7 gescheiterte Startups, die über 225 Millionen eingesammelt haben
Die Investment-Zurückhaltung in den vergangenen Monaten – gekoppelt mit der schwierigen Wirtschaftslage – führt weiter zu zahlreichen Startup-Insolvenzen in Deutschland. “In Deutschland sind bis Anfang Oktober schon mehr Start-ups pleitegegangen als im gesamten vergangenen Jahr”, schrieb das Handelsblatt zuletzt unter Berufung auf Startupdetector. Insgesamt zählte der Analysedienst bisher 238 Pleiten, ein neuer Höchstwert. Die Gründe dafür sind vielfältig, ein wichtiger Grund sind aber geplatzte Finanzierungsrunden.
Zu den größten Startup-Insolvenzen im ersten Halbjahr zählten – nach unserer Erhebung – Clevershuttle, Fraugster, Expertlead, Yababa, zenloop, Banovo, Actio, Shoepassion, Deutsche Fensterbau und Mädchenflohmarkt – siehe “65 Startups, die 2023 bereits gescheitert sind“. Die genannten Startup sammelten zuvor rund 140 Millionen Euro von Investoren ein. Für Fraugster, zenloop und Mädchenflohmarkt war die Insolvenz aber zum Glück nicht das Ende. Diese Firmen laufen inzwischen unter neuer Flagge – und ohne Altlasten – weiter.
Seit dem Sommer sind leider weitere hochkarätige Unternehmen in die Insolvenz geschlittert. Die sieben insolventen Startups, Scaleups und Grownups Elinvar, Xpay, Allmyhomes, ProLupin, Comgy, Urbanara und purefood sammelten zuvor mehr als 225 Millionen Euro von Investoren aus dem In- und Ausland ein. Insgesamt eine stattliche Summe, die meisten gescheiterten Startups spielen ansonsten in Sachen Investmentsumme in einer der unteren Ligen.
Den zahlreichen Pleiten stehen zudem etliche sehr große Investments gegenüber. Im spätsommerlichen September konnten einige Startups, Scaleups und Grownups trotz anhaltender Krisenstimmung wieder üppige Millionenbeträge einsammeln. Darunter die Unternehmen Helsing, numa, Jokr, Moss, traceless und Blacklane. Insgesamt flossen alleine bei den 24 größten Deals des vergangenen Monats rund 800 Millionen Euro in aufstrebende Digitalunternehmen. Darunter eine Finanzspritze in Höhe von 209 Millionen in das neue Unicorn Helsing.
7 Insolvenzen, die alle mitbekommen haben sollten
Elinvar
Das Berliner Fintech Elinvar schlitterte im Oktober in die Insolvenz. Das Unternehmen, 2016 von Chris Bartz, Marco Neuhaus und Sebastian Böttner gegründet, positioniert sich als “WealthTech Platform as a Service”. Zuletzt war das FinTech wegen Entlassungen in den Schlagzeilen. Jeder Dritte der rund 140 Mitarbeiter musste das Unternehmen verlassen. Toscafund. Ampega, finleap und Goldman Sachs investierten Anfang 2021 rund 25 Millionen Euro in den Vermögensverwalter. Insgesamt flossen in den vergangenen Jahren mehr als 50 Millionen in das Unternehmen. Der Verlust der Jungfirma lag 2021 bei 13,7 Millionen Euro (Vorjahr: 8,3 Millionen). Die Erträge lagen bei 3,9 Millionen (Vorjahr: 2,7 Millionen). Mehr über Elinvar
Xpay
Das Kreditkarten-Startup Xpay schlitterte im August nach einer geplatzten Investmentrunde in die Insolvenz – siehe dazu auch Finance Forward. Das Münchner Fintech, 2016 von Denis Raskopoljac gegründet, bietet auf Basis einer “White-Label CaaS-Plattform innovative Retail-Payment-Lösungen für Unternehmen jeder Größe an”. Gemeint sind damit etwa Kundenkarten mit Mastercard-Zahlfunktion im Design der jeweiligen Unternehmen. “50 Millionen Euro sollen Wagniskapitalgeber wie der schillernde Investor Christian Angermayer und Rose Park Advisors bereits in die Aufbauphase von Xpay investiert haben”, heißt es im Artikel. Bis Ende 2021 flossen zumindest bereits rund 25 Millionen in Xpay. Mehr über Xpay
Allmyhomes
Das Berliner PropTech Allmyhomes, eine “Plattform für die datenbasierte Vermarktung von Eigentumswohnungen”, schlitterte im Oktober in die Insolvenz. “Wir haben offene Forderungen im mittleren siebenstelligen Bereich gegenüber Bauträgern”, teilte das Team der Immobilien Zeitung mit. Das Unternehmen, 2016 von Florian Frey, Martin Enderle und Ron Hillmann gegründet, sammelte in den vergangenen Jahren mehr als 40 Millionen Euro ein – unter anderem von der Aviv Group (Axel Springer), dem Gröner Family Office und Wecken & Cie. 2021 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 9,7 Millionen (Vorjahr: 7,1 Millionen). Der Jahresfehlbetrag lag bei 9,3 Millionen (Vorjahr: 7,7 Millionen). 120 Mitarbeitende wirkten 2021 durchschnittlich bei Allmyhomes. Zuletzt waren es 80. Mehr über Allmyhomes
ProLupin
Das Grimmener FoodTech ProLupin, 2010 als Spin-off des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV gegründet, schlitterte im Juli in die Insolvenz. ProLupin entwickelt unter der Marke Luve lupinenbasierte Milchprodukte wie Joghurt, Eis und Drinks. “Eine vor der Antragstellung durchgeführte Finanzierungsrunde konnte nicht abgeschlossen werden”, heißt es zum Hintergrund der Insolvenz. In den vergangenen Jahren investierten unter anderem Munich Venture Partners (MVP), eCapital, SevenVentures, European Circular Bioeconomy Fund (ECBF), Capricorn Partners und Novax über 36 Millionen Euro in das Unternehmen. MVP hielt zuletzt rund 25 % an ProLupin. Mehr über ProLupin
Comgy
Das Berliner PropTech Comgy, das sich um die Erfassung von Energiedaten in Gebäude kümmert, schlitterte im Oktober in die Insolvenz. Das Startup, 2017 von Ruben Haas (früher mbrace und Hitfox), Lukas Krauter und Simon Stürtz gegründet, sammelte in den vergangenen Jahren rund 25 Millionen Euro ein – unter anderem von Swiss Life Asset Managers, Deutsche Wohnen, EWE, Rivus Ventures, Bonventure und Apic Investments. 2021 erwirtschaftete das Unternehmen einen Verlust von rund 14 Millionen (Vorjahr: 2,7 Millionen). Insgesamt kostete der Aufbau des PropTechs bis Ende 2021 bereits rund 20,5 Millionen. Mehr als 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiteten zuletzt für das Unternehmen. Mehr über Comgy
Urbanara
Der Berliner Home Interior-Shop Urbanara, seit 2019 ein Ableger der inzwischen insolventen Social Chain-Gruppe, schlitterte im August in die Insolvenz. Urbanara, 2011 gegründet, hat bereits eine äußerst bewegte Geschichte hinter sich – von klassischen Investments über einen Crowd-IPO bis hin zum mehreren Exits. Ein dauerhafter Erfolg war dem Unternehmen, das mehr als 20 Millionen eingesammelt hat, in all dieser Zeit leider nicht vergönnt. 2022 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 11,5 Millionen Euro. Hintergrund für die Pleite von Urbanara ist die Insolvenz des Berliner Unternehmen The Social Chain, das gemeinsame Löwen-Imperium der TV-Investoren Georg Kofler und Ralf Dümmel. Mehr über Urbanara
purefood
Das Hamburger Food-Unternehmen purefood, zu dem die Marken lycka (vegane Schokoriegel), Stark (Ernährung für Sportler:innen) und Teatox (Bio Tees) gehören, schlitterte im Oktober in die Insolvenz. Ein Segment das in Zeiten von sparsamen Nutzer:innen zuletzt sicherlich nicht einfach war. Das Unternehmen, dessen Wurzeln bis ins Jahr 2012 reichen, setzt auf den Slogan “social. organic. pure”. Teatox, 2013 gegründet, wanderte 2019 unter das Dach des Unternehmens. Corvis Green, ein Ableger des Essener Corvis Family Office (Carsten Knauer), hielt zuletzt 72 % an purefood. 2021 erwirtschaftete die Food-Firma, die bisher rund 12 Millionen Euro eingesammelt hat, einen Verlust in Höhe von 3,5 Millionen (Vorjahr: 2,2 Millionen). Der Umsatz lag bei 6,4 Millionen (Vorjahr: 5,3 Millionen). Mehr über purefood
Tipp: Über 45 Startups, die 2022 leider gescheitert sind
Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.