#Gastbeitrag
So beeinflusst der SVB-Crash die deutsche Startup-Szene
Die Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) hat die Start-up-Welt nicht nur in den USA, sondern auch in Europa schwer erschüttert. Doch welche Konsequenzen hat der SVB-Crash für die deutsche Start-up- und Venture-Capital-Branche? Immerhin handelt es sich um die zweitgrößte Bankenpleite aller Zeiten.
Die SVB war das wichtigste Finanzinstitut für junge Tech-Firmen in den USA. Ihr Marktanteil im Silicon Valley betrug 25,9 Prozent. Doch auch in Deutschland vertrauten Start-ups auf das Geldhaus, das 2018 hierzulande seine Türen öffnete. Die SVB, die auf eine jahrzehntelange Unternehmensgeschichte zurückblickt, zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass sie Gründenden auch dann Kapital zur Verfügung stellte, wenn andere Banken bereits Nein gesagt hatten.
Am 10. März kam der Knall: Das kalifornische Ministerium für Finanzschutz und Innovation verriegelte die Türen der SVB und stellte sie unter die Kontrolle der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC).
Während die Gründe für den Crash schon weitgehend aufbereitet wurden (ich empfehle den Artikel von Christoph Fröhlich, Chefredakteur von Das Investment), möchte ich im Folgenden auf die Konsequenzen für deutsche Start-ups eingehen und aufzeigen, welche Position das Finanzmanagement in Start-ups in diesen stürmischen Gewässern haben sollte.
Knappes Kapital: SVB-Pleite hat Kapitalzugang für deutsche Startups weiter erschwert
Die Pleite der SVB war nicht der initiale Funken, der den Flächenbrand in der Venture-Capital-Branche auflodern ließ. Die Vergabe von Risikokapital geriet bereits viel früher ins Stocken: Die fortwährende Inflation, steigende Zinsen und ein Rezessionsumfeld sorgten für eine zögerliche Einstellung gegenüber Investitionen. Noch lange vor der Pleite der SVB, nämlich gegen Ende des vergangenen Jahres war das Investorenbarometer in Reaktion auf die steigenden Zinsen und die schwächelnde Wirtschaft um 25,6 Punkte auf -42,9 Punkte gesunken. Um beim anfänglichen Feuervergleich zu bleiben: Als die SVB ihre Anleihen verkaufen und einen Verlust von 1,8 Milliarden US-Dollar hinnehmen musste, goss sie Öl ins Feuer.
Die Einlagensicherungen hellen das Bild nur ein wenig auf. Die Volatilität der Finanzmärkte ist dadurch noch nicht gebremst. Es ist eine logische Schlussfolgerung, dass Venture-Capital-Gebende, Banken und Private-Equity-Investierende Vorsicht bei der Vergabe von Geldern walten lassen.
Fragt man übrigens ChatGPT, welche Auswirkungen die SVB-Pleite auf deutsche Start-ups hat, thematisiert die Künstliche Intelligenz etwas, das bereits Georg Simmel in seiner “Philosophie des Geldes” betonte: Vertrauen. ChatGPT: “Die Insolvenz von SVB hat auch das Vertrauen in den Venture-Capital-Markt insgesamt erschüttert.”
Umso wichtiger ist es, dass Start-ups ihre Finanzen nachhaltig im Griff haben, indem sie beispielsweise alternative Finanzierungsoptionen im Hinterkopf haben, einen Plan B und C aus der Schublade ziehen können und ihr Finanzmanagement Teil ihrer strategischen Planungen werden lassen.
Strategisches Finanzmanagement als wichtiges Instrument in volatilen Finanzmärkten
An dieser Stelle kommt das Finanzmanagement eines Unternehmens ins Spiel. Grob zusammengefasst, bewegt sich das Finanzmanagement im (Spannungs-)Feld von Mittelbeschaffung und -verwendung und kann, wie das “normale” Management auch, in zwei Ebenen gegliedert werden: Das operative und das strategische Finanzmanagement. Während beim operativen Finanzmanagement vor allem die Sicherung der Liquidität im Fokus steht, zielt das strategische Finanzmanagement auf die langfristige Erreichung der Unternehmensziele ab. In diesem Rahmen werden Prozesse fortlaufend bewertet und verbessert, um das Unternehmen langfristig und innerhalb vorgegebener Leitplanken zu entwickeln – und schlussendlich Unternehmensziele zu erreichen. Hier stehen beispielsweise die Kennzahlen des Kapitalbedarfs und der -struktur, der Finanzierungsquellen und der Gewinnverwendung im Vordergrund.
Die Bedeutung des strategischen Finanzmanagements für Start-ups, die häufig nicht an ihrem Ist-Zustand, sondern an ihren langfristigen Unternehmenszielen gemessen (und bewertet) werden, kann also nicht zu hoch genug sein. Darüber hinaus dürfen finanzielle Ad-hoc-Maßnahmen nicht die übergeordneten Ziele gefährden: Kurzfristige operative Probleme sollten so behandelt werden, dass sie die langfristige Vision und die unternehmerischen Ziele nicht behindern.
Die Frage “Inwiefern kann ich meine unternehmerischen Ziele noch erreichen, wenn mein VC wegbricht?” ist komplex und die Beantwortung mag nicht mit einem Meeting erledigt sein. Dennoch kann diese Erörterung für potenzielle Risiken sensibilisieren und auf den Flächenbrand vorbereiten.
Über den Autor
Franz Salzmann ist Gründer und CEO von Helu.io, dem deutschen Marktführer für einfaches und kollaboratives Finanzmanagement für Start-ups und mittelständische Unternehmen. Vor der Gründung von Helu.io begleitete Salzmann als Unicorn-Investor und ehemaliger Speedinvest Partner das Wachstum vieler erfolgreicher Scale-ups wie Wefox oder Adverity.
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