#Interview

“Man fühlt sich ständig wie auf einer Achterbahn”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt?" Ich war während eines Putsch-Versuchs in Äthiopien. Auf einmal waren alle Straßen gesperrt und das Internet wurde einfach abgeschaltet", sagt Kalie-Martin Cheng, Gründer von Plastic2Beans, über sein wildestes Startup-Erlebnis.
“Man fühlt sich ständig wie auf einer Achterbahn”
Mittwoch, 3. Mai 2023VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Kalie-Martin Cheng, Gründer von Plastic2Beans. Das Kölner Startup setzt auf “Specialty Coffee mit Recycling-Impact”. Zur Idee schreibt das Team: “Gemeinsam mit unseren Partner:innen vor Ort wollen wir die Kunststoffindustrie in Entwicklungsländern nachhaltiger machen”.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Morgens ist erstmal Kinder in die Kita bzw. Schule bringen angesagt, dann geht’s mit einem Cortado ab ins Daily mit Robin, meinem Co-Founder, um die Ziele des Tages zu besprechen.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Im Sommer im Sand beim Beachvolleyball, mit der Gitarre und sonst immer gerne mit den Kindern. Die Große ist jetzt alt genug um ab und zu ein paar Runden Mario-Kart zu zocken :)

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Das man sich ständig fühlt wie auf einer Achterbahn. In einem Moment fliegst du vor Glück und im nächsten zieht es dir den Boden unter den Füßen weg und andersrum.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Die Gründung an sich war recht easy, wir haben ziemlich schnell das Gründerstipendium.NRW bekommen und waren damit ein Jahr abgesichert. Es hat sich auch alles sehr organisch entwickelt, vom ersten Treffen mit Abi im Schwimmbad im April 2018 über die Bewerbung beim Gateway Exzellenz Startup Center der Uni Köln, die uns das Gründerstipendium vorgeschlagen haben bis zur offiziellen Gründung im November und den ersten Kaffeeverkäufen ist nicht viel Zeit vergangen. Die wirklichen Herausforderungen kamen erst später mit Corona und Co. Da standen wir vor der Herausforderung, dass wir ursprünglich als Bürokaffee-Marke gestartet sind und auf einmal niemand mehr im Office war. Wir haben dann den Pivot zum Lebensmitteleinzelhandel gemacht. Wir haben viel gelernt in der Zeit.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Falsche Personalentscheidungen, man sollte mehr auf sein Bauchgefühl hören und schneller die Reißleine ziehen. Das ist für alle Beteiligten die bessere Lösung.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Mit Bauchgefühl, dem richtigen Netzwerk und einer tollen Vision, die wir teilen. Und natürlich mit Catch Talents.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Immer erst die Finanzierung sichern. Mit Existenzängsten lassen sich keine Visionen umsetzen. Es gibt einige tolle Förderprogramme, die man gerade am Anfang gut nutzen kann. Und habt keine Angst!

Ohne welches externes Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Ohne das Dropshipping unserer Rösterei und die gute Kooperation gäbe es uns nicht. Mondo hat auch alle unsere Ideen zur Nachhaltigkeit direkt umgesetzt, bester Partner!

Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Wir haben einmal die Woche ein gemeinsames Mittagessen und mit dem Cafe-Team im zweimonatigen Rhythmus eine Feedback-Runde, wo Verbesserungsvorschläge aufgenommen werden und geschaut wird, was wir bisher geschafft haben.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Ich war während eines Putsch-Versuchs in Äthiopien, für die erste GIZ-Studie, die wir über den Recyclingsektor vor Ort geschrieben haben. Auf einmal waren alle Straßen in der Hauptstadt Addis gesperrt und das Internet wurde einfach abgeschaltet. Wir wussten erst nicht was los ist. Es hieß erst von offizieller Seite, dass das Militär für Gehaltsverhandlungen zum Präsidentenpalast gezogen ist. Der Präsident hat die Situation entschärft, indem er mit den Soldaten Liegestütze gemacht hat. Das es letztlich doch ein Putschversuch war kam erst Monate später raus. Im positiven Sinne war der wildeste Moment, als wir realisiert haben, das unser Input dazu beigetragen hat ein neues Gesetz ins Leben zu rufen, dass es in Äthiopien seit Oktober 2022 verbietet farbige PET-Flaschen auf den Markt zu bringen. Das bedeutet, dass nun 140 Millionen Kilogramm PET jährlich besser recyclebar sind und der Wert des Materials seit dem um das dreifache gestiegen ist. Dadurch verdienen die Sammler:innen auf der Straße mehr und die Sammelquoten steigen.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): Plastic2Beans