c-bionic: Die schwierige Entscheidung des Lizenzgeschäfts
In vielen Fällen scheint es klar zu sein, wie ein Geschäftsmodell wohl am Besten auszusehen hat. Oft diktieren Produktart, Markt, Zielgruppe oder das Zusammenspiel solcher Faktoren schon von vornherein zumindest die Eckpfeiler. Manchmal gibt es aber auch mehrere Möglichkeiten, und eine Entscheidung für ein bestimmtes Geschäftsmodell hat viel mit den eigenen Werten und Vorstellungen, aber auch mit den Ambitionen zu tun. Wie schwierig eine solche Entscheidung sein kann, zeigt das Startup c-bionic, in “Die Höhle der Löwen”.
Die TV-Löwen haben bekanntlich schon Einiges gesehen. Sie wirklich in Erstaunen und Begeisterung zu versetzen ist also gar nicht so einfach. Doch tatsächlich hat es Gründer Marcel Pasternak geschafft: mit seinen von der Bionik inspirierten Konstruktionsbaustein-Systemen, die neben statischen auch neuartige flexible Bausteine enthalten, fesselte er von Anfang an die Aufmerksamkeit der erfahrenen Investoren.
Der 35-jährige Tüftler hat es sich zur Mission gemacht, Kindern die Bionik mit Hilfe neuartiger Spielsets näherzubringen. Im Unterschied zu bekannten Bausteinen am Markt ahmen seine Sets die Natur nach, und neben Bauanleitungen für zwei verschiedene Tiere oder biologischen Mechanismen enthält das beiliegende Heft auch viele weitere Informationen über diese. So soll Lernen spielerisch erfolgen und Neugierde wecken.
Die Löwen sind sofort begeistert, und nach ausführlichem Testspielen geht es schnell ins Zahlenwerk. Verkaufspreise und Margen finden durchaus Anklang, und auch der bisherige Umsatz von 60.000 Euro wäre wohl nicht auf Kritik gestoßen, wenn die Bewertung etwas geringer ausgefallen wäre. Doch der Gründer verlangt 320.000 Euro für 10 %, schlägt also mit einer Post-Money-Bewertung von 3,2 Millionen Euro auf.
Das ist Löwin Janna Ensthaler zu hoch, und sie verabschiedet sich schon vergleichsweise früh aus der Verhandlung.
Carsten Maschmeyer und Dagmar Wöhrl äußern ähnliche Kritik, und fordern den Gründer auf, ihnen weiter entgegen zu kommen, worauf dieser sein Angebot bereits auf 15% erhöht. Man spürt deutlich das Interesse der noch nicht ausgestiegenen Löwen, doch so wirklich konkret werden sie vorerst noch nicht.
Nils Glagau leitet dann mit seiner Frage nach den Erwartungen an einen Investor die finale Phase ein, denn der Gründer antwortet hier mit seinem Wunsch nach Vertriebsunterstützung. Allerdings kündigt er auch schon an, dass die 320.000 € ihm nicht reichen werden, da er noch einmal weitere 500.000 € Working Capital benötigt, um Produktion und Logistik in ausreichender Menge stemmen zu können.
Carsten Maschmeyer steigt daraufhin aus, ebenfalls mit der Begründung, dass ihm nun erst recht die Bewertung zu hoch wäre, denn er berechnet die Working-Capital-Kosten komplett mit ein. Darüber kann man natürlich streiten, da Working Capital normalerweise in Kreditform – also Fremdkapital – ins Unternehmen fließt, aber natürlich kann es auch nicht ganz unbeachtet bleiben, schließlich geht der entsprechende Investor ja wesentlich mehr ins Risiko.
Doch noch gibt es reichlich Bewegung unter den Löwen. Dagmar Wöhrl hatte sich bereits mit Nils Glagau unterhalten, denn beide sahen Lizenzdeals mit großen Spielzeugherstellern als die Chance für C-bionic an. Daher fragt auch der Orthomol-Chef, ob der Gründer schon daran gedacht hat. Dieser bejaht, macht sämtlichen Lizenzideen aber eine klare Absage: er stellt sich den Vertrieb über die eigenen Marke vor, und lässt sich auch nicht von den Nachfragen Dagmar Wöhrls erweichen, die daraufhin aussteigt.
Auch Nils Glagau verabschiedet sich bald danach, bezieht sich aber wieder auf die Bewertung.
Doch warum wehrt sich der Gründer so vehement gegen eine Lizenzierung seiner patentierten Bausteine? Denn oft ist ein Lizenzmodell ein sehr “bequemes” Geschäftsmodell, kann es doch mit verhältnismäßig wenig Aufwand zu guten Verdiensten führen. Das könnte im vorliegenden Fall dann zum Beispiel so aussehen, dass die patentierten flexiblen Steine in Sets traditioneller Hersteller integriert werden, und C-bionic dann für jedes verkaufte Set einen gewissen Betrag als Vergütung erhält. Zwar wäre dieser wesentlich niedriger als die Marge der selbst verkauften Sets, allerdings gäbe es so auch die Möglichkeit, sehr schnell eine große Menge der Steine unter die Kunden zu bringen. Die Lizenzgebühren könnten sich bei einem entsprechenden großen Partner also ganz schnell ganz schön aufsummieren. Außerdem hätte man mit Herstellung, Vertrieb und Logistik nichts mehr zu tun, also auch einen ganz schön Kostenapparat nicht mehr “an der Backe”.
Was könnte also ein Gründer, der dieses Modell so rundheraus ablehnt – und dann auch noch von einer Investorin, die die fraglichen Kontakte in die Spielzeugindustrie direkt mitbringen würde – für eine Motivation haben?
Leider sind weitere Erläuterungen des Gründers anscheinend dem Schnitt zum Opfer gefallen, allerdings haben solche Modelle auch durchaus klare Nachteile.
Hat man den Lizenzvertrag erst einmal unterschrieben, hängt der Erfolg der eigenen Entwicklung stark vom Partner ab: promotet er seine entsprechenden Produkte nicht richtig oder treffen sie nicht den Marktgeschmack, könnte das schon das Ende der Erfindung bedeuten. Natürlich hängt viel von der genauen Vertragsgestaltung ab und Faktoren wie Laufzeit, Mindestabnahme und Kündigungsmöglichkeiten spielen eine wichtige Rolle. Aber man kann sich vorstellen, dass man hier als Startup gegenüber einem Spielzeug-Riesen nicht die beste Verhandlungsposition hat.
Es geht aber nicht nur um den Einfluss auf den Erfolg, es geht bei einer solchen Entscheidung auch oft um Werte. In diesem Fall schien der bildungstechnische Mehrwert dem Gründer verständlicherweise sehr wichtig zu sein. Und könnte er wirklich sicher sein, dass ein Lizenzpartner ebenso ausgefeilte und liebevoll gestaltete Anleitungen herstellen würde? Oder würde ein Spielzeuggigant viel lieber Druckkosten sparen, und den Bildungsmehrwert daher immer weiter zusammenstauchen?
Auch der Einfluss auf die Gestaltung der Sets selbst wäre begrenzt. Wodurch man schlussendlich bei der Entscheidung landen kann, ob man wirklich zum Vollblut-Unternehmer wird, womit man zwar meistens ein höheres Risiko trägt, aber auch die weitere Entwicklung unter seiner eigenen Kontrolle hat, und seine Vorstellungen und Werte weiterhin voll einbringen kann. Oder ob man eben doch den “bequemen” Weg der Lizenzmodelle geht.
Marcel von C-bionic bekannte sich klar zu ersterem, und gewann schließlich mit Ralf Dümmel doch noch einen passenden Löwen, auch wenn ihn dies 20% statt der ursprünglich geplanten 10% seines Unternehmens kostete.
Der Löwe versprach ihm dafür Unterstützung auf allen Verkaufskanälen – eine Omni-Channel-Strategie, die die beiden nun zusammen in Angriff nehmen wollen.
So sollen hoffentlich möglichst viele Kinder in den Genuss dieses spannenden – und lehrreichen – Spielzeugs kommen. Janna Ensthaler hat sich schon als Kundin angekündigt – und es werden hoffentlich noch viele folgen, so dass selbst die großen Hersteller bald ordentlich Konkurrenz bekommen.
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