Strategien zweckmäßig umzusetzen, gekonnt mit starken Widerständen umzugehen oder tiefgreifende Beschlüsse festzulegen. Entsprechende Aufgaben müssen gemeinsam, sprich in Zusammenarbeit mit Führungskräften und Teams, gelöst werden. Dabei gilt es für maximale Erfolge unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen, das Engagement hochzuhalten, innovative, richtungsweisende Einfälle zu fördern, die Kommunikation effektiv zu gestalten und den gesamten Lösungsweg möglichst schnell bzw. zielsicher zu beschreiten. Die Lego Serious Play-Methode ist ein wortwörtlich spielerisches, aber überaus mächtiges Werkzeug, um genau solche Voraussetzungen zu schaffen.

Was ist Lego Serious Play?

Lego Serious Play ist eine Methode, die auf den Prinzipien des erfahrungsbasierten Lernens und des dialogischen Denkens basiert. LEGO-Steine und der Prozess des Bauens mit diesen dienen hier als zentrale Werkzeuge, um komplexe Probleme zu lösen, Ideen zu generieren und Visionen zu festigen. Der Ansatz übernimmt die Analyse, die Einstellung auf eine gemeinsame Richtung und die Führung zur passenden strategischen Basis, womit sie maßgebend für das anschließende Projektmanagement ist.

Geschichte

Die Ursprünge von Lego Serious Play gehen zurück auf die 1990er Jahre. Gemeinsam mit LEGO suchten die Wissenschaftler Johan Roos und Bart Victor nach einer innovativen Herangehensweise, um Kreativität und unternehmerisches Denken in Teams zu fördern. Ihr Ziel war es, die oft unsichtbaren und unausgesprochenen Einfälle zu fördern und schließlich sichtbar bzw. wirklich nutzbar zu machen. Häufig bleiben mögliche Innovationen im Dunkeln, da sich Teammitglieder nicht einbringen und es keine gemeinsame Perspektive gibt.

Vorteile und Stärken

Im Kern basiert Lego Serious Play auf der Überzeugung, dass jeder Mitarbeiter sehr wertvolle Beiträge liefern und die kollektive Intelligenz einer Gruppe genutzt werden kann, um bessere Lösungen zu finden, sinnvollere Taktiken zu erarbeiten oder effektivere Beschlüsse zu fällen. Die Methode fördert das Denken durch den Einsatz der Hände in spielerischer und damit ungezwungener Weise, was zu einem starken Engagement und der Loslösung von eingefahrenen Mustern beiträgt. Die physische Tätigkeit des Bauens intensiviert die geistige und emotionale Beteiligung und vertieft den Dialog. Durch das Modellieren von Gedanken und Ideen mit LEGO-Steinen wird eine gemeinsame visuelle Sprache geschaffen, die es ermöglicht, unterschiedliche Perspektiven optimal zu integrieren und zudem komplexe Zusammenhänge besser – weil regelrecht bildlich – verständlich zu machen.

Ziele

Die Ziele von Lego Serious Play sind vielfältig: Sie reichen von der Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit in Teams über die Entwicklung von Innovationen auf unterschiedlichsten Ebene bis hin zur Klärung erheblicher Schwierigkeiten und der Ausrichtung von gewichtigen Unternehmensstrategien. Der Ansatz an sich fokussiert die Schaffung einer starken und nachhaltigen Lernkultur. Teilnehmer werden ermutigt, ihre eigene Kreativität bzw. Kompetenz bei der Bearbeitung entsprechender Business-Entwicklungen zu entdecken, zu festigen und diese in einem sicheren, unterstützenden Umfeld zu teilen.

Facilitator (Moderator:in)

Ein wesentlicher Aspekt der Lego Serious Play-Methode ist die Rolle des Facilitators (englisch für “Moderator:in”), der den Prozess leitet und sicherstellt, dass die Prinzipien und Techniken der Methode korrekt angewendet werden. Der Facilitator ist dafür verantwortlich, einen Raum zu schaffen, in dem Vertrauen und Offenheit herrschen. Hier führt er die Beteiligten durch präzise Fragen und Übungen, die dazu anregen, genauer zu reflektieren und Gedanken klar zu artikulieren. Der Facilitator unterstützt die Gruppe dabei, ihre kollektive Intelligenz zu nutzen und kreative Lösungen zu entwickeln, die auf den Beiträgen aller Mitglieder basieren.

Anwendungsbereiche: Bei welchen Herausforderungen kann Lego Serious Play helfen?

Mit der Lego Serious Play-Methode kann tatsächlich eine sehr große Bandbreite an typischen Business-Aufgaben bzw. –Herausforderungen bearbeitet werden. Entscheidend ist dabei ein erfahrener Facilitator. Dieser Moderator sollte nicht nur für die Methode zertifiziert, sondern auch im jeweiligen Anwendungsgebiet bewandert sein.

  • Strategische Planung und Visionserstellung: Lego Serious Play macht abstrakte Konzepte greifbar und fördert ein gemeinsames Verständnis sowie eine klare Zieldefinition innerhalb des Teams.
  • Teamentwicklung und -dynamik: Die Methode erleichtert die offene Kommunikation und das Aufdecken sowie Lösen von verborgenen Konflikten, was zu einer verbesserten Zusammenarbeit führt.
  • Innovationsmanagement: Per Lego Serious Play lässt sich die Entwicklung neuer, unkonventioneller Ideen für kreative Managementansätze durch spielerisches Denken und Modellieren unterstützen.
  • Organisationsentwicklung: Der für langfristige Erfolge wichtige Wandel und die Anpassung an neue Herausforderungen können durch eine betreffende Strategievisualisierung im Lego Serious Play-Prozess reibungslos und zweckmäßig gestaltet werden.
  • Problemlösung und Entscheidungsfindung: Der gemeinschaftliche Lego Serious Play-Ansatz ermöglicht tiefgehende Analysen und das Erkennen von wichtigen Zusammenhängen für die Problemlösung und die Entscheidungsfindung, die in traditionellen Besprechungen oft übersehen werden.
  • Kunden- und Stakeholder-Engagement: Durch die Methode besteht die Chance, die Bedürfnisse und Perspektiven von Unternehmenspartnern und anderen Interessengruppen gemeinschaftlich sowie bildhaft und damit sehr effektiv zu erfassen.
  • Komplexitätsmanagement: Mithilfe von Lego Serious Play können vielschichtige Probleme oder Ziele durch die kollektive Intelligenz des Teams sehr zweckmäßig strukturiert und eindeutig kommuniziert werden.
  • Kreative Selbstreflexion und Persönlichkeitsentwicklung: Nicht zuletzt ermöglicht es Lego Serious Play Menschen, ihre Gedanken und Gefühle visuell auszudrücken und persönliche Einsichten zu gewinnen.

Wie funktioniert Lego Serious Play in der Praxis?

Lego Serious Play ist ein geführter Prozess, der normalerweise in bestimmten Schritten erfolgt. Der Facilitator sorgt als zertifizierter Moderator dafür, dass die Gruppe effizient zur optimalen Lösung gelangt.

  1. Definition des Problems: Der Prozess beginnt mit der klaren Definition des Problems, des Ziels oder der Fragestellung. Diese Phase ist entscheidend, um die Richtung und den Fokus der Sitzung festzulegen. Als typisches Beispiel aus der Praxis nehmen wir hier die „Verbesserung der internen Kommunikation zwischen den Abteilungen im Unternehmen“ an.  Der Facilitator arbeitet eng mit den Teilnehmern zusammen, um die spezifischen Kommunikationsprobleme zu identifizieren, die behoben werden müssen. Er stellt sicher, dass die Definition alle relevanten Aspekte abdeckt.
  2. Aufwärmübung: Um die Beteiligten mit den LEGO-Steinen und der Methodik vertraut zu machen, führt der Facilitator eine Aufwärmübung durch. Die in der Sitzung Anwesenden bauen zunächst einfache Modelle, die ihre Persönlichkeit oder aktuelle Kommunikationsmethoden repräsentieren. Diese Einführung hilft, Hemmungen abzubauen und eine kreative Atmosphäre zu schaffen. Der Moderator ist dafür verantwortlich, dass sich alle Teilnehmer wohlfühlen und bereit sind, offen zu kommunizieren.
  3. Bau der individuellen Modelle: Im Anschluss erstellen die Teilnehmer nun individuelle Modelle, die ihre Sicht auf die aktuellen Kommunikationsschwierigkeiten und mögliche Lösungen repräsentieren. Jeder der Anwesenden erhält die gleiche Auswahl an LEGO-Steinen und wird ermutigt, seine Gedanken und Konzepte physisch zu visualisieren. Der Facilitator stellt sicher, dass alle gleichberechtigt sind und ungestört arbeiten können. Ein Beispielmodell könnte eine metaphorische Darstellung eines Kommunikationsflusses sein, der an bestimmten Punkten blockiert ist. Es geht hier nicht darum, ein möglichst schönes Ergebnis abzuliefern, sondern eher um die Gedanken und den Fluss der Ideen dahinter. Selbst einfachste Konstrukte können bei der richtigen Intention maßgebend sein. Es ist wichtig, dass der Moderator diese Denkweise vermittelt.
  4. Erklärung und Reflexion: Nach dem Bau erklärt jeder Teilnehmer sein Modell und die damit verbundenen Gedanken. Der Facilitator moderiert diese Phase, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten gehört werden und ein respektvoller Austausch stattfindet. Ein praktisches Beispiel könnte eine modellbasierte Erklärung sein, die aufzeigt, wie mangelnde Kommunikationswege an bestimmten Stellen des Flusses bzw. zwischen spezifischen Abteilungen zu Missverständnissen und ineffizienten Arbeitsabläufen führen.
  5. Gemeinsame Modelle und Integration: Die individuellen Modelle werden zusammengeführt, um ein gemeinsames Konstrukt zu schaffen, das die kollektive Vision oder Lösung der Gruppe repräsentiert. Der Facilitator leitet die Diskussion und hilft dabei, verschiedene Ideen und Ansätze zweckmäßig zu integrieren. Um hier zu einem optimalen Ergebnis zu kommen, ist gewisses Know-how im Anwendungsbereich, also in diesem Fall der Kommunikationsoptimierung, sehr wichtig. Ein Gruppenmodell könnte eine ideale Kommunikationsstruktur darstellen, bei der regelmäßig stattfindende Meetings und ein zentrales Informationssystem implementiert werden.
  6. Schlussfolgerungen und Aktionsplan: Zum Abschluss der Sitzung werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und konkrete Maßnahmenpläne entwickelt. Der Facilitator unterstützt die Gruppe dabei, praktikable Schritte zu formulieren, die auf den in den vorherigen Schritten entwickelten Ideen basieren. In unserem Beispiel könnte dies die Einführung einer neuen Kommunikationsplattform und regelmäßiger interdisziplinärer Team-Besprechungen umfassen.
  7. Dokumentation der Ergebnisse: Der Facilitator sorgt dafür, dass alle während der Sitzung erarbeiteten Modelle und Diskussionen umfassend dokumentiert werden. Dies kann durch Fotos der Kreationen und schriftliche Zusammenfassungen der Diskussionen geschehen. Selbstverständlich ist auch der aufgesetzte Aktionsplan Teil dieser Erfassung. Die Dokumentation dient als Referenz und stellt sicher, dass keine wichtigen Erkenntnisse verloren gehen.

Damit ist der wesentliche Teil der Lego Serious Play-Methode abgeschlossen. Es gibt jedoch noch weitere zusammenhängende und überaus wichtige Schritte, die gewährleisten, dass die gewonnenen Einsichten bzw. die entwickelten Ideen, Lösungen, Visionen und Strategien auch tatsächlich zweckmäßig in die Praxis umgesetzt werden.

  1. Feedback und Reflexion: Die Teilnehmer reflektieren über den gesamten Prozess und geben Feedback zu ihrer Erfahrung mit der Methode. Der Facilitator sammelt dieses Feedback, um die Vorgänge für zukünftige Sitzungen zu verbessern. Diese Phase hilft den Beteiligten nicht zuletzt, ihre eigenen Lernprozesse besser zu verstehen. Damit können sie entsprechende Vorgänge auch zukünftig im Team und für sich selbst bewusster umsetzen.
  2. Realisierung der Aktionspläne: Die entwickelten Aktionspläne werden in die Tat umgesetzt. Der Facilitator kann eine unterstützende Rolle übernehmen, indem er die Schritte überwacht und bei Bedarf weitere Workshops oder Sitzungen organisiert, um den Fortschritt zu überprüfen und anzupassen. In dieser Phase werden die theoretischen Erkenntnisse in konkrete Maßnahmen überführt. Man stellt die neue Kommunikationsplattform in Dienst und veranstaltet regelmäßige Team-Meetings.
  3. Follow-up-Sitzungen: Um das Vorankommen beim Vorhaben und die korrekte Umsetzung der Aktionspläne zu überwachen, organisiert der Facilitator Follow-up-Sitzungen. Diese dienen dazu, eventuell auftretende Probleme zu besprechen und gegebenenfalls frühzeitig Veränderungen durchzuführen, bevor etwas schiefläuft.
  4. Langfristige Integration und Kulturveränderung: Die langfristige Integration der während der Lego Serious Play-Sitzung gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Strategien kann zu nachhaltigen Kulturveränderungen innerhalb der Organisation führen. Der Facilitator unterstützt diesen Prozess durch kontinuierliche Beratung und weitere Workshops, um die neuen Ideen und Arbeitsweisen fest in der Organisation zu verankern.

Fazit

Lego Serious Play verdeutlicht, wie spielerische Elemente und ernsthafte Geschäftsanwendungen miteinander kombiniert werden können, um einen gemeinsamen Fokus zu schaffen, neue Wege des Denkens sowie der Problemlösung zu erschließen und sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Die Methode hat sich seit ihrer Erfindung zu einer schlagkräftigen Lösung für die Bearbeitung verschiedenster Business-Arbeiten bzw. -Herausforderungen entwickelt und findet heute weltweit bei Top-Konzernen Anwendung. Eine ihrer größten Vorteile liegt in der Nutzung der kindlichen Freude am Spielen und Bauen, die Engagement, Offenheit und letztlich herausragende – weil kreativ und gemeinschaftlich erreichte – Ergebnisse fördert. Zudem ist der Prozess schnell zu verstehen und einfach umzusetzen. Für maximale Erfolge muss jedoch ein zertifizierter und erfahrener Moderator involviert sein, der alles zusammenhält.

Über den Autor
David Hillmer ist ein führender Experte im Bereich Agile und New Work. Als Agile Coach, Lego Serious Play-Trainer und Geschäftsführer von HelloAgile begleitet er mit seinem Team Unternehmen auf dem Weg zu zeitgemäßen Formen der Arbeit wie OKR und Scrum. Seine Arbeit umfasst Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie Zertifizierungstrainings in den verschiedenen agilen Ansätzen. Zudem ist David Autor des Bestsellers „PLAY! Der unverzichtbare Lego Serious Play Praxis-Guide“. Sein Wissen teilt er auch als Dozent für Entrepreneurship an der Fresenius University und Podcast Host von „Unboxing New Work“. 

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Foto (oben): Shutterstock