Was KI-Startups jetzt tun können, um VC-ready zu werden
Ping. Ping. Ping. Jeden Tag landen hunderte Pitchdecks von KI-Startups in den Postfächern von Venture Capitalists. Wie hoch ist da die Wahrscheinlichkeit, mit der eigenen Präsentation durchzukommen? Geschweige denn letztendlich ein Investment zu erhalten? Gering. Aber es ist nicht unmöglich. Folgende Aspekte sind meiner Erfahrung nach ausschlaggebend für die VC-Readiness von KI-Startups:
“AI-based”, aber bitte authentisch!
In einer Welt, in der der Begriff KI oft überstrapaziert wird, ist es für Startups essentiell, überzeugend darzulegen, wie ihre Lösung tatsächlich fortschrittliche KI-Modelle nutzt oder selbst entwickelt. Das bloße Label “KI-basiert” reicht nicht aus und es wird schnell durchschaut, wenn dahinter nur die Nutzung von ChatGPT fürs Schreiben von E-Mails steckt. Investor:innen suchen nach Unternehmen, die KI auf innovative Weise einsetzen, um echte Probleme zu lösen und einen klaren Wettbewerbsvorteil zu schaffen. “Novel AI” ist hier das Schlagwort der Stunde und meint, dass KI-Modelle neuartig eingesetzt oder gar entwickelt werden – und man als Startup nicht allein auf vorhandene LLMs aufsetzt. Eine transparente Darstellung der eigenen KI-Kompetenzen und -Anwendungen macht hier zusätzlich den Unterschied.
Keine Binse, sondern Fakt: Das Team entscheidet
Wo wir bei “Kompetenzen” sind: Die Zusammensetzung und Dynamik des Gründungsteams ist gerade bei KI-Startups von hoher Bedeutung. VCs investieren in Menschen so sehr wie in Ideen. Ein diversifiziertes Team mit ergänzenden Fähigkeiten, klarer Vision und der Fähigkeit zur Zusammenarbeit unterstreicht das Potenzial des Startups, Herausforderungen zu meistern und zu wachsen. Gerade im KI-Bereich ist etwa die Nähe zu Wissenschaft und Forschung bedeutsam, um die rasanten Entwicklungen mitzugehen oder gar mitzugestalten. Viele erfolgreiche Gründungsteams vereinen “Domain Expertise”, “AI Expertise” und “Business Expertise”, um mit der Technologie echte Probleme zu lösen und ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu etablieren. Anders gesagt: Ein starkes, engagiertes Team, das sowohl technische bzw. technologische als auch branchenspezifische und geschäftliche Expertise vereint, hat bessere Chancen auf VC-Investitionen.
Die Gretchenfrage: Feature oder Produkt?
Natürlich wollen Gründer:innen ihr Unternehmen irgendwann an der Börse oder ihr Gesicht auf dem Times Magazine sehen – gesunder Größenwahn ist absolut erlaubt. Aber: VCs suchen nach Startups, die nicht nur eine innovative Lösung bieten, sondern auch das Potenzial haben, skalierbare und nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ein häufiges Dilemma für KI-Startups ist die Frage, ob sie lediglich ein Feature oder ein tatsächlich eigenständiges Produkt anbieten. Features, die in bestehende Plattformen oder Ökosysteme größerer Unternehmen integriert werden können, sind zwar attraktiv, aber oft begrenzt in ihrem Wachstumspotenzial. Ein eigenständiges Produkt hingegen, das ein klar definiertes Problem löst und einen signifikanten Markt adressiert, ist für VCs weitaus interessanter, da es die Möglichkeit bietet, eine dominante Position in einem neuen oder bestehenden Markt zu erobern.
Durch die Brille der Kund:innen schauen – und handeln
Entsprechend wichtig ist das Verständnis der Marktnachfrage und die Einbeziehung von Kundenfeedback in die Produktentwicklung. KI-Startups, die zeigen können, dass sie nicht nur eine innovative Lösung entwickelt haben, sondern auch eine echte Marktnachfrage bedienen, stehen bei VCs hoch im Kurs. Regelmäßiges Feedback von Frühnutzenden und die agile Anpassung des Produkts an die Bedürfnisse des Marktes sind entscheidende Indikatoren für die Fähigkeit des Startups, zu lernen und zu iterieren. “Lösung sucht Problem” ist allemal die Falle, in die kein Startup tappen sollte.
Ökosysteme nutzen, Netzwerke schmieden
Ist die Frage: Woher bekommt man möglichst hochwertiges Feedback? Und Kontakte zu relevanten Testkund:innen? Ein oft unterschätzter, aber entscheidender Faktor für KI-Startups auf dem Weg, VC-ready zu werden, ist der Vorteil, der aus direkten Kontaktempfehlungen durch etablierte Ökosysteme und Netzwerke resultiert. Der Zugang zu einem robusten Netzwerk, das Industrieexpert:innen, Mentor:innen und bereits erfolgreiche Gründer:innen umfasst, kann die Türen zu Venture-Capital-Geber:innen wesentlich leichter öffnen. Solche Empfehlungen wirken als Vertrauensbeweis und können die Glaubwürdigkeit des Startups signifikant steigern. Die aktive Teilnahme an Branchenveranstaltungen, Inkubator- und Accelerator-Programmen sowie der Aufbau von Beziehungen zu Schlüsselpersonen in der KI-Szene sind essentiell, um von diesem Netzwerkeffekt zu profitieren. Direkte Empfehlungen können nicht nur die Sichtbarkeit erhöhen, sondern auch die Chance auf eine erfolgreiche VC-Finanzierung deutlich verbessern, indem sie die Einzigartigkeit des Startups hervorheben und direkt an diejenigen kommunizieren, die über die Mittel und das Interesse verfügen, in die nächste Generation von KI-Innovationen zu investieren.
Für KI-Startups, die VC-ready werden wollen, geht es darum, überzeugend darzulegen, dass ihre Lösung nicht nur innovativ, sondern auch marktrelevant, skalierbar und von einem kompetenten, wissenschaftsnahen Team unterstützt wird. Die Kombination aus technologischer Innovation, Marktnachfrage, authentischer Anwendung von KI und einem starken Team bildet die Grundlage für den Erfolg in der dynamischen Welt der Venture-Capital-Finanzierung. Wer die genannten Aspekte beherzigt, kann den Hype um KI nachhaltig zum Vorteil nutzen und sich als attraktive Investitionsmöglichkeiten für VCs positionieren.
Über die Autorin
Laura Möller ist erfahrene VC-Investorin und Direktorin des Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum K.I.E.Z.
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