“Geht auf keinen Fall zu viele Themen gleichzeitig an”
Das Berliner Unternehmen Parloa, das 2017 von Malte Kosub und Stefan Ostwald als Future of Voice gegründet wurde, kümmert sich als “Conversational AI-Plattform” um die Automatisierung des Omni-Channel-Kundenservice. “Parloa nutzt künstliche Intelligenz, um Kundenservice-Erlebnisse radikal zu verbessern. Indem dank der Automatisierung von natürlichen Telefongesprächen viele repetitive Aufgaben für Callcenter-Agent:innen wegfallen, erhöht Parloa ihre Zufriedenheit und reduziert lange Wartezeiten für Kund:innen”, sagt Gründer Kosub.
Zurzeit wirkten 100 Mitarbeiter:innen bei Parloa. EQT sowie die Altinvestoren Newion und Senovo investierten zuletzt 20 Millionen Euro in Parloa. “Wir hatten das Gefühl gehabt, dass Investor:innen bei guten Zahlen, einem starken Produkt, einem passenden Team und einem großen Markt weiterhin sehr engagiert sind”, erzählt Kosub zu seinen Eindrücken in der derzeitigen Investoren-Eiszeit.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Parloa-Macher außerdem über Durchbrüche, Entscheidungen und Kundenerlebnisse.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Parloa erklären?
Parloa nutzt künstliche Intelligenz, um Kundenservice-Erlebnisse radikal zu verbessern. Indem dank der Automatisierung von natürlichen Telefongesprächen viele repetitive Aufgaben für Callcenter-Agent:innen wegfallen, erhöht Parloa ihre Zufriedenheit – sie können sich auf komplexe oder sensible Themen fokussieren – und reduziert lange Wartezeiten für Kund:innen in der Telefonhotline. Soweit zur Theorie – und ganz praktisch gesprochen, kann unsere Lösung auch in deinem Alltag wirklich nützlich sein: Stelle dir vor, du hast eine Frage zu deiner Telefonrechnung. Um deine Frage zu klären, rufst du bei deinem Telefonanbieter an. Sofort meldet sich eine nette Stimme, die dich nach deinem Anliegen fragt. Du sprichst ganz natürlich mit ihr und schon nach wenigen Sekunden landest du bei einem Mitarbeitenden, der direkt weiß, um was es geht. Wie ist das möglich? Oft läuft ein Gespräch mit dem Telefonservice doch viel komplizierter ab. Bei Parloa nutzen wir Technologie – künstliche Intelligenz – die genau versteht, was Anrufende möchten und ganz natürlich auf ihre Fragen eingeht. Wenn es sich um wiederkehrende, repetitive Anfragen handelt, z. B. die Frage nach Öffnungszeiten oder dem Versandstatus einer Lieferung, kann die Technologie das direkt automatisch übernehmen. Dadurch müssen sich die Agent:innen im Callcenter nicht mehr mit diesen einfachen, ständig wiederkehrenden Aufgaben befassen und haben mehr Zeit, komplexere oder sensible Aufgaben zu lösen, wie deine Frage zur Telefonrechnung beispielsweise. Für die Agent:innen ist das eine große Erleichterung und es macht sie zufriedener mit ihrer Arbeit. Und auch für dich als Kundin bringt das Vorteile, du musst nicht in Warteschleifen hängen bleiben und auch deine Frage wird direkt bearbeitet.
War dies von Anfang an euer Konzept?
Mein Mitgründer Stefan Ostwald und ich haben zuerst eine Conversational-AI-Agentur namens Future of Voice gegründet, die den Ursprung unserer heutigen Firma und SaaS-Plattform Parloa darstellt. Bei Future of Voice haben wir Kunden geholfen, innovative Voice-Technologien nutzbar zu machen. 2018 haben wir dann in einer internen Initiative ein eigenes Low-Code-Tool zur Entwicklung von Multi-Channel-Spracherlebnissen entwickelt – Parloa. Das Tool wurde von den Kunden genutzt, um Alexa Skills, Phonebots & mehr zu erstellen. Bis 2020 ist Future of Voice zu einer 20-köpfigen Agentur mit Parloa als eigenem Tool gewachsen. Stefan und ich haben sie 2020 verkauft, um sich ganz auf die Skalierung von Parloa zu konzentrieren. 2022 haben wir bei Parloa 4 Millionen Euro Funding in der Seed-Runde erhalten und 2023 – nur 11 Monate später – konnten wir den Abschluss unserer Series-A-Finanzierung über 20 Millionen Euro mit EQT Ventures und Bestandsinvestoren Senovo und Newion verkünden. Gleichzeitig haben wir gerade den Meilenstein von 100 Mitarbeiter:innen bei Parloa erreicht.
Wie ist letztendlich die Idee zu Parloa entstanden?
Im Jahr 2017 bemerkten mein Mitgründer Stefan und ich einen großen Sprung in der Art und Weise, wie Menschen und Technologie miteinander interagieren können. Algorithmen waren zum ersten Mal in der Lage, so viele Wörter von Menschen zu verstehen wie Menschen selbst! Uns war klar, dass dieser technologische Durchbruch völlig neue Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Unternehmen und ihren Kunden eröffnet. Dieser Wandel hat uns dazu inspiriert, unsere AI-basierte Plattform Parloa zu entwickeln: Wir wollten den Kund:innen ein personalisiertes Service-Erlebnis bieten, damit sie ihre Probleme schnell und einfach lösen können, ohne in langen Warteschlangen festzustecken. Gleichzeitig war (und ist) es uns wichtig, die Agent:innen von repetitiven Aufgaben wie Authentifizierung oder Weiterleitung zu entlasten. Und so ist Parloa entstanden.
Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Parloa ist eine SaaS-Plattform und basiert entsprechend auf einem Abo-Modell. Man kann sich das so vorstellen, dass Unternehmen Pakete mit einer bestimmten Anzahl an Minuten von Telefongesprächen buchen können.
Trotz allgemeiner Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene konntet ihr zuletzt 20 Millionen einsammeln. Wie seid ihr mit euren Investor:innen in Kontakt gekommen?
Durch bestehende Kontakte aus der Seed-Runde sowie durch Intros von Bestandsinvestoren und Bekannten. Wir hatten das Gefühl gehabt, dass Investor:innen bei guten Zahlen, einem starken Produkt, einem passenden Team und einem großen Markt weiterhin sehr engagiert sind.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist seit der Gründung so richtig schief gegangen?
Natürlich sind schon viele Dinge schief gelaufen, allerdings könnte ich kein spezifisches Thema nennen, das aufgrund der Größe heraussticht.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Alles richtig gemacht ist wahrscheinlich ein wenig übertrieben. Allerdings glaube ich, dass wir bei folgenden Themen die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Erstens: Think big. Global und groß gedacht bei der Entwicklung des Unternehmens – sei es beim Produkt, im Sales, beim Team oder bei den Partnerschaften. Zweitens: Starke Partner. Immer schon auf strategische Partnerschaften mit internationalen Unternehmen wie Microsoft und Genesys gesetzt und gleichzeitig mit wichtigen lokalen Playern eng zusammengearbeitet. Drittens: Immer auf höchste Qualität beim Produkt gesetzt. Garantieren Unternehmen die allerbeste Qualität bei unseren technischen Komponenten, die in erstklassigem Kundenerlebnis resultieren. Viertens: Enorm starkes Team aufgebaut. Leadership-Team und Mitarbeiter:innen mit sehr tiefer SaaS-Erfahrung und riesiger Motivation und Leidenschaft für Parloa und das Thema Conversational AI. Leute kommen von Unternehmen wie Celonis, Google, Salesforce, Signavio, Uberall, Forto.
Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer;innen mit auf den Weg?
Erstens: Fokus, Fokus, Fokus. Jeden Tag werdet ihr mit unzähligen Aufgaben, Fragen, Themen usw. konfrontiert. Dabei verliert man leicht den Blick für das große Ganze und für das, was euer Unternehmen wirklich nach vorne bringt. Daher: Geht auf keinen Fall zu viele Themen gleichzeitig an. Priorisiert und setzt einen klaren Fokus auf das, was für euer Unternehmen wirklich wichtig ist. Zweitens: Hiring is key. Freie Stellen sollen mit den richtigen Personen besetzt werden. Nehmt euch Zeit dafür, setzt euch mit den Kandidat:innen – auch kritisch – auseinander und stellt sicher, dass sie für euer Unternehmen der richtige Fit sind – sowohl hinsichtlich der Kompetenzen, als auch Unternehmens-kulturell. Drittens: Denkt weiter, denkt größer – wenn es um die Entwicklung eures Unternehmen geht. Lasst euch nicht beschränken von dem, was sich für andere als gut anfühlt, sondern vertraut auf eure Vision – egal ob Produkt, Sales, Partner oder Team.
Wo steht Parloa in einem Jahr?
In einem Jahr ist unser Team weiter gewachsen und wird 180 Mitarbeiter:innen umfassen, die kontinuierlich unsere Vision von herausragenden Gesprächen in Contact Centern weltweit vorantreiben. Wir haben unser Office in den USA eröffnet und konnten bereits einige US-amerikanische Unternehmen als Kund:innen gewinnen. Dabei geht unsere Reise weiter – wir haben nachhaltig einen neuen Maßstab für Telefonautomation für die gesamte Branche gesetzt und tragen unsere Innovationen nun in weitere globale Märkte.
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