#Interview
“Die Industrie über Open Source ‘aufzuklären’, ist eine Herausforderung”
Das Kölner Startup United Manufacturing Hub, 2021 von Christian Proch, Alexander Krüger und Jeremy Theocharis in Aachen gegründet, möchte Unternehmen helfen, ihre Maschinen digital zu vernetzen. “In den Fabriken, in denen unsere Autos, Medikamente und Frühstücksorangensaft hergestellt werden, werden auch jede Menge Daten produziert. Mit Hilfe des United Manufacturing Hub kann man sich an alle Maschinen in der Fabrik anschließen, diese Daten extrahieren”, erklärt Gründer Krüger das Konzept.
Freigeist Capital und DnA Ventures investierten bereits in United Manufacturing Hub. “Wir freuen uns sehr, dass wir in dem aktuellen Marktumfeld eine Finanzierungsrunde mit einem absoluten Wunschinvestor abschließen konnten und sehen das logischerweise als nicht selbstverständlich an. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass es für gute Unternehmen auch im aktuellen Umfeld noch Kapital gibt und ob wir dazu gehören, wird sich dann in den nächsten Jahren zeigen”, erzählt der United Manufacturing Hub-Macher.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Jungunternehmer Krüger außerdem über Windows XP, Temperaturen und Entwickler.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Dein Startup erklären?
In den Fabriken, in denen unsere Autos, Medikamente und Frühstücksorangensaft hergestellt werden, werden auch jede Menge Daten produziert – Temperaturen, Drücke, Energieverbräuche, Störmeldungen etc. Leider werden diese von den Unternehmen nicht genutzt, da sie schwer zugänglich in Maschinen und Datensilos versteckt sind. Mit Hilfe des United Manufacturing Hub kann man sich an alle Maschinen und Systeme in der Fabrik anschließen, diese Daten extrahieren und sie an einem zentralen Ort zur Verfügung stellen. So kann man schneller und günstiger Analysen durchführen, Arbeitsabläufe, die bisher papierbasiert waren, automatisieren oder Applikationen auf Basis dieser Daten erstellen. Dies ist aktuell noch viel spannender als zuvor, da mit Hilfe von Modellen (KI) neue Insights und Software noch einfacher gebaut werden können.
Wie ist die Idee zu United Manufacturing Hub entstanden?
Stück für Stück. Bevor wir den United Manufacturing Hub gegründet haben, haben wir als Systemintegrator gearbeitet, zusammen mit einer großen Unternehmensberatung. Ehrlicherweise haben wir für unsere Kunden immer wieder einen eigenen “United Manufacturing Hub” gebaut. Daher lag es uns relativ nahe, dass wir das standardisieren und als Produkt auflegen wollen, da A) wir immer wieder die gleichen Probleme hatten und B) unsere Hypothese war, dass es wohl auch andere mit unseren Problemen geben muss ? Wir haben daraufhin UMH als Produktfirma aufgebaut.
Wie oder wo hast Du Deine Mitgründer kennengelernt?
Jeremy und ich haben uns im Systemintegrator kennengelernt, den Jeremy ursprünglich gegründet hatte und mich dazugenommen hat, um ihn weiter auszubauen. Als wir dann vom Service auf ein Produktgeschäft gewechselt sind, brauchten wir noch einen betriebswirtschaftlichen Experten, da Jeremy und ich beide mehr für die Technik und das Produkt brennen. So haben wir Christian über einen gemeinsamen Freund kennengelernt und wir haben uns super ergänzt.
Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Wir sind Open-Source, d.h. der Kern unserer Software ist frei und kostenlos zugänglich. Es klingt erstmal wenig intuitiv, wenn du mich fragst, wie wir unser Geld verdienen wollen. Unser GTM-Ansatz ist es, den potenziellen Kunden das Produkt erstmal selbst ausprobieren zu lassen und so eine kritische Masse an Nutzern zu gewinnen – alleine in unserem Discord Channel haben wir bereits über 800 Nutzer – und dann die Kunden mit Enterprise-Features – SLA, SSO, Enterprise-Konnektoren – für eine jährliche Gebühr zu versorgen, die diese auch wirklich brauchen. Analog zu anderen erfolgreichen Open-Source-Unternehmen wie Elastic, Timescale oder auch Red Hat.
Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Die Industrie über Open-Source “aufzuklären”, ist eine Herausforderung. Der industrielle Softwaremarkt ist sehr konservativ, das bevorzugte Serverbetriebssystem ist Windows Server und die PCs in den Fabriken laufen noch auf Windows XP. Die Cloud war bis vor ein paar Jahren noch der Feind. Es bedeutete, die Leute grundsätzlich davon zu überzeugen, dass Open-Source sicherer und skalierbarer ist und damit viele aktuelle Probleme der Nutzer bereits gelöst sind, das war nicht einfach. Aber wir haben mit Hilfe unseres Blogs versucht, dazu beizutragen, den Markt “aufzuklären”.
Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Monate?
Wir freuen uns sehr, dass wir in dem aktuellen Marktumfeld eine Finanzierungsrunde mit einem absoluten Wunschinvestor abschließen konnten und sehen das logischerweise als nicht selbstverständlich an. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass es für gute Unternehmen auch im aktuellen Umfeld noch Kapital gibt und ob wir dazu gehören, wird sich dann in den nächsten Jahren zeigen. Aktuell arbeiten wir also heads-down am Unternehmen und schauen uns den Markt wieder an, sobald wir als Unternehmen den nächsten Schritt machen wollen.
Du hast es gerade schon angesprochen: Ihr konntet bereits Investorengelder einsammeln. Wie seid ihr mit euren Geldgebern in Kontakt gekommen?
Tatsächlich hat eines der Teammitglieder von Freigeist in den frühen Phasen unseres Systemintegrators bei uns mitgearbeitet. Wir haben uns zu meinem Geburtstag letztes Jahr wieder getroffen und dann hat es sich Stück für Stück ergeben.
Ihr habt United Manufacturing Hub in Aachen gegründet, sitzt nun aber in Köln. Was waren die Gründe für den Umzug nach Köln?
Talent und Anbindung. Da wir in den nächsten Phasen unseres Unternehmens viele gute Entwickler brauchen, lag Köln schon sehr nah. Dies liegt daran, dass es A aufgrund der Größe mehr Entwickler gibt und B es auch eine der Städte mit den meisten Entwicklern überhaupt ist. Außerdem wollen wir so viel wie möglich beim Kunden sein, was Reisen voraussetzt, und Köln könnte im Gegensatz zu Aachen kaum besser angebunden sein.
Wo steht United Manufacturing Hub in einem Jahr?
Hoffentlich in den Herzen vieler europäischer Fabriken!
Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness
In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedIn, Facebook und Instagram.