#Interview

“Wir waren gezwungen, mit begrenzten Ressourcen auszukommen”

Mit Stackfield können Teams zusammen arbeiten. Das Konzept kommt an! Das Startup erwirtschaftete mit einem 20-köpfigen Team zuletzt einen "siebenstelligen Umsatz" und einen "siebenstelligen Gewinn". Auf Investoren konnte das Unternehmen bisher verzichten.
“Wir waren gezwungen, mit begrenzten Ressourcen auszukommen”
Montag, 26. Februar 2024VonAlexander

Das Münchner Startup Stackfield, 2012 von Cristian Mudure, Christopher Diesing und Steffen Tietz gegründet, positioniert sich als “digitales Projektmanagement-Werkzeug”, das diverse Funktionen, die Teams für die Zusammenarbeit brauchen, kombiniert. Darunter zählen Themen wie Teamchat, Projektverwaltung und Videokonferenzen. “Wir verzeichnen aktuell einen hohen siebenstelligen Umsatz und sind nicht nur Cash-Flow-positiv, sondern erwirtschaften auch tatsächlich einen siebenstelligen Gewinn”, sagt Gründer Mudure zum Stand der Dinge bei Stackfield.

Auf Investoren haben die Bajuwaren dabei von Anfang an verzichtet. “In den frühen Jahren von Stackfield haben wir durchaus versucht, Kapital aufzubringen. Die Investoren, mit denen wir gesprochen haben, waren zwar vom Produkt begeistert, aber sie zweifelten daran, dass wir uns gegen die großen Marktteilnehmer behaupten könnten. Letztendlich waren wir gezwungen, mit den begrenzten Ressourcen auszukommen, die uns zur Verfügung standen”, blickt Mudure zurück.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Stackfield erklären?
Wir sind ein Produkt für Geschäftskunden von daher etwas schwierig das meiner Großmutter zu erklären. Aber ich versuche es: Stackfield ist ein digitales Projektmanagement Werkzeug aus Deutschland und kombiniert alle Funktionen, die Teams für die Zusammenarbeit brauchen: Teamchat, Aufgaben- und Projektverwaltung, Videokonferenzen, gemeinsames Arbeiten an Dokumenten, Whiteboards und mehr. Dabei erfüllt Stackfield die höchsten Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit der EU und stellt durch die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sicher, dass niemand, selbst die Mitarbeiter von Stackfield, die Inhalte der Nachrichten, Aufgaben und Dateien einsehen kann. – Ob unsere Großmütter das verstehen, ist die andere Frage: Ganz simpel und verkürzt gesagt, ist Stackfield ein Programm, mit dem Menschen in Unternehmen digital und sicher zusammenarbeiten.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Von Beginn an blieb unsere Produktidee unverändert. Unsere Marktpositionierung hat sich jedoch verändert. Zunächst lag unser Fokus darauf, allgemein Geschäftskunden anzusprechen, über die Zeit hat aber eine Feinjustierung stattgefunden. So dass wir gezielt Branchen mit einem ausgeprägten Bedarf an Sicherheit ansprachen.

Wie hat sich Stackfield seit der Gründung entwickelt?
Von Anfang an mussten wir lernen, äußerst ressourceneffizient zu arbeiten – da wir ohne externe Investoren auskommen. Wir haben nur dann Personal eingestellt, wenn der tatsächliche Bedarf bestand. Heute verzeichnen wir einen hohen siebenstelligen Umsatz und sind nicht nur Cash-Flow-positiv, sondern erwirtschaften auch tatsächlich einen siebenstelligen Gewinn – das Ganze mit einem Team von rund 20 Personen.

Du hast Stackfield bisher ohne Fremd-Finanzierungen und Kapitalgeber aufgebaut. War dies von Anfang an eine bewusste Entscheidung?
In den frühen Jahren von Stackfield haben wir durchaus versucht, Kapital aufzubringen. Die Investoren, mit denen wir gesprochen haben, waren zwar vom Produkt begeistert, aber sie zweifelten daran, dass wir uns gegen die großen Marktteilnehmer behaupten könnten. Letztendlich waren wir gezwungen, mit den begrenzten Ressourcen auszukommen, die uns zur Verfügung standen. In dieser Anfangsphase hat uns ein Gesellschafter durch ein Wandeldarlehen finanziell unterstützt, was es uns ermöglichte, zumindest die Gehälter zu zahlen.

Wie war der Start ohne fremdes Geld – was geht recht einfach, was ist als Bootstrapping-Startup recht schwierig?
Der ursprüngliche Plan sah vor, innerhalb von sechs Monaten einen Prototypen zu entwickeln, mit dem wir in der Lage gewesen wären, Geld aufzutreiben. Leider ging dieser Plan nicht auf. Obwohl sich alle VCs, mit denen wir gesprochen hatten, interessiert zeigten, wollten sie erst einsteigen, wenn wir auch Traktion vorweisen konnten. Somit waren wir bereits zu weit, um nur eine Idee zu verkaufen, aber gleichzeitig noch vor dem Umsatz und der eigentlichen Nutzung. Eines der Gründungsmitglieder finanzierte das Projekt, so dass wir zumindest die Möglichkeit hatten, die Gehälter für drei Personen zu bezahlen. Jahrelang wuchsen wir nur um wenige hundert Euro pro Monat, doch irgendwann wurden wir bekannter und die Wachstumsschritte größer. Wir hätten uns natürlich gewünscht, schneller voranzukommen, aber wir haben eigentlich nie daran gezweifelt, dass wir es schaffen würden. Einen Plan B gab es praktisch nie.

Gab es denn viele Dinge, die Du einfach nicht umsetzen konntest, weil das Geld fehlte?
In der Tat konnten wir uns in dieser Phase lediglich darauf konzentrieren, die Gehälter für drei Personen zu zahlen. Für alles andere fehlte uns bis auf einige kurze Perioden von wenigen Wochen das Geld. Das bedeutete keine Werbung, keine Neueinstellungen und ähnliches. Uns blieb nichts anderes übrig, als ein Produkt zu entwickeln, das die Menschen lieben und gerne weiterempfehlen würden.

Was rätst du anderen Gründer:innen, die sich für Bootstrapping entscheiden?
Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, was einem bevorsteht – man muss sich jahrelang auf das Notwendigste beschränken. Ursprünglich hatten wir das nicht so geplant, aber wie gesagt, wollte uns in den ersten Jahren niemand Geld geben. Obwohl alle von der Technologie überzeugt waren, wollten sie erst sehen, ob der Markt unsere Lösung annimmt. Es ist als Geduld gefragt und man braucht Überzeugung für den eigenen Weg.

Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Monate?
Da wir seit vielen Jahren ausschließlich mit den erwirtschafteten Geldern operieren, macht uns das unabhängiger von konjunkturellen Entwicklungen. Externe Veränderungen und Schocks, die beispielsweise die Investitionsbereitschaft beeinflussen, stellen für uns kleinere Risiken dar, da die Relevanz und Nachfrage nach unserer Lösung bestehen bleibt. Wir können unsere Geschäftsabläufe deshalb immer wie gewohnt fortsetzen. So bleiben wir auch in herausfordernden Zeiten ein verlässlicher Partner und Arbeitgeber. Das hätte sich möglicherweise im Falle einer Beteiligung durch Risikokapitalgeber anders entwickeln können. Die Stimmung in der Szene nehmen wir natürlich trotzdem wahr, wir lassen uns davon aber nicht anstecken.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Einiges. Zunächst mussten wir lernen, wie man Software für den Massenmarkt entwickelt. Hier zählten nicht nur Funktionen, sondern vor allem die Benutzerfreundlichkeit, also die Entwicklung einer gewissen Cathyness. Dazu kam gerade zu Beginn unsere mangelnde Marktfokussierung. Auch vor falschen Personalentscheidungen blieben wir nicht verschont. Letztendlich haben wir eine Vielzahl von Fehlern begangen, aber jedes Mal konnten wir daraus lernen und Schlüsse ziehen, um sie in Zukunft nicht mehr oder zumindest seltener zu wiederholen.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Ich denke, man kann nie alles richtig machen, das ist aber gut so. Ohne unsere Fehler wären wir heute nicht da, wo wir sind. Die Hartnäckigkeit, so viele Jahre lang durchzuhalten und nie einen Plan B zu haben, hat sich letztendlich ausgezahlt. Auch die ursprüngliche Idee einer globalen Plattform hat sich nun als die richtige erwiesen.

Wo steht Stackfield in einem Jahr?
Obwohl wir noch nicht ganz die 10-Millionen-ARR-Marke erreicht haben, hoffen wir doch sehr, dass wir diese magische Grenze bald durchbrechen werden.

Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.

Foto (oben): Stackfield

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.