#Interview

“Folgt der eigenen Leidenschaft”

Der Berliner Seriengründer Björn Kolbmüller baute bereits Flaconi und Zenloop auf. Auf millionenschwere Investoren verzichtet er bei seiner Neugründung Jacasa diesmal. "Wir haben beim Aufbau von Jacasa keinen zeitlichen Druck", sagt Kolbmüller.
“Folgt der eigenen Leidenschaft”
Dienstag, 23. Mai 2023VonAlexander

Das Berliner PropTech Jacasa kümmert sich um die “schnelle und sichere Vermittlung von Immobilien”. Hinter der Jungfirma stecken der Webentwickler Michael Rimbach und der erfolgreiche Seriengründer Björn Kolbmüller, der bereits Flaconi und Zenloop ins Leben gerufen hat. “Jacasa ermöglicht mir, mich inhaltlich stark weiterzuentwickeln. Mit Flaconi durfte ich ein B2C-E-Commerce-Unternehmen aufbauen. zenloop dagegen war ein B2B-Enterprise-SaaS-Modell. Jetzt bauen wir einen B2C2B-Marktplatz für Immobilien”, sagt Kolbmüller zu seiner Motivation erneut ein Startup hochzuziehen.

Im Gegensatz zu Flaconi und Zenloop setzt Kolbmüller bei Jacasa diesmal nicht auf millionenschwere Investoren. “Wir haben beim Aufbau von Jacasa keinen zeitlichen Druck. Und glücklicherweise helfen uns aufkommende Technologien wie GPT, die Firma sehr kapitaleffizient aufzubauen”, sagt der Seriengründer.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Jacasa-Macher außerdem über Bauzinsen, SEO und Energielevel.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Jacasa erklären?
Meiner Oma würde ich sagen: Jacasa ist die perfekte Internetseite, um den besten Immobilienmakler in deiner Umgebung zu finden. Funktioniert auch mit deinem iPad ;) Du brauchst nur Ort oder Postleitzahl eingeben und erhältst eine sortierte Liste der besten 10 Makler in der Nähe.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Wir haben das Modell seit unserem Start vor sieben Monaten bereits stark weiterentwickelt. Anfangs wollten wir nur das Jameda-Modell auf die Immobilienmakler-Branche übertragen. Daher auch der Name Jacasa. Im letzten Jahr hat sich der Immobilienmarkt dann aber drastisch verändert. Die Bauzinsen sind stark gestiegen. Folglich ist den Maklern die Käufernachfrage weggebrochen. Vor diesem Hintergrund entwickeln wir uns jetzt zu einem Marktplatzmodell weiter. Makler bekommen die Möglichkeit, ihre Immobilien auch auf Jacasa zu vermarkten.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir verdienen unser Geld mit bezahlten Premium-Profilen. Im Rahmen einer jährlichen Mitgliedschaft erhalten Makler ein umfangreiches Branding-Paket, um ihre Sichtbarkeit und Reputation zu stärken. Unter anderem können sie ihr Profil mit eigenem Bildmaterial anreichern, erhalten Verkaufsmandate in ihrer Region und eine Verlinkung zu ihrer Website. Außerdem sind die Premium-Profile komplett werbefrei.

Wie ist überhaupt die Idee zu Jacasa entstanden?
Da gab es tatsächlich mehrere Situationen. 2018 wollten wir eine Eigentumswohnung kaufen. Der Verkäufer hatte einen Makler engagiert. Ich war von den Gesprächen nicht sehr angetan und verunsichert. Als ich dann im Internet nach Erfahrungswerten und Bewertungen suchte, fand ich nullkommanichts. Absolut keine Informationen, weder zu dem Maker noch zu dem Bauträger. Dabei geht es um das teuerste “Produkt”, das Endkunden in ihrem Leben erwerben. Daraus ist auch unser Purpose entstanden: “Giving more peace of mind to real estate.”. Ich möchte durch Technologie mehr Vertrauen und Transparenz in die Branche bringen.

Du ziehst Jacasa gemeinsam mit Michael Rimbach hoch. Wie oder wo habt ihr euch kennengelernt?
Meinen Mitgründer Michael kenne ich schon länger. Er baute für uns in den ersten Jahren bei zenloop hoch-performante Integrationen zu Shop-Systemen. Wie immer braucht es etwas Glück bei der Suche nach dem perfekten Co-Founder. Ich bin dankbar, dass die Gründung bei Michael zeitlich auch super reingepasst hat. Er verantwortet bei uns alle Tech-Themen rund um unsere Plattform.

Vor Jacasa hast Du bereits Flaconi und zenloop aufgebaut. Was reizt Dich, wieder ein Startup hochzuziehen?
Der größte Antrieb ist meine Neugierde und Leidenschaft für digitale Produkte und Online-Marketing. Jacasa ermöglicht mir, mich inhaltlich stark weiterzuentwickeln. Mit Flaconi durfte ich ein B2C-E-Commerce-Unternehmen aufbauen. zenloop dagegen war ein B2B-Enterprise-SaaS-Modell. Jetzt bauen wir einen B2C2B-Marktplatz für Immobilien. Die Lernkurve ist also steil. Gleichzeitig fasziniert mich die schiere Größe des Immobilienmarktes. Allein das Segment Wohnimmobilien hat ein jährliches Transaktionsvolumen von 240 Milliarden Euro und gehört damit zu den größten Märkten in Deutschland.

Thematisch trennen Flaconi, zenloop und Jacasa Welten. Wäre es nicht einfacher, thematisch enger an den vorherigen Themen zu bleiben?
Das wäre vielleicht einfacher, aber nicht zwingend erfolgversprechender. Es gibt etwa kaum noch lukrative E-Commerce-Segmente, die nicht schon besetzt sind. Die GTM-Ansätze meiner bisherigen Firmen liegen aber gar nicht so weit auseinander. Mit Flaconi haben wir den Kanal SEO dominiert und einen starken Wettbewerber zu Douglas aufgebaut. Bei Jacasa ist das Thema SEO auch sehr relevant. Wir können sehr gut auf vorhandenem Wissen aufbauen.

Ist beim erneuten Gründen wirklich alles einfacher, als beim ersten Mal?
Ja. Vieles ist tatsächlich einfacher. Das liegt aber auch an den heutzutage verfügbaren Tools und Technologien. Beispielsweise können wir mit Hilfe der GPT-API unseren Content viel effizienter produzieren. Gleichzeitig gibt es auch Herausforderungen. Die Kapitalbeschaffung ist in der aktuellen Marktphase natürlich herausfordernder als in den letzten Jahren. Glücklicherweise können wir Jacasa sehr kosteneffizient aufbauen.

Ist Kapitalbeschaffung denn derzeit ein Thema für Euch? Bei Flaconi und zenloop ging es immerhin immer auch Millionen-Investments
Das ist derzeit nicht geplant. Wir haben beim Aufbau von Jacasa keinen zeitlichen Druck. Und glücklicherweise helfen uns aufkommende Technologien wie GPT, die Firma sehr kapitaleffizient aufzubauen.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Ich kann nur jedem empfehlen, bei der Wahl des Geschäftsmodells und dem Aufbau der Firma stark auf das innere Energielevel zu hören. Das klingt vielleicht etwas esoterisch. Damit meine ich, der eigenen Leidenschaft zu folgen. Um ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich aufzubauen, begibt man sich auf eine jahrelange Reise mit vielen Tiefpunkten und Rückschlägen. Aus meiner Erfahrung hilft es ungemein, das Geschäftsmodell, die Industrie und die Mitarbeiter so auszuwählen, dass sie eine kontinuierliche Energiequelle sind. Mit der Anziehungskraft kann man alle Hürden überwinden und Täler durchschreiten.

Wo steht Jacasa in einem Jahr?
In einem Jahr haben wir das größte Branchenverzeichnis der Immobilienbranche aufgebaut. Jeder Immobilienmakler in Deutschland vermarktet dann seine Immobilien auf Jacasa.de. Wir haben monatlich siebenstelligen Traffic auf der Seite und arbeiten profitabel. Wie immer sind die Ziele sehr ambitioniert. Lass uns spätestens in einem Jahr wieder sprechen.

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Foto (oben): Jacasa 

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.