#Interview

“Zu Beginn wollte ich alles allein meistern”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Jeder Tag beginnt bei mir etwas anders, aber der Kaffee am Morgen darf nie fehlen. Abends verschaffe ich mir immer einen Überblick für den kommenden Tag", sagt Marlene Marx, Gründerin von avonte.
“Zu Beginn wollte ich alles allein meistern”
Mittwoch, 17. April 2024VonAlexander

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Marlene Marx, Gründerin von avonteDie Kölner Jungfirma setzt auf “hochwertige Unisex Nachtwäsche aus geretteten Stoffen der Textilindustrie”.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Jeder Tag beginnt bei mir etwas anders, aber der Kaffee am Morgen darf nie fehlen. Abends verschaffe ich mir immer einen Überblick für den kommenden Tag. Der beginnt dann entweder mit einer Runde Yoga, ich fahre direkt mit dem Fahrrad ins Büro oder starte den Tag im Pyjama am Schreibtisch zu Hause. Dann treffe ich mich kurz mit meiner Mitgründerin Pia, um uns gegenseitig Updates aus unseren jeweiligen Bereichen zu geben. Anschließend tauchen wir in unsere Themen und To-Dos ein, wobei im Laufe des Tages immer wieder spontane Themen auftauchen. Momentan versuche ich, eine kleine Spaziergang-Routine um den Block während der Mittagszeit zu etablieren. Dabei merke ich, wie mit dem frischen Wind auch frische Gedanken komme.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Beim Kochen kann ich unglaublich gut abschalten und mich entspannen. Daher kann es auch gerne mal ein etwas aufwendigeres Gericht werden. Es hilft mir auch, mir bewusst etwas vorzunehmen, wie eine Verabredung mit Freunden – dann fällt mir der Absprung vom Schreibtisch leichter.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Bereite dich auf eine emotionale Achterbahn vor, voller Höhen und Tiefen, die oft sehr nah beieinander liegen. Egal, wie sehr du es dir vorstellst, die Realität wird sich intensiver anfühlen. Daher ist es wichtig, unglaublich resilient und ausdauernd zu sein und den Mut und Glauben nicht so schnell aufzugeben.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Bei avonte haben wir leider einige bürokratische Hürden erlebt, die wir wirklich unterschätzt hatten. Lange Wartezeiten bei den Gründungsvorbereitungen verzögerten unseren Markstart, sodass wir einen Teil des Weihnachtsgeschäfts nicht wie geplant nutzen konnten. Für mich persönlich war der Sprung in die Gründung und die damit verbundenen Unsicherheiten ein langer Prozess der Auseinandersetzung. Als die Entscheidung gefallen war, trieben mich Neugier und Kampfgeist an. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich diesen Schritt gehen konnte und nun meine Leidenschaft verfolgen kann.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Zu Beginn wollte ich alles allein meistern und habe mich schwer damit getan, Hilfe anzunehmen. Ich merke jedoch, dass das auf Dauer nicht funktioniert und dass das Schwarmwissen und ein Blick von außen unglaublich wichtig sind. Zu merken, was für großartige Unterstützer:innen um mich sind, gibt mir ein gutes Gefühl.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Wir bei avonte sind ja noch ein sehr junges Startup, was aktuell nur aus meiner Mitgründerin und mir besteht. Die Einstellung unseres ersten Mitarbeiters oder unserer ersten Mitarbeiterin wird sicher etwas sehr Besonderes sein. Daher möchten wir uns Zeit nehmen, die Person kennenzulernen und die gegenseitigen Erwartungen klar zu benennen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Baut euch frühzeitig einen Inner Circle oder Mastermind-Gruppe mit anderen Unternehmer:innen auf. Der Austausch ist unglaublich wichtig und wird dich voranbringen. Wenn du im Team gründest, schaffe von Anfang an die Basis für einen ehrlichen Austausch und etabliere eine gute Feedbackkultur. Denn euer Team ist euer ganzes Potenzial!

Ohne welches externes Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Trello für Projektmanagement und immer eine Tafel Schokolade in der Schublade haben.

Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Da wir nicht nur Geschäftspartnerinnen, sondern auch langjährige Freundinnen sind, nehmen wir uns regelmäßig Zeit, um auch außerhalb des Arbeitskontextes gemeinsam Dinge zu erleben. Dazu gehören Essen und gute Drinks, Treffen mit gemeinsamen Freunden und Museumsbesuche. Ein absolutes Highlight sind unsere Reisen zu den Lieferanten nach Portugal. Dort treffen wir nach getaner Arbeit Freunde und vertiefen unsere Bindung zum Land, wo die Idee zu avonte entstanden ist. Das sind tatsächlich die schönsten gemeinsamen Erfahrungen.

 Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Eines der größten Erlebnisse für uns war definitiv, als unsere erste Produktion unserer Pyjamas im Hinterhof unseres Büros stand. Das Gefühl, das fertige Produkt in den Händen zu halten, war einfach unglaublich! Und dann ging es direkt in Hands-on Manier ans Werk: In einer Nachtschicht haben wir zu zweit die gesamte Produktion in unser kleines Lager getragen, die Wareneingangskontrolle durchgeführt, die Systeme gepflegt und die Produkte kommissioniert. Am nächsten Morgen hatten wir Muskelkater am ganzen Körper und benötigten definitiv mehr als eine Kanne Kaffee, um wieder auf Touren zu kommen.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): avonte

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.