Von Team
Freitag, 8. Dezember 2023

Das Venture-Client-Modell unter der Lupe: Drei Vorteile für Startups

Das Venture-Client-Modell schafft Synergien für Startups und Unternehmen. Konzerne können ungelöste Probleme schneller in den Griff bekommen. Startups können schneller beweisen, dass ihre Lösungen den Anforderungen des Marktes entsprechen. Ein Gastbeitrag von Gregor Gimmy.

Technologieinnovationen sind zweifelsohne der Schlüssel in der heutigen Geschäftswelt. Die Fähigkeit, neue Technologien schnell und wertschöpfend zu nutzen, kann den Unterschied zwischen Marktführerschaft und Stagnation ausmachen. Doch Technologien sind schwer zu entwickeln und komplex zu integrieren. Oft fehlen Know-how, Ressourcen und der Appetit auf das enorme Risiko, das Technologieinnovation mit sich bringt. Hier haben sich Startups als wertvolle Quellen über die letzten Jahrzehnte entpuppt. Im Apple iPhone etwa finden sich mindestens sechs Startup-Technologien.

Eine immer wichtigere Frage ist daher: Wie kann man solch einzigartige Technologien effizient identifizieren und nutzen, und dadurch Produkte und Prozesse wertschöpfend verbessern? Hier hat sich das Venture-Client-Modell zu einem kraftvollen Instrument entwickelt. Es überbrückt die Kluft zwischen aufstrebenden Startups und etablierten Großunternehmen, indem es auf die Kernbedürfnisse beider Stakeholder eingeht: Konzerne brauchen schnell Technologielösungen, um komplexe Herausforderungen zu lösen. Startups brauchen Nutzer, Wagnisnutzer – also Venture Clients – für ihre Erfindungen. . Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Modell? Wie funktioniert das Venture-Client-Modell in der Praxis, und welche Vorteile hält es für Startups bereit?

Venture-Client-Modell: Das verbirgt sich dahinter

Das Venture-Client-Modell ist ein strategisches Corporate Venturing Vehicle. Es kann alles, was Corporate Venture Capital kann. Nur signifikant schneller und ohne Risiko. Für Corporate und Startup. Denn es bedingt keine Beteiligung. Prozesse und Methoden des Venture Client Modells stellen den Transfer, die Adoption der Technologie in den Vordergrund.  Es bietet dadurch die Möglichkeit, wertorientierte Beziehungen aufzubauen, die darauf basieren, dass das Startup etwas hat (Technologie), was das Unternehmen nicht hat und auch nicht schnell genug selbst bauen kann, aber brennend braucht. Wie Apple z. B. Technologie für FaceID brauchte und die des Startups Primesense in seine iPhones integrierte. Der Begriff ‚Venture Client‘ kann verwendet werden, um auf jedes Unternehmen zu verweisen, das ein Produkt von einem Startup nutzt – indem es die Technologie kauft und/ oder das Startup selbst. Als „guter“ Venture Client bedient sich das Unternehmen eines erprobten Venture Client Modells. Das umfasst Prozesse und Methoden, die es ermöglichen, die richtigen strategischen Probleme und die hierfür relevanten, einzigartigen Technologien schnell zu finden und zu integrieren.

Warum ist das Venture-Client-Modell für Startups so vorteilhaft?

Um zu verdeutlichen, warum das Venture-Client-Modell für Startups so vorteilhaft ist, möchte ich eine wichtige Realität von Unternehmen betonen: Etablierte Firmen müssen äußerst vorsichtig mit der Integration von innovativen Technologien umgehen. Ein Airbus kann schließlich auch nicht ad hoc einfach einen neuen Sensor ins Flugzeug bauen, egal wie „breakthrough” dieser zu sein verspricht. Deswegen gibt es strenge, Risiko-mitigierende Beschaffungsrichtlinien. Es muss sichergestellt werden, dass nur Technologien genutzt werden, die langfristig mit hoher Sicherheit funktionieren. Das bedeutet nicht nur, dass der „Sensor”, sondern auch die Technologiefirma auf stabilen Fundamenten steht. Das kann ein Startup in der Regel nicht garantieren. Nicht einmal Unicorns. 

Genau hierin liegt für Startups der Vorteil von Venture Clients, die nicht wie normale Kunden warten, bis eine Technologie voll ausgereift ist. Das bedeutet auch nicht, dass ein Venture Client einfach so Startup-Technologien integriert. Oder dass Risikorichtlinien einfach reduziert werden. Das ist auch gut für das Startup. Denn wenn dessen „Sensor” dann trotz aller entrepreneurialen Euphorie doch nicht funktioniert, würde das Startup diesen Fehler vermutlich nicht überleben.     

Für das Startup ist der Venture Client genau der Early-Adopter, den es braucht, um signifikant schneller den Produkt-Market-Fit zu erlangen. Konkret: Wo ein normaler Firmenkunde entweder gar keine Startup-Technologien nutzt oder teilweise zwei bis fünf Jahre braucht, um eine Entscheidung zu treffen, bekommt das Startup vom Venture Client seine Purchase Order in ein bis drei Monaten.  Damit das funktioniert, braucht die Firma ein erprobtes Venture-Client-Modell. Wichtig ist dann, zu verstehen, wie das im Detail funktioniert. Hier will ich aber konkreter auf die Vorteile eingehen, die ein gutes Venture Client Modell für Startups birgt.   

Gutes Venture-Client-Modell in der Praxis: Die zentralen Vorteile für Startups

Schneller Produkt-Market-Fit: Das Wichtigste für jedes Startup ist es, schnell Kunden zu gewinnen. Um deren Probleme zu lösen, hat man ja gegründet. Bei einer Firma mit einem guten Venture-Client-Modell müssen Startups nicht die normalen Risiko-mitigierenden Abläufe durchlaufen. Das Startup bekommt die erste Purchase Order nicht nach Jahren, sondern nach Monaten. Wichtig ist hier, dass in einem guten Venture-Client-Modell die Technologie von einem realen Kunden in einem realen Use-Case genutzt wird. Also nicht von irgendeinem „Lab” in, sagen wir: Tel Aviv. Sondern von einem benennbaren Ingenieur im IT-Zentrum, oder von der zentralen R&D-Abteilung. Startups sollten deshalb ihre Vertriebs- und Marketing-Aktivitäten und -Ressourcen auf Konzerne mit guten, etablierten Venture-Client-Einheiten fokussieren. Damit erlangen sie schneller, mehr und bessere Kunden. 

Fachwissen und Produktverbesserung: Mit vielen guten Venture Clients lernt das Startup auch schneller, sein Produkt zu iterieren und schnell an die realen Bedürfnisse des Marktes anzupassen. Denn ein guter Venture Client gibt auch gutes, also konstruktives Feedback und stellt gute, also marktgerechte Anforderungen. Diese kann das Startup dann schnell in seine Produktentwicklung aufnehmen und damit wettbewerbsfähiger werden. Auch hier die Betonung auf „guter“ Venture Client. Denn es gibt auch „schlechte” Kunden. Das Startup sollte darauf achten, dass Verträge stimmen und dass auch die wirklich relevanten Personen die Technologie nutzen. Und dass konstruktives Feedback gegeben wird. Ein Kunde aus der Versicherungsbranche könnte beispielsweise wertvolles Feedback dazu geben, wie die Risikomanagement-Lösung des Startups in realen Situationen funktioniert. 

Branding, Marktvertrauen und Selbstvertrauen: Gute Kunden sind die Basis, eine starke Brand zu etablieren. Happy Clients werden gut über das Startup-Produkt sprechen und es weiterempfehlen. Dadurch gewinnt das Startup schnell das Vertrauen des Marktes. Und auch für das Selbstvertrauen des Startup-Teams selbst sind „Venture” Clients essentiell. Jeder gute Kunde beflügelt den Enthusiasmus und das Commitment des Teams – und ohne ein top motiviertes Team funktioniert in einem Startup gar nichts! 

Fazit

Venture-Client-Modell schafft Synergien für Startups und Unternehmen. Ohne Startups wäre die Welt ärmer an Technologien, die unser Leben verbessern. So ziemlich alle bahnbrechenden Technologien der letzten 50 Jahre wurden von Startups mithilfe von Venture Capital auf den Markt gebracht. Von einem guten Venture-Client-Modell profitieren sowohl Unternehmen als auch das Startup-Ökosystem. Konzerne können ungelöste Probleme schneller in den Griff bekommen. Startups können schneller beweisen, dass ihre Lösungen den Anforderungen des Marktes entsprechen und dadurch nachhaltig wachsen. 

Dazu brauchen Firmen ein gutes, erprobtes Venture Client Modell. Für Startups ist es also wichtig, die guten von den schlechten Kunden zu unterscheiden, und sich auf die guten zu konzentrieren, die schnell entscheiden, die die Startup-Technologie real einsetzen und konstruktives Feedback geben können. Andere Alternativen, wie das traditionelle Corporate Venture Capital, erfordern oft, dass Top-Startups Eigenkapital verkaufen. Bei einem guten Venture-Client-Modell verkaufen Startups nur ihre Produkte. Sie behalten weiterhin volle Entscheidungsautonomie und Eigentum, während sie von Anfang an reale Geschäftsbeziehungen, die Produktverbesserung und dadurch das Wachstum beschleunigen. Gutes Venture Clienting kann also als Erfolgsrezept für Startups und Unternehmen gesehen werden.

Über den Autor
Gregor Gimmy ist CEO von 27pilots.

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Foto (oben): Shutterstock