“Hab keine Angst vor anderen Startups, sie sind nicht dein Problem”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Hana Boppre, Gründerin des Pfälzer Beauty-Startups Dusa & Kamen.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Ein normaler Arbeitstag startet bei mir wenn die Kids in der Kita sind und dann blocke ich mir erstmal immer 1,5 Stunden in denen ich bzgl. Content, Videos oder Ads arbeite. Da es bei uns immer sein kann, dass wir spontan die Kids abholen müssen oder sie krank sind versuche ich meinen Fokus auf die eine wichtige Sache zu legen, die uns an dem Tag weiter nach vorne bringt. Danach bearbeite ich die Kundenanfragen per WhatsApp, da wir die Kunden sehr persönlich betreuen ist das dann meistens auch per Sprachnachricht.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Recht spät. Meistens machen wir eine Pause von 17:30-20:30, da steht Abendessen, Spielen und Geschichten vorlesen mit den Kindern im Vordergrund. Wenn die Kleinste im Bett ist, bearbeite ich noch E-Mails und Kundenanfragen und am Ende des Tages steht das Abendritual mit Gua Sha Massage, da verfliegt der Stress und es fühlt sich dann auch endlich nach “Feierabend” an.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Heute würde ich, glaube ich, erst gründen, wenn meine Kinder aus dem gröbsten raus sind, so mit fünf bis sechs Jahren. Die Doppelbelastung mit kleinen Kindern und Startup ist schon unfassbar hoch. Hilfe vom Staat gibt es leider wenig bis keine. Die guten Tage funktionieren immer gerade so, aber wenn mal was passiert, Kita-Schließtage, Krankheit etc. geht alles drunter und drüber und die Firma bleibt da einfach auf der Strecke. Wir haben das nur irgendwie mit sehr viel Unterstützung unserer Eltern gemeistert, wenn ich das nochmal machen müsste, würde ich die Zeit mehr genießen und das Startup später machen, aber wenn man jung ist will man alles haben und vergisst, dass diese wichtigen Jahre nicht zurückkommen.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Mich vor der Kamera zu zeigen – ich fühle mich eigentlich am Schreibtisch oder Labor wohler und würde mich am liebsten nur auf die Produktentwicklung konzentrieren. Aber heute steht man als Gründer:in auch stark im Fokus, muss ständig zeigen, dass man alles hinbekommt. Und gerade im Beauty Bereich hat man ständig das Gefühl perfekt sein zu müssen, weil man ja die Marke repräsentiert, aber ich bin ja auch ein Mensch und krieg mal ein Pickel oder fühle mich nicht gut und dann musst du eben trotzdem vor die Kamera. Das ist besser geworden, aber lieben werde ich es, glaube ich, nie.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Zu viel Fokus darauf, was andere machen und keinen Fokus bei der eigenen Strategie. Dafür haben wir viel Lehrgeld bezahlt. Natürlich wollten wir auch bei großen Shops oder Ketten im Regal stehen, aber das kostet natürlich, die ganzen Anforderungen lenken dich am Ende davon ab, was am Anfang das wichtigste ist: Kundenverständnis. Was wollen die Kundinnen, was suchen sie und wie können wir ihnen bestmöglich helfen ihre Ziele zu erreichen? Gerade wenn du wie wir alles aus eigenen Mitteln hast, heißt es Fokus, Fokus, Fokus und nicht auf zu vielen Hochzeiten tanzen.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Start-up?
Aktuell aus dem Bekanntenkreis. Wir haben angefangen uns im Lager und beim Versand Unterstützung zu holen, wir sind noch nicht so weit, als dass sich ein komplettes Fulfillment für uns lohnt.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Hab keine Angst vor anderen Startups, sie sind nicht dein Problem. Der Kuchen ist groß genug, arbeitet zusammen und tauscht euch aus, oftmals haben wir Gründer:innen die gleichen Probleme, Wünsche und Hoffnungen. Ich mag ja den Satz von Marcus Diekmann sehr gerne: “Gemeinsam nach vorne”, da steht man sich als Gründer:in oftmals selbst im Weg.
Ohne welches externes Tool würde dein Start-up quasi nicht mehr existieren?
WhatsApp Business – 90% der Kundenanfragen läuft darüber und unsere Kundinnen lieben den persönlichen Support.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Gutes Essen von meinem Papa und ein Glas Wein im Lager – unser Team ist noch recht klein deshalb reicht das noch aus.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Da gabs mehrere, für mich persönlich war es, glaube ich, als wir 2 Monate, nach dem wir auf dem Markt waren, von Sephora angesprochen wurden, da dachte ich, ok wir haben es geschafft. Leider ist das dann alles wegen Corona nichts mehr geworden. Aber auch letztes Jahr im Oktober, als wir mit PaidAds gestartet sind und plötzlich ausverkauft waren. Innerhalb von wenigen Wochen kamen dann hunderte Vorverkäufe rein. Das war echt chaotisch. Johannes mein Mann und Lagerheld ist dann direkt in die Produktion gefahren und hat nachts im Hotelzimmer über einer Kegelbahn hunderte von Pakete gepackt und am nächsten Morgen Kistenweise bei einem kleinen Kiosk in Dortmund abgegeben. Da hab ich das erste Mal gefühlt: Ok, das geht hier jetzt richtig los!
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.