#Gastbeitrag

KI im Marketing: Auf dem Weg in die Hölle der Mittelmäßigkeit?

Zweifellos sorgt Künstliche Intelligenz (KI) in vielen großen und kleinen Unternehmen für effizientere Marketingprozesse. Aber eben auch für austauschbare Inhalte, die keine Wirkung erzielen. Gerade für Startups ist das gefährlich. Ein Gastbeitrag von Peter Kiefer.
KI im Marketing:  Auf dem Weg in die Hölle der Mittelmäßigkeit?
Donnerstag, 25. April 2024VonTeam

Effizienz oder Effektivität? Masse oder Klasse? Diese Fragen beschäftigen Marketer seit jeher. Doch im Zeitalter der KI gewinnen sie an (neuer) Bedeutung. Denn KI verspricht Contents im Bruchteil einer Sekunde mit nur einem Prompt. Ganze Texte, Headlines, Bilder, Landingpages und inzwischen auch Videos lassen sich unkompliziert, schnell und vor allem ohne Expertise in der Disziplin erstellen. Ist doch praktisch. Oder vielleicht doch nicht? 

Keine Frage: KI kann Inhalte automatisieren und personalisieren. Das spart Zeit und Geld – und steigert mitunter tatsächlich die Effizienz. Doch das ist nicht alles. Was nützen massenhaft produzierte Contents, wenn sie zwar relevante Personen adressieren, aber mit uninspirierter Botschaft und empathieloser Kreation? Wir wissen aus jahrelanger Erfahrung, dass emotionale Inhalte Menschen besser ansprechen. Insbesondere, wenn auch noch ein relevanter Need adressiert wird. Wie der alte Witz es so schön aufzeigt: Eine Bohrmaschine verkauft man nicht über die besonderen technischen Spezifikationen. Sondern, indem man die Fantasie des Kunden anregt, was man damit alles machen kann. Und sei es nur ein Loch in die Wand zu bohren, um ein Sonnenaufgangs-Bild vom letzten Urlaub aufzuhängen.

Doch was macht KI? KI führt zur Standardisierung, zumindest dann, wenn die KI-Outputs eins zu eins übernommen werden. Nicht nur, weil sie im Schnitt nur so gute Ergebnisse liefern kann wie die Daten, die dahinter liegen. Genauso tragisch und standardisiert ist es, wenn alle Unternehmen auf die gleichen Tools zurückgreifen. Denn dann verlieren Marken ihre Einzigartigkeit. Und verschwinden so in der Mittelmäßigkeit und der Austauschbarkeit. Wollen wir wirklich in einer Welt leben, in der alle Marken gleich klingen und aussehen? 

KI im Startup-Marketing

Als Konsumenten könnte uns der Einheitsbrei vielleicht egal sein. Als Gründer und Marketingverantwortlichen darf es uns nicht egal sein. Außer, wir wollen zum Schluss alle nur noch über den günstigsten Preis verkaufen, statt uns über Einzigartigkeit von der Konkurrenz abzuheben. Startups priorisieren, wenn sie KI für die Kommunikationserstellung einsetzen, Effizienz, aber nicht die Wirkung. Verständlich, denn Marketingteams in Startups sind naturgemäß eher klein für all die Dinge, die das Marketing für Wachstum produzieren muss. Doch dies ist, speziell für neue Unternehmen und Marken am Markt, fatal. Da die Produkte und Services von Startups ohnehin oftmals austauschbar sind – man denke nur an Lieferdienste, E-Roller-Anbieter oder auch SaaS-Software – müssen sich Startups über Markenattribute unterscheiden. Dabei gilt: Je stärker und differenzierter eine Marke wahrgenommen wird, desto attraktiver wird sie für potenzielle Käuferschaften und desto besser konvertiert sie.

Wider der austauschbaren Kommunikation

In Sachen Kommunikationsstrategie wäre es also für Neugründungen in 99 Prozent aller Fälle besser, statt auf KI generierte Contents zu setzen, lieber mehr in originäre und wirklich kreative Inhalte zu investieren. Und diese dann möglichst lange beizubehalten. Wir wissen, dass gute Kommunikation zunächst aus der Masse herausstechen muss und über die Zeit immer besser wird. Menschen fällt es leichter Inhalte aufzunehmen, die geläufig sind. Anstrengendes Nachdenken und neu lernen vermeidet unser Hirn, wann immer möglich.
Grundsätzlich sollten Startups weniger auf das momentan so beliebte Creator und Influencer Marketing vertrauen, denn dabei verblassen Produkte und Marken oft regelrecht neben den omnipräsenten Influencern. Es braucht also einen gut geplanten Medienmix, der vor allem auch in die breite Masse geht und so zukünftige Potenziale anspricht. All dies macht Liquid Death, das Sprudelwasser Startup aus den USA, nahezu perfekt. Auffallende Kommunikation, die aber jedes Mal von neuem ins Auge fällt und doch immer vertraut wirkt.

Keine KI ist auch keine Lösung

Zweifellos gestaltet KI Marketingprozesse effizienter. Und das ist auch gut so bzw. soll auch so sein – zumindest, solange KI nur im Hintergrund zum Einsatz kommt, etwa zur Inspiration. Aber menschliche Kreativität und Intuition sind unverzichtbar, um wirklich effektive Kommunikation zu schaffen. Startups, die diese beiden Faktoren miteinander vereinen, sind bestens gerüstet für die Zukunft der Kommunikation. 

KI ist kein Allheilmittel, sondern ein Werkzeug, das es mit Bedacht einzusetzen gilt. Startups sollten auf die richtige Mischung aus Mensch und Maschine vertrauen, um die Vorteile der KI zu nutzen und gleichzeitig ihre Einzigartigkeit zu bewahren.

Über den Autor
Peter Kiefer ist seit 2020 Managing Partner von PUNCH, einer der führenden Strategieberatungen in Deutschland. Mit evidenzbasierten Vorgehensweisen tragen Peter Kiefer und sein Team zu erfolgreichen Markenstrategien bei. Zu den Referenzen zählen neben Melitta Unternehmen wie Guhl, John Frieda oder Euronics. Zu den Referenzen zählen neben Burger King Unternehmen wie audibene, hear.com und flaconi.

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Foto (oben): Shutterstock