Von Team
Freitag, 21. Juni 2024

“Unsere größte Hürde war unsere Risikobereitschaft”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Unser größter Fehler war am Anfang, zu sehr irgendwelchen Trends hinterherzulaufen, obwohl sie für uns gar keinen Sinn gemacht haben", erinnert sich Emmelie König von MINTD.

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antworten Emmelie König und Natalia Wallroth von MINTD. Das Startup aus Berlin bietet eine Recruiting-Plattform für MINT-Frauen.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Wallroth: Vor der Arbeit gehe ich immer eine Runde spazieren und mache danach Yoga. Das gibt mir eine positive Einstellung und viel Energie. Immerhin sitzt man als Gründerin ja doch sehr viel vor dem Laptop. Danach starte ich damit, alle Mails, LinkedIn- und Slack-Nachrichten zu beantworten. Gerade bei LinkedIn kommt sooo viel zusammen. Danach plane ich meinen Tag. Ich bin sehr strukturiert und versuche möglichst effizient zu arbeiten.
Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
König: Gerade, wenn ich den ganzen Tag am Laptop gesessen habe, hilft mir Sport unheimlich, um abzuschalten. Am liebsten spiele ich Tennis, oft zusammen mit Natalia. Beim Tennis haben wir uns übrigens auch kennengelernt. Manchmal habe ich auch Auftritte mit meiner Band, meistens so vor ein paar hundert Leuten. Und wenn nichts ansteht und ich mich danach fühle, nehme ich auch gern einen Song in meinem Homestudio auf.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Wallroth: Ich hätte gern vorher gewusst, wie unheimlich wichtig ein starkes Support-Netzwerk ist. Damit meine ich jetzt nicht Freunde und Familie – die sind natürlich auch wichtig. Sondern ich meine Advisor, Mentor:innen usw. Also ein starkes Business-Netzwerk. Gründen ist einfach super komplex und man muss sich mit so vielen Themen beschäftigen. Wie sieht eine gute Go-to-Market-Strategie aus, wie baut man ein operatives Geschäft auf usw. Leute mit Erfahrung, die man einfach fragen kann, erleichtern einem das Leben unglaublich. Deswegen kann man gar nicht früh genug anfangen, sich dieses Netzwerk aufzubauen.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Wallroth: Unsere größte Hürde war unsere Risikobereitschaft. Wir beide hatten gute, sichere Jobs, ein tolles Einkommen. Diese dann hinzuschmeißen, um sich voll auf die Gründung zu konzentrieren, war echt schwer. Viele aus unserem Umfeld haben uns vor diesem Schritt abgeraten. Dadurch wurde die mentale Mauer natürlich noch einmal größer. Es braucht viel Mut und Entschlossenheit, gerade am Anfang. Als wir dann endlich losgelegt haben, war die größte Hürde, uns inhaltlich klar zu positionieren. Wir hatten viele gute Ideen, aber irgendwann kam der Punkt, wo wir klar aussortieren und uns fokussieren mussten.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
König: Unser größter Fehler war am Anfang, zu sehr irgendwelchen Trends hinterherzulaufen, obwohl sie für uns gar keinen Sinn gemacht haben. Die Startup-Szene ist ja eine ziemliche Bubble, und wenn da irgendwas gerade gehyped ist, bekommt man schnell das Gefühl, das jetzt auch machen zu müssen. Beispiel SaaS: Nur weil Gründer:innen und VC’s ständig davon gesprochen haben, waren wir auch schon drauf und dran, ein Abo-Modell zu entwickeln. Das wäre aber ein völliger Reinfall geworden. Oder auch Finanzierung: Ständig geht es ums schnell wachsen, schnell krasse Invests reinholen. Wir haben uns da mitreißen lassen und uns fast schon zwanghaft nach einem Deal umgeschaut. Zum Glück haben wir noch rechtzeitig erkannt, dass auch das nicht zielführend gewesen wäre. Was wir daraus gelernt haben: Jeden Trend hinterfragen und ehrlich zu sich selbst sein, ob dieser für einen selbst Sinn macht.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
König: Meine besten Erfahrungen habe ich tatsächlich mit Kandidat:innen gemacht, die aus meinem persönlichen Netzwerk stammen. Oft weiß mein Umfeld sehr gut, welche Personen ich gerade suche, sodass sie mir passgenaue Empfehlungen geben. Natürlich spielt da auch der Vertrauensvorschuss eine Rolle. Ansonsten sind auch Events immer ein guter Ausgangspunkt. Generell schauen wir gerade als junges Startup vor allem auf den Drive und die Motivation. Proaktivität und unternehmerisches Denken sind uns unheimlich wichtig. Wer zwar Erfahrung hat, aber nur Dienst nach Vorschrift macht, ist bei uns raus.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Wallroth: Nutzt die vielen tollen Förderprogramme, Accelerators, Events usw., die es für junge Founder gibt. Sowas ist pures Gold für Knowhow und Netzwerk. Außerdem gibt es auch viel finanzielle Unterstützung, wenn man sich genau umsieht. Viele junge Gründer:innen lassen da gute Möglichkeiten außer Acht, die einem den Start deutlich leichter machen.
Ohne welches externes Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
König: Ganz klar LinkedIn. Für Aufbau und Pflege des eigenen Netzwerks gibt es kein besseres Tool. Wir verbringen jeden Tag mehrere Stunden dort, vor allem auch fürs Recruiting. Ansonsten nutzen wir sehr gerne Figma, gerade zum Prototypen. Und klein, aber fein: Calendly. Das macht die gesamte Terminkoordination auf einen Schlag viel leichter und weniger zeitraubend.
Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Wallroth: Gerade das Onboarding ist wichtig für eine gute Grundstimmung. Deswegen nehmen wir neue Leute gleich mit auf alle möglichen Events. Das ist viel spannender, als sich in den ersten Wochen ausschließlich vor den Bildschirm zu hocken und einzuarbeiten. Das findet natürlich auch statt, aber eben nicht ausschließlich. Ansonsten legen wir großen Wert darauf, unsere Erfolge als Team zu feiern, egal ob große oder kleine.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
König: Das war, als ich auf meinem eigenen Konzert plötzlich dutzende Anfragen für MINTD bekommen habe. Ich hatte das auf der Bühne eigentlich nur nebenbei erwähnt und maximal zwei, drei Sätze dazu gesagt, was ich da mache. Aber nach dem Auftritt kamen ganz viele auf mich zu, meist Studentinnen, und haben mich über MINTD ausgefragt. Was das genau ist und ob sie nicht auch in den Talentpool aufgenommen werden können. Meine Musik wurde dann auf einmal fast schon Nebensache. Ich hätte nie gedacht, dass das eine mal dem anderen nützt.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): MINTD