5 Tipps, wie militärische Prinzipien Startups zum Erfolg führen können
Startups und das Militär – zwei Welten, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Doch bei genauerem Hinsehen zeigen sich zahlreiche Parallelen. Sowohl für Startups als auch für das Militär ist agiles Handeln der Schlüssel zum Erfolg. Hans-Christian Stockfisch, Gründer von Flexvelop und ehemaliger Offizier, zeigt in den folgenden fünf Tipps auf, wie militärische Prinzipien Startups helfen können, mit Bravour am Markt zu bestehen.
Das Lagebild: Wissen ist Macht
Im Militär sind Informationen für das dynamische Lagebild von entscheidender Bedeutung. Denn ein klares Lagebild ist Voraussetzung für die Ableitung bestmöglicher Handlungsoptionen. Briefings im Militär folgen daher meist der Agenda “Lage – Auftrag – Durchführung”. Eine solche Struktur kann auch für Meetings in Startups zweckmäßig sein. CEOs sollten im Team stets möglichst alle vorliegenden Informationen transparent teilen und diese gemeinsam hinterfragen. Dabei ist wichtig, die zweckmäßige Balance zwischen unmittelbar relevanten Daten und dem Blick über den Horizont zu halten. Hier kann ein strikter visueller Timer hilfreich sein. Dieser schützt das Meeting davor, in eine zeitraubende Erzählrunde abzudriften. Beispielsweise kann der kurze Hinweis eines Werkstudenten auf eine simple Werbeanzeige der Konkurrenz bereits die Lage ändern und Anlass dafür geben, die Prioritäten im aktuellen Sprint neu zu ordnen und den Vertrieb umzulenken. Merke Dir: “Lage – Auftrag – Durchführung”
Anpassungsfähigkeit: Überleben durch Flexibilität
“Nichts ist so beständig wie die Lageänderung” – ein Prinzip, das auch besonders für Startups gilt. Denn gerade innovative Geschäftsmodelle unterliegen einer besonders starken Unsicherheit. Der militärische Grundsatz “Leben in der Lage” beschreibt das agile Mindset, das Offiziere mitbringen müssen, um auf plötzliche Lageänderungen sofort zu reagieren. Auch Startups müssen häufig mit Pivots auf die tatsächliche Nachfrage am Markt reagieren und den ursprünglichen Businessplan in Gänze verwerfen.
Auch in unserem Fintech hatten wir den ausgereiften Plan, professionelle Gastronomiegeräte direkt bei Partnerhändlern “flexbar” – also flexibel finanzierbar – zu machen. Die Nachfrage war groß und die Sales-Pipeline prall gefüllt. Doch mit dem COVID-19-Lockdown wurde die gesamte Branche schlagartig stillgelegt. Dafür stieg im Gegenzug der Bedarf in Unternehmen nach neuer Home-Office IT schlagartig an. Daher haben wir unseren Branchenfokus sofort ausgeweitet und unseren Vertrieb neu ausgerichtet. Diese Flexibilität, sich blitzschnell anzupassen, ohne dabei dem ursprünglichen Plan nachzutrauern, ist entscheidend für den Erfolg in Krisensituationen – und damit im Alltag von Startups. Merke Dir: “Leben in der Lage”
Auftragstaktik: Der richtige Weg zum Erfolg
Teams müssen so geführt werden, dass diese die gegebenen Aufgaben bestmöglich umsetzen können. Im Militär wird zwischen der “Befehlstaktik” und der “Auftragstaktik” unterschieden. Die Befehlstaktik gibt detaillierte Anweisungen ohne Interpretationsspielraum. Das schafft zwar Kontrolle, belastet aber langfristig das Arbeitsklima und verhindert den Aufbau einer resilienten und agilen Organisation. Die Auftragstaktik gibt hingegen nur das angestrebte Ziel vor, überlässt dabei aber den beauftragten Mitarbeitern die freie Umsetzung in Eigenverantwortung. So kann das Team auf Lageänderungen sofort eigenständig reagieren. Dabei ist wichtig, dass auch der höhere Sinn und Zweck hinter dem vorliegenden Auftrag bekannt ist. Denn nur so kann das Team auch ohne erneute Abstimmung direkt im Sinne der Gesamtmission handeln. Diese Taktik fördert Agilität und effiziente Lösungen. Außerdem nimmt das Team so unmittelbar am schöpferischen Prozess des Unternehmensaufbaus teil, der die Arbeit im Startup so reizvoll macht. Merke Dir: “Führe mit Auftrag”
Durchhaltevermögen: Der Marathon zum Erfolg
In der militärischen Ausbildung wird sowohl die mentale als auch die physische Widerstandsfähigkeit gezielt auf die Probe gestellt und ausgebildet. Bei der Bundeswehr gibt es den Spruch “Stumpf ist Trumpf”. Diesen rufen sich Soldaten beispielsweise bei langen Märschen mit einem Augenzwinkern zu, sobald der Schmerz einsetzt. Hier erleben viele Soldaten erstmals, dass ihre Körper zu deutlich mehr Leistung in der Lage sind, als sie sich selbst zugetraut hätten. Denn nach dem Erreichen der vermeintlichen Belastungsgrenze, geht es plötzlich doch noch weiter, wenn man nur dazu gezwungen ist. Das Durchstehen eines zivilen Marathons kann zur gleichen Erkenntnis führen und mentale Stärke stiften. Gründer sollten sich daher bewusst in den “Point of no return” stürzen und die gesamte eigene Lebensplanung für das eigene Startup riskieren, um die sonst verborgenen Kraftreserven freizusetzen. Denn wenn insgeheim noch eine Fallback-Option besteht, fällt das Durchhalten weitaus schwerer. Merke Dir: “Stumpf ist Trumpf”
Kameradschaft und Disziplin: Die unschlagbaren Waffen
Ob einfacher Soldat oder General, ob Praktikantin oder CEO, das Team muss sich als Einheit verstehen und mit der Mission identifizieren. Im Militär wird dieser professionelle Zusammenhalt als “Kameradschaft” beschrieben. Spätestens nachdem die ersten Hürden gemeinsam überwunden worden sind, rückt das Team automatisch näher zusammen. Kameradschaft entfaltet sich. Dies Entwicklung wird umso stärker beschleunigt, je konsequenter CEOs und Offiziere als Vorbild vorangehen. Stets Erster im Call, letzter im Office und immer pünktlich zu Terminen – so zollt der CEO seinem Team Respekt und geht als Beispiel voran. Denn der Anspruch auf Höchstleistung im Team will verdient sein. Das Gleiche gilt für das bewusste Nehmen von Auszeiten. Offiziere sind im Militär gesetzlich dazu verpflichtet, Fürsorge für ihre Untergebenen zu übernehmen. Das heißt sie müssen aktiv darauf achten, dass die ihnen anvertrauten Soldaten physisch und mental bestmöglich versorgt sind. Ein offenes Ohr vom CEO ist hier häufig schon die halbe Miete. Merke Dir: “Führe mit Vorbild”
Fazit
In beiden Welten geht es darum, im dynamischen Umfeld unter starker Unsicherheit kühn zu reagieren und anstrengende Phasen durchzustehen. Militärische Prinzipien können Startups dabei helfen, im Team und als Organisation agiler und widerstandfähiger zu werden.
Über den Autor
Hans-Christian Stockfisch ist Gründer von Flexvelop und ehemaliger Offizier.
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