#Interview

Metycle – ein millionenschweres Schrott-Startup

Bei Metycle dreht sich alles um Schrott. "B2B-Geschäftsmodelle bieten riesiges Potential. Die Entwicklungen, welche im Konsumenten-Bereich stattgefunden haben, sind in B2B längst noch nicht angekommen", sagt Gründer Sebastian Brenner.
Metycle – ein millionenschweres Schrott-Startup
Mittwoch, 24. April 2024VonAlexander Hüsing

Das Kölner Startup Metycle, das 2022 von Rafael Suchan und Sebastian Brenner gegründet wurde, positioniert sich als “digitale Plattform für den internationalen Handel mit Schrott und recyceltem Metall”. Investoren wie Project A Ventures, Partech, Market One Capital und Dutch Founders Fund (DFF) und Business Angels investierten in den vergangenen Jahren rund 6 Millionen Euro in das Unternehmen. Derzeit arbeiten 15 Mitarbeitende für Metycle.

Das Team war von Anfang an international aufgestellt. “Rafael als Co-Founder in Beijing und ich in Köln. Mittlerweile haben wir 15 Mitarbeiter in Offices in Köln und Berlin und überall dort remote wo Metallschrott gekauft und verkauft wird. Also in Europa, Nord Amerika und diversen asiatischen Ländern”, sagt Gründer Brenner. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Jungunternehmer außerdem über Nachverfolgbarkeit, Experimentierfreude und Ausdauer.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Metycle erklären?
Metallschrott ist ein global gehandelter Rohstoff. Irgendwann erreichen alle Güter ihr Lebensende und dann fallen vor allem im Industriebereich nicht unerhebliche Mengen an Altmetall an. Wir sprechen von ca. 600 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Der Metallschrott wird dann überall auf der Erde gesammelt, nach Sorten sortiert und in Metallschmelzen weiterverarbeitet. Wenn man die Metallschrotte sauber nach Legierungen sortiert, kann man Metall unendlich oft recyceln. Und das ohne, dass die Qualität des Materials nachlässt. Und dabei spart man bis zu 95 % der CO2 Emissionen. Metycle ist ein moderner und digitaler Marktplatz, der sicherstellt, dass Metallschrott möglichst effizient und einfach vom Sammler zum Schmelzer gelangt. Metycle nimmt den Verkäufern und Käufern dabei lästige Tätigkeiten ab, wie zum Beispiel dadurch,  dass wir die Logistik organisieren und die Zahlungsflüsse sicherstellen. Wir sind ein ‘managed Marketplace’.

Schrott klingt nach alter Welt. Wie digital ist diese Branche denn schon?
Die Branche ist – wie fast alle B2B Branchen -, sehr analog. Gleichzeitig ist der internationale Handel transaktional und es werden digitale Kommunikationskanäle genutzt. Diese nutzen wir ebenfalls und flechten unsere digitale Lösung dort ein. Ich bin überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren viel digitale Entwicklung und Adoption in B2B sehen werden.

Ihr konntet bereits rund 6 Millionen einsammeln. Wie seid Ihr mit Euren Investor:innen in Kontakt gekommen?
Unsere Angel waren sicherlich ein sehr wichtiger Baustein, um das richtige Netzwerk in die VC-Welt aufzubauen. Darüber konnten wir die richtigen VCs und Kontakte dort konkret und mit Glaubwürdigkeit ansprechen. Nun sind es ebenfalls unsere bestehenden VCs, die mit Kontakten für die weiteren Runden helfen.

Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Monate?
Ich bin überzeugt, dass gute Firmen mit soliden Geschäftsmodellen, immer gut finanziert werden. Daher schaue ich positiv in die Zukunft. Wir sind in einem extrem spannenden Markt unterwegs, der großes Potential für digitale und daten-getriebene Geschäftsmodelle bietet. Gleichzeitig wird die Realisierung und Nachverfolgbarkeit von CO2-Einsparungen in Industrie und für Konsumenten immer wichtiger. Hier sehen wir für uns großes Potential.

Wie hat sich Metycle seit der Gründung entwickelt?
Wir waren von Anfang an sehr international aufgestellt. Rafael als Co-Founder, Ex-CEO von Scholz Recycling, in Beijing und ich in Köln. Mittlerweile haben wir 15 Mitarbeiter in Offices in Köln und Berlin und überall dort remote wo Metallschrott gekauft und verkauft wird. Also in Europa, Nord Amerika und diversen asiatischen Ländern.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist seit dem Start so richtig schief gegangen?
Wir haben sicherlich einige Learnings gehabt, was in der Abwicklung einer Lieferung so alles schief gehen kann. Etwa wenn der LKW-Fahrer morgens um 7 Uhr anruft und den Abholplatz nicht findet.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben ein top Team, mit tiefer Erfahrung in den relevanten Bereichen Metall-Trading und B2B-Marktplätze. Es macht große Freude die Motivation des Teams zu sehen und zu spüren und jeden Tag an der digitalen Veränderung der Branche teilhaben zu dürfe

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
B2B-Geschäftsmodelle, vor allem Marktplatzmodelle, bieten riesiges Potential. Es braucht Ausdauer, Experimentierfreude und Branchenkenntnis. Aber die Entwicklungen, welche in den vergangenen Jahren im Konsumenten-Bereich stattgefunden haben, sind in B2B längst noch nicht angekommen

Wo steht Metycle in einem Jahr?
Wir sind noch immer ganz am Anfang. In einem globalen Markt gibt es riesiges Potential für Wachstum für uns.

Reden wir über Köln. Wenn es um Start-ups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was macht den Reiz der Start-up-Szene in Köln aus?
Wir waren ganz von Anfang remote aufgestellt. Mittlerweile haben wir kleine Büros in Köln und Berlin, einfach weil dort die meisten unserer Mitarbeiter wohnen und arbeiten. Da macht es Sinn, gemeinsame Arbeitsorte zu haben. Wir versuchen, das gesamte Team sehr regelmäßig in Person zusammen zu bekommen, so dass wir immer gut abgestimmt arbeiten und das notwendige Vertrauen unter allen vorhanden ist.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Ich liebe Köln, ich bin hier geboren und aufgewachsen. Das ist aber meine rein persönliche Präferenz. Köln hat eine sehr lebendige Startup und VC-Szene und ich nehme wahr, dass sich diese immer besser vernetzt und aktiviert. Köln bietet als Metropole aus meiner Sicht die gleichen Voraussetzungen wie andere große Städte in Deutschland oder in Europa, da wir eh den größten Teil der Arbeit remote / hybrid arbeiten. Unsere Mitarbeiter können dort leben und arbeiten, wo der Markt ist/unsere Kunden sind und wo sie gerne arbeiten möchten. Hier ist die Team-Dynamik und Zusammenarbeit aus meiner Sicht deutlich wichtiger, als die Stadt in der die Firma eingetragen ist.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): Metycle

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.