#Gastbeitrag

So wird aus Deinem Startup kein Endup

Krisen im Startup können zu hohen Verlusten und gegebenenfalls sogar zur strafrechtlicher Verantwortung führen. Droht eine Krise, ist gutes Management gefragt und insoweit sollten alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Ein Gastbeitrag von Stefanie Kalke.
So wird aus Deinem Startup kein Endup
Freitag, 12. Juli 2024VonTeam

Die Startup-Szene in Deutschland hat derzeit mit einigen Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung zu kämpfen. Investoren sind wegen der schlechten ökonomischen Aussichten risikoaverser geworden und das Investmentkapital wird deutlich selektiver vergeben.

Daher haben in letzter Zeit so viele Startups Insolvenz angemeldet, dass einige Branchenkenner bereits den Anfang einer Insolvenzwelle voraussehen. Laut Handelsblatt haben in 2023 297 Startups Insolvenz angemeldet, was 65 % mehr als in 2022 und 33 % mehr als in 2021 bedeutet. Die Branche wurde auch schwerer getroffen als andere Unternehmen, denn in der Gesamtwirtschaft gab es 2023 nur 26 % mehr Insolvenzen als im Vorjahr.

Hinzukommt dass die Bundesregierung von heute auf morgen die Zuschüsse für Business Angels von 25 auf 15 % der Investitionssumme gekürzt hat. Das teilte das zum Bundeswirtschaftsministerium gehörende Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) am 6. März 2024 mit. Schuld sei die angespannte Haushaltslage. Mit ihrem Invest-Programm hatte die Bundesregierung Anfangsinvestitionen seit 2013 bezuschusst. Diese Entscheidung hatte in der Szene für reichlich Empörung gesorgt.

Finanzierungsformen und Risiken

Die Finanzierung von Startups läuft meist über Wandeldarlehen, Venture Debt oder direkte Kapitalinvestitionen im Rahmen von Finanzierungsrunden. 

Allen Finanzierungsformen ist aber gemeinsam, dass es sich um Wagniskapital handelt, das das Risiko des Totalverlustes in sich trägt. 

Wandeldarlehen sind in der Regel unbesichert und müssen aus regulatorischen Gründen mit qualifizierten Rangrücktritten ausgestaltet sein, sodass diese Forderungen im Insolvenzfall wie Eigenkapital behandelt werden. Das bedeutet, dass Investoren in den seltensten Fällen erwarten können, aus der Insolvenzmasse noch einen Teil ihrer Forderungen befriedigen zu können. 

Wandeldarlehen werden insbesondere in der Frühphasenfinanzierung als Finanzierungsinstrument benutzt, da sie sowohl für Investoren als auch für Startups eine Art “Probezeit” ermöglichen und die Lücke zwischen Eigen- und Fremdkapital schließen können. Sie eignen sich daher zur Anschub- wie zur Brückenfinanzierung bis zur nächsten Finanzierungsrunde. Wandeldarlehensgeber haben – soweit sie noch nicht an der Gesellschaft beteiligt sind – vor der Wandelung keine Gesellschafter- sondern lediglich Informationsrechte. Diese müssen im Wandeldarlehensvertrag klar definiert sein. Zu beachten ist auch, dass Wandeldarlehensverträge gegebenenfalls beurkundungspflichtig sind. Um das anfängliche Risiko auszugleichen, ist es üblich, dass Wandeldarlehensgeber im Vorfeld einen Discount für die spätere Wandelung im Rahmen von Finanzierungsrunden vereinbaren und damit bei der Ausgabe neuer Anteile profitieren können. 

Bei Kapitalmaßnahmen in Finanzierungsrunden besteht die Gefahr, dass eine spätere Runde zu einer niedrigeren Bewertung durchgeführt wird. Für diese Fälle vereinbaren Investoren in den Beteiligungsvereinbarungen Verwässerungsschutzmechanismen in Form sog. Downround Protection Regeln. Üblich ist eine kompensatorische Kapitalerhöhung, durch die geschützte Investoren das Recht erhalten, meist unter Ausschluss anderer Investoren eine gewisse Anzahl an neuen Geschäftsanteilen in der Downround gegen Zahlung lediglich eines niedrigeren Ausgabebetrages oder nur des Nominalbetrages der neuen Geschäftsanteile zu übernehmen. Hierbei gibt es verschiedene Bewertungsmechanismen (Full-Ratchet, Average oder Weighted Average Methode), die in den Beteiligungsvereinbarungen niedergelegt und definiert sind. 

Maßnahmen zur Risikokontrolle

Die o.g. Maßnahmen stellen Maßnahmen zur Risikominimierung bei der Beteiligung dar. Allerdings sollten Investoren bereits vor einer Beteiligung das Unternehmen umfassend prüfen, was durch die Durchführung einer rechtlichen, steuerlichen und technischen Due-Diligence-Prüfung erfolgt. In letzter Zeit wurden mehrere Fälle bekannt, in denen Gründer mit Betrugsvorwürfen konfrontiert wurden. So machten z.B. die Investoren von Theranos und neuerlich Frank erhebliche Verluste, weil die Informationen zu Produkten und sonstigen Kennzahlen nicht wahr waren. 

Institutionelle Investoren werden stets entsprechende Prüfungen durchführen. Business Angels verfügen allerdings meist nicht über die Kapazitäten, um ihr Investment auf diese Weise abzusichern. Hier sollte zumindest geprüft werden, ob eine Red Flag oder Special Focus Due Diligence Prüfung gemeinsam mit anderen Business Angels durchgeführt wird oder ob gegebenenfalls die DD Reports eines Lead Investors eingesehen werden können. 

Wichtig ist aus Investorensicht, dass ausreichende Kontroll- und Informationsmechanismen bestehen, um ein gutes Management zu gewährleisten. In Betracht kommen Beiratssitze oder die Pflicht zur Einholung der Zustimmung der Shareholder oder noch spezieller der Investoren (sog. “Investorenmehrheit”) für bestimmte Geschäfte in der Satzung oder der Gesellschaftervereinbarung. Informationsrechte nach Gesetz (§ 51 a GmbHG) oder der Gesellschaftervereinbarung mit entsprechenden Reportingpflichten sind hilfreich, müssen im Zweifel aber gerichtlich durchgesetzt werden, was langwierig und kostspielig sein kann. Insoweit bietet es sich an, Kontrollgremien wie einen Beirat zu schaffen. Ein Beirat kann aufsichtsratsähnliche Kontrollrechte haben oder aber – wie meist – die Geschäftsführung beraten. Wichtig ist, dass regelmäßige Beiratssitzungen stattfinden und das Management insoweit berichtet. Business Angels haben die Möglichkeit, einen gemeinsamen Vertreter in den Beirat zu entsenden, oder zumindest einen “Observer” zu bestellen.  

Bei Fehlern der Geschäftsführung ist zu prüfen, ob Geschäftsführer abberufen werden können oder ob gegebenenfalls die Geschäftsführung umstrukturiert werden kann, z.B. durch die Aufnahme weiterer Geschäftsführer mit gemeinschaftlicher Geschäftsführungsbefugnis. Hier kann sich die Beiziehung von auf Gesellschaftsrecht und Venture Capital spezialisierte Rechtsanwälte anbieten, um entsprechende Satzungsregelungen zu gestalten.  

Falls die Krise einzutreten droht, gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Gegensteuerung. Klar ist, dass die Geschäftsführer bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (Insolvenzgründe) gesetzlich verpflichtet sind, einen Insolvenzantrag nach § 15a InsO zu stellen. Hierfür benötigen sie weder eine Weisung der Gesellschafterversammlung noch kann diese durch Weisung der Gesellschafterversammlung verhindert werden. 

Bis 2020 hatten Unternehmen nur die Möglichkeit, in Krisensituationen eine außergerichtliche Sanierung oder die Sanierung im Insolvenzverfahren durchzuführen. Seit 2021 bietet das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) ein besonderes Verfahren zur Aufnahme von Sanierungsmaßnahmen außerhalb des Insolvenzverfahrens an, in dem Sanierungsmaßnahmen auch gegen den Willen einzelner Gläubiger umgesetzt werden können. 

Welches Sanierungsverfahren das Richtige ist, muss im Einzelfall gegebenenfalls unter Heranziehung von Sanierungsberatern und spezialisierten Rechtsanwälten geprüft werden. Entsprechende Maßnahmen sollten bereits bei drohenden Krisen ergriffen werden. 

Fazit 

Krisen im Startup können zu hohen Verlusten bei Investoren und zu Schadensersatz und gegebenenfalls sogar zur strafrechtlichen Verantwortung der Gründer führen. Daher ist die Einholung von rechtlichem Rat bereits im Vorfeld der Beteiligung geboten. Droht eine Krise, ist gutes Management gefragt und insoweit sollten alle Beteiligten nach Möglichkeit an einem Strang ziehen. Ist die Krise eingetreten, gibt es trotzdem Sanierungsmöglichkeiten, und zwar sowohl außerhalb als auch im Insolvenzverfahren. In jedem Fall sollte hier professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.  

Über die Autorin
Rechtsanwältin Stefanie Kalke ist Managing  Partnerin der Wirtschafts- und Anwaltskanzlei FPS in Berlin. Sie leitet die Praxisgruppe Venture Capital und Private Equity bei FPS und arbeite seit vielen Jahren mit Investoren und Startups zusammen.

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