Warum wir eine starke digitale Gründerszene brauchen
Startups und Corporate Ventures großer Unternehmen haben erstaunliche Ähnlichkeiten. Beide sind Innovationstreiber unserer Wirtschaft: Digitale Geschäftsmodelle können nur im richtigen Umfeld effektiv wachsen. Was Deutschland braucht, sind Investitionen in Innovation, Förderung von Startups und einen großen Investitionsschub in Digitalisierung.
Deutschland hinkt im Bereich Innovation stark hinterher – das wird insbesondere im Vergleich mit investierenden Regionen wie dem Mittleren Osten sowie den Technologietreibern, China und USA, deutlich. In den USA werden jährlich zehn Prozent aller Arbeitsplätze durch Startups neu geschaffen, in Europa lediglich ein Prozent. Bei dem derzeitigen Tempo bräuchte die europäische Wirtschaft rund hundert Jahre, um sich durch Startups neu zu erfinden. Entsprechend groß ist die Rolle etablierter Europäischer Unternehmen für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft.
Vor allem Startups sind Innovationstreiber und -motor eines Landes und tragen maßgeblich zum Wirtschaftswachstum und zur Wettbewerbsfähigkeit bei. Sie sind die Pioniere der Technologieentwicklung, schaffen neue Geschäftsmodelle und denken “Out-of-the-box”. Ihre Agilität und Fokussierung auf Innovation befähigt sie, revolutionäre Lösungen in verschiedensten Bereichen hervorzubringen. Noch kann sich Europa zur Zukunftssicherung nicht auf die Erneuerungskraft von Neugründungen verlassen. Es geht darum, die etablierten Unternehmen “rundzuerneuern”.
Wir brauchen Investitionen und Diversifizierung
Deutschland muss seine Anstrengungen verstärken, sowohl ein attraktives Umfeld für Startups als auch Corporate Unternehmertum zu schaffen. Durch weitere Investitionen in Gründerzentren, Risikokapital und die Unterstützung junger Unternehmen. Auf Unternehmensseite ist es unerlässlich, endlich wieder aktiv und in großem Umfang Investitionen zu tätigen. Nur so entsteht wieder ein Innovationsrahmen, der es Unternehmen ermöglicht, sich an die im Moment enorm verändernde Marktsituation anzupassen. Es geht um Resilienz. Statt einer Monokultur benötigen wir Diversifizierung, um zukunfts- und krisensicher zu werden.
Corporate Venture Building als Transformationskraft
Europa hat im Gegensatz zu den USA und China eine starke Tradition der Konzernerneuerung. Das Durchschnittsalter der führenden Unternehmen liegt bei weit über 100 Jahren. Offensichtlich haben es diese Konzerne wiederholt geschafft, sich über gesellschaftliche Verwerfungen, Weltkriege und Wechsel des kompletten Produktspektrums hinweg komplett neu zu erfinden. Es ist also durchaus fair zu sagen, dass “Corporate Renewal” in der DNA europäischer Unternehmen steckt.
Angrenzende Opportunitäten zu erschließen hat Tradition in Europa. Im Vokabular des 21. Jahrhunderts nennt sich das “Corporate Venture Building” (CVB). CVB wurde als Tugend und effektive Strategie zur Erschließung neuer strategischer Geschäftsfelder quasi wiederentdeckt und mit den Ansätzen aus der Startup Welt “Lean Startup” und “Design Thinking” aufgeladen. Es geht darum neue, innovative Geschäftsmodelle auf Basis bestehender strategischer Unternehmensressourcen umzusetzen, um Risiken der frühen Phase der Entwicklung zu reduzieren und eine Markteinführung zu beschleunigen.
In den letzten 10 Jahren hat sich der Handlungsdruck aufgestaut und es sind spezialisierte Dienstleister – Corporate Venture Builder als strategische Partner – entstanden. Sie ergänzen dort, wo “in-House” ein Defizit herrscht: Von der Entwicklung der Geschäftsidee, über das Produktdesign, Markteinführung bis hin zu operativen Tätigkeiten folgen Corporate Venture Builder einer bewährten Methodik, um neue digitale Unternehmen von der Idee bis hin zur globalen Markterschließung für führende Unternehmen umsetzen. Sie bringen die notwendige Geschwindigkeit, Gründungserfahrung und technologisches Know-How ein und nutzen gleichzeitig die Branchenexpertise, das Kunden-Netzwerk und die strategischen Assets des jeweiligen Unternehmens, um digitale Ventures zu realisieren, die einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen erzielen. Und zudem heiß begehrte Mangelkompetenzen wie Analytics und AI.
Was können Startups vom Corporate Venture Building lernen?
Startups sind risikobereiter und experimentierfreudiger als große Unternehmen, noch dazu wendiger und flexibler: Sie sind bereit, neue Ideen und Geschäftsmodelle auszuprobieren.
Ihre Konsequenz in Umsetzung und Skalierung können Startups trotzdem weiter verbessern. Bewährte Praktiken kann man auch beim Corporate Venture Building abschauen. Corporate Venture Builder beschäftigen sich täglich damit, neue Ideen schnell, effektiv und gewinnbringend an den Markt zu bringen. Dieses Know-How könnte Startups, die viele Wege das erste Mal gehen, helfen, Sackgassen zu vermeiden. So zum Beispiel:
- Auswahl der wirklich entscheidenden Elemente des Lean-Startup-Modells und Design Thinking
- Parallelisierung von “Pivots”: Business Szenarien werden parallel angetestet und künftige Neuausrichtungen quasi vorweggenommen. Dadurch kann eine Beschleunigung auf 12 Monate von Idee bis zum ersten Umsatz erreicht werden.
- Skalieren über “Wirk-Partnerschaften” mit etablierten Playern
- Geschäftsorientierung an Letters of Intent (LoI) und nicht an Studien: Studien zählen nicht, nur echtes Kundeninteresse
Unsere Wirtschaft braucht einen deutlichen Investitionsschub in Digitalisierung
Legt Deutschland aber bei Investments in die Digitalisierung nicht an Tempo zu, verlieren innovative Geschäftsmodelle hierzulande an Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene. Internationale Investoren werden zögern, in deutsche Startups zu investieren, wenn sie das Gefühl haben, dass die technologische Infrastruktur und das Umfeld nicht ausreichend aufnahmebereit sind. Generative AI ist nun der Wirkbeschleuniger, der final alle Geschäfte, die noch keine datengestützen Geschäftsmodelle besitzen, in eine Zuliefererrolle drängen oder komplett ablösen wird.
Es muss sich einiges ändern, damit wir als Wirtschaftsstandort innovativ bleiben.
Über den Autor
Heinrich Arnold ist Ankerpartner DACH bei Creative Dock.
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