6 Trends, die die Mobility-Branche derzeit prägen
Die Mobility-Branche blickt mit einer Mischung aus Optimismus und Vorsicht auf das Jahr 2024. Der “Mobility Report 2024” von StartUs Insights kommt etwa auf ein negatives Wachstum von -1,23 Prozent. In anderen Aspekten der Branche, insbesondere bei der Jobzunahme und den Finanzierungsrunden, zeichnet sich ein deutlich positiveres Bild ab. Mit 2,1 Millionen neu geschaffenen Arbeitsplätzen und insgesamt 83.000 Finanzierungsrunden offenbart sich eine differenziertere Lage in der Branche. 2024 wird damit ein wichtiges Jahr, um die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen.
KI bestimmt auch den Mobilitäts-Sektor
Es ist keine Überraschung, dass KI in diesem Jahr auch im Bereich Mobility ein Trend sein wird, der alle anderen überschattet. Besonders relevant ist die KI beim Thema autonomes Fahren. Der Vorsprung der KI ergibt sich aus ihrer Flexibilität und der Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen. Dieser Erfahrungsschatz hilft dabei, mit unerwarteten oder neuen Herausforderungen im Straßenverkehr besser umzugehen.
Vollautonomes Fahren bleibt jedoch aber noch immer eher eine Vision als Realität. Ein Grund dafür ist das sogenannte “Small Data”-Problem. KI-Systeme benötigen große Mengen an Daten, um zu lernen und zuverlässig zu funktionieren – Schwierigkeiten haben sie, aus wenigen oder einzigartigen Datenbeispielen effektiv zu lernen. Im Gegensatz dazu kann das menschliche Gehirn schnell aus einer kleinen Anzahl von Beispielen lernen und anpassen, was KI-Systemen im komplexen und variablen Umfeld des Straßenverkehrs, wo oft unerwartete Situationen auftreten, fehlt. Für absolut sicheres autonomes Fahren wird es als noch länger dauern. Oder die Gesellschaft lernt mit “fehlermachenden” Systemen zu leben. Weniger komplexe Aufgaben oder autonomes Fahren im kontrollierten Feld hingegen sind bereits heute möglich.
Doch nicht nur beim autonomen Fahren wird die KI in der Mobilitäts-Branche ihren Einzug finden. Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Ausstattung von sprachgesteuerten Assistenten mit sogenannten Large Language Models. Aus dem einseitigen Herumkommandieren von Alexa und Co., könnte bald ein Dialog entstehen, der einem Gespräch mit einem menschlichen Mitfahrenden zumindest sehr nahekommt. So könnte man sich beispielsweise über die Benzinpreise der Tankstellen auf der Strecke informieren oder das Sprachsystem nach touristischen Attraktionen am Fahrtziel befragen und differenzierte “ChatGPT like”-Antworten bekommen statt langweilige Listen mit Sternchenbewertungen vorheriger Nutzer:innen.
Wasserstoff, aber vielleicht nicht im Auto
Wasserstoff, oft mit früheren Entwicklungen assoziiert, bleibt 2024 ein hochaktuelles Thema. Insbesondere für schwere Nutzfahrzeuge wie LKWs, Containerschiffe und Flugzeuge führt kein Weg an ein emissionsfreien Brennstoff vorbei, wenn es die Branche mit der Energiewende wirklich ernst meint. Die Vorteile von Wasserstoff gegenüber Elektromobilität sind für schwere nutzlastoptimierte Transportmittel eindeutig. Während Wasserstoff mit einer hohen Energiedichte punktet, müssten Elektrofahrzeuge mit riesigen Batterien ausgestattet sein, um die Lasten über weite Strecken zu transportieren. Wasserstoff stellt damit eine Schlüsselkomponente für die Zukunft der Mobilitäts- und Transportbranche dar, indem er die notwendige Reichweite und Leistung für schwere Fahrzeuge bietet, ohne die Umweltbelastung zu erhöhen. Für diese Anwendungen sind auch E-Fuels denkbar. Diese sind zwar nicht lokal emissionsfrei, aber immerhin klimaneutral.
Batterie-Recycling
Trotzdem werden Batterien in der Mobilitätsbranche immer relevanter. Deren Recycling wird in naher Zukunft eine immer wichtigere Rolle zukommen. Mit der steigenden Anzahl an Elektroautos kommt es zur Zunahme von ausgedienten Batterien. Dabei wird unterschieden zwischen Fabrikausschuss und Batterien, die von den Verbraucher:innen zurückkommen. Während erstere relativ leicht zu recyclen sind, ist es bei zweiteren schwieriger – schließlich müssen gebrauchte Batterien erst einmal von Verbraucher:innen zurückgewonnen werden. Handelt es sich dabei um Batterien unbekannter Herkunft, ist häufig nicht einmal die chemische Zusammensetzung bekannt. Für Startups kann das Recyclen von Batterien ein lukratives Geschäftsfeld werden. Neben dem positiven Beitrag bezüglich des ökologischen Fußabdrucks, kann man mit der Rückgewinnung von wichtigen Ressourcen zukünftig auch gut Geld verdienen.
Roboter in der Fertigung
Der Fachkräftemangel macht auch vor der Fertigung in der Automobilindustrie nicht halt und so ist die Branche gezwungen, Alternativen in der Produktion zu finden. Boston Dynamics und Tesla bieten bereits (humanoide) Roboter an, die anspruchsvolle und belastende Tätigkeiten ausführen können. Tätigkeiten, die zuvor von Menschen übernommen wurden. Ob die Roboter dafür zwingend wie Menschen aussehen müssen oder ob nicht ein nutzenorientiertes Design im Vordergrund stehen sollte, wird sich noch zeigen. Als sehr wahrscheinlich gilt jedenfalls, dass Robotik der Automobilfertigung zu einer flexibleren und effizienteren Produktion verhelfen und damit die Wettbewerbsfähigkeit von Automobilkonzernen steigern kann.
Durchbruch bei digitaler Integration
Die Digitalisierung in der Automobilindustrie nimmt immer entscheidendere Züge an. Das betrifft sowohl ihren Einsatz in der Herstellung als auch direkt im Auto. In der Fertigung gewinnt Digitalisierung durch Konzepte wie “Shop-Floor-Management” und “Digital Twin” weiter an Bedeutung. Aber auch im Auto gewinnen digitale Elemente an Bedeutung. Da sind etwa Augmented und Extended Reality, welche für ein verbessertes Fahrerlebnis genutzt werden können, indem sie relevante Informationen in das Sichtfeld des Fahrenden einblenden.
Fazit: Schlüsseltrends und Zukunftsaussichten in der Mobilitätsbranche
Für die Mobilitätsbranche wird 2024 ein wichtiges Jahr, um einen klaren Schritt in eine vielversprechende Zukunft zu setzen. Während China und die USA bereits intensiv auf neue Technologien setzen, droht Europa den Anschluss zu verlieren. Eine Fokussierung auf KI und eine konsequente Digitalisierung, sowie der Einsatz von umweltfreundlichen Antriebsformen, sind die Lösungen, die einen entscheidenden Vorteil für Mobilitätsanbieter darstellen – und so letztlich zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Europa beitragen.
Über den Autor
Marcus Behrendt ist Managing Director bei BMW i Ventures.
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