#Interview

“Zu Beginn wollten wir direkt alles lösen”

Localyze ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen - von 20 auf über 100 Mitarbeiter:innen. Dabei haben die drei Gründerinnen dennoch immer aufs Geld geachtet. "Darum sind wir mit dem Beginn der Krise weniger unter Druck geraten", sagt Gründerin Hanna Asmussen.
“Zu Beginn wollten wir direkt alles lösen”
Dienstag, 18. April 2023VonAlexander Hüsing

Das  Hamburger Startup Localyze, 2018 von Hanna Asmussen, Lisa Dahlke und Franzi Löw gegründet, unterstützt “Unternehmen bei Herausforderungen rund um die globale Mobilität von Mitarbeitern”. Gemeint sind damit alle Prozesse rund um Themen wie Relocation, Visumsverlängerungen bis zu Transfers zwischen Niederlassungen. General Catalyst, Visionaries Club und Frontline Ventures investierten zuletzt 35 Millionen US-Dollar in das HR-Unternehmen.

Derzeit arbeiten über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Localyze. “Als wir 2018 gestartet sind, waren wir quasi nur zu dritt mit ein wenig Unterstützung in der Softwareentwicklung. Ein Jahr später, als wir Teil vom Y-Combinator waren, hatten wir dann schon vier bis fünf Mitarbeiter. Ein Jahr später kam Corona, womit unser Wachstum erst einmal stagnierte und wir gucken mussten, wie wir überleben können. Im Nachhinein hat Corona unserem Thema natürlich viel Aufmerksamkeit geschenkt und die Entwicklung befeuert”, erzählt Gründerin Hanna Asmussen.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht die Localyze-Macherin außerdem über Profitabilität, Kontakte und Marktabdeckung.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Localyze erklären?
Wir helfen Unternehmen dabei ihre Mitarbeiter über Grenzen zu bringen, sei es für langfristige Umzüge, oder auch kurzfristige Business Trips. Wir kümmern uns darum, dass der Mitarbeiter die Unterstützung bekommen die er braucht, um z.B. eine Arbeitserlaubnis zu bekommen oder eine neue Wohnung zu finden.

War dies von Anfang an euer Konzept?
 Wir wollten von Anfang an das Problem sowohl für Unternehmen als auch deren Mitarbeiter lösen. Zu Beginn wollten wir direkt alles lösen – vom Visumsprozess bis zum Sprachkurs, haben aber gemerkt, dass wir mehr Fokus brauchen und uns zunächst auf das ganze Thema Immigration konzentriert.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Im Grunde genommen wie jedes SaaS Modell: Wir haben eine Software und verkaufen Unternehmen Zugang zu dieser Software. Mit Hilfe dieser können die Unternehmen dann die Global Mobility Prozesse ihrer Mitarbeiter verfolgen und sind jederzeit über den Fortschritt informiert. Die Besonderheit bei uns ist, dass auch der/die Mitarbeiter/in einen eigenen Softwarezugang hat, womit er auf sein/ihr persönliches Dashboard kommt. Über dieses Dashboard weiß der/die Mitarbeiter/in zu jeder Zeit genau, was als nächstes zu tun ist in seinem/ihren Prozess. Die Unternehmen zahlen eine monatliche Fee für den Zugang plus eine Case Fee für jeden neuen Global Mobility Prozess.

Wie ist überhaupt die Idee zu Localyze entstanden?
Zum einen waren wir selbst viel im Ausland, zum anderen hat Lisa, eine der drei Gründerinnen, im HR-Bereich gearbeitet und war dort für das Thema Global Mobility und Immigration zuständig – wir kannten das Problem also aus zwei verschiedenen Brillen.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf die aktuelle Eiszeit?
Die deutsche Startup-Szene leidet, genauso wie andere Bereiche der deutschen und internationalen Wirtschaft an den Folgen der Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und anderen globalen Ereignissen. So ist das in einer globalen Wirtschaft – alles hat einen Einfluss aufeinander. Dass vor allem die Startup Szene – und natürlich nicht nur die deutsche – so zu kämpfen hat, liegt auch daran, dass Geld und somit weitere Finanzierungsrunden zu Hochkonjunktur-Zeiten als gegeben gesehen wurden. Jetzt wo mehr Unsicherheit herrscht, sitzt auch das Geld nicht mehr so locker, was dazu führt, dass viele Unternehmen ihre Wachstumsstrategien überarbeiten müssen. Ich glaube aber dennoch, dass Startups mit nachhaltigen und innovativen Geschäftsmodellen, die Krise gut überstehen werden – und vielleicht früher lernen, wie der Weg in die Profitabilität aussehen kann.

Wie sieht es mit eurem Weg in die Profitabilität aus?
Wir waren in 2021 fast das gesamte Jahr über profitabel, und haben 2022 angefangen, stärker in unser globales Wachstum zu investieren. Besonders der Launch des US-Markets war kein kleines Investment, was sich aber bereits auszahlt mit unseren ersten Kunden. Auch wenn wir aktuell nicht das Ziel haben schnell profitabel zu werden, sondern weiterhin in unsere internationale Expansion investieren, achten wir stark auf einen gesunden Burn Ratio und haben noch ziemlich viel Runway.

Wie hat sich Localyze seit der Gründung entwickelt?
Als wir 2018 gestartet sind, waren wir quasi nur zu dritt mit ein wenig Unterstützung in der Softwareentwicklung. Ein Jahr später, als wir Teil vom Y-Combinator waren, hatten wir dann schon vier bis fünf Mitarbeiter. Das war auch der Grund, warum immer eine von uns in Deutschland sein musste. Ein Jahr später kam Corona, womit unser Wachstum erst einmal stagnierte und wir gucken mussten, wie wir überleben können. Im Nachhinein hat Corona unserem Thema natürlich viel Aufmerksamkeit geschenkt und die Entwicklung hin zu globalen Teams befeuert, was zu Beginn aber noch nicht absehbar war. Richtig gewachsen – was die Anzahl der Mitarbeiter angeht – sind wir erst ab Herbst 2021. Im August 2021 waren wir noch 20 Localitos und sechs Monate später waren es dann schon 50. Aktuell sind wir bereits über 100.

Was genau sind die größten Herausforderungen, wenn ein Team so schnell so groß wird?
Die größte Herausforderung ist die Kommunikationsstruktur, besonders in einem remoten Team. Bei 20 Mitarbeitern kennt sich jeder, bei 50 und vor allem 100 entstehen schnell Silos – das muss man aktiv angehen und Kommunikation gut gestalten.

General Catalyst, Visionaries Club, Web Summit Fund und Frontline Ventures investierten zuletzt 35 Millionen US-Dollar in Localyze. Wie seid ihr mit euren Investor:innen in Kontakt gekommen?
Größtenteils über Netzwerk. Der erste Schritt ist immer der schwerste, wenn man einmal die erste Finanzierungsrunde – mit guten Investoren – hinter sich hat, hat man einen Fuß in der Tür und kann sich über die Zeit immer bessere Kontakte aufbauen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir haben selber nie in einem größeren Tech-Unternehmen gearbeitet und wussten nicht 100 % was, und wen wir brauchen um die Firma zu skalieren, darum sind die meisten Fehler wahrscheinlich auf der Hiring-Seite zu finden. Zum Glück haben wir aber aus unseren Fehlern gelernt, und mittlerweile ein unglaublich starkes Team aufgebaut!

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir müssen relativ viel richtig gemacht haben, sonst wären wir nicht wo wir sind. Vieles davon ging über Intuition, und aus seinen Fehlern lernen. Wir haben nie zu sehr auf andere gehört, sondern versucht unseren eigenen Weg zu gehen. Gerade was das Thema Geld ausgeben angeht, haben wir uns in 2021 nicht verleiten lassen, wie viele andere Startups den Geldhahn sehr weit aufzudrehen, darum sind wir auch mit dem Beginn der Krise weniger unter Druck geraten.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer;innen mit auf den Weg?
Du musst für deine Idee und den Markt brennen, um alle Täler durchstehen zu können. Gründen ist nicht leicht, und viel weniger glamourös als man denkt – also sei bereit für eine Achterbahnfahrt!

Wo steht Localyze in einem Jahr?
Bei einer globalen Marktabdeckung: Wir expandieren nach Nordamerika, und möchten nächstes Jahr einen weiteren Kontinent abdecken – welcher das sein wird, verraten wir dann!

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Foto (oben): Localyze

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.