“Nimm nicht zu viele Tipps an!”
Das Berliner Unternehmen Mika, das 2017 von Gandolf Finke und Jan Simon Raue gegründet wurde, setzt auf eine digitale Therapiebegleitung für Krebspatient:innen. “Eine Krebsdiagnose stellt das Leben auf den Kopf. Mika ist eine App, die bei der Anpassung an dieses neue Leben hilft und Dich auf Deinem Weg durch die Krebstherapie begleitet. Du kannst Deine Nebenwirkungen im Blick behalten, bleibst besser informiert und lernst, leichter mit der Erkrankung und Folgeerscheinungen umzugehen”, erklärt Gründer Gandolf Finke das Konzept.
Das Schweizer Biotech-Unternehmen Debiopharm, Ship2B Ventures aus Spanien und Venture Capital-Geber EquityPitcher sowie Altinvestor Ananda Impact Ventures investierten zuletzt 10 Millionen Euro in Mika. Derzeit arbeiten rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Mika. “Unsere Firma konnte bereits über 80.000 Krebspatient:innen auf ihrem Weg unterstützen”, sagt Finke. Im Interview mit deutsche-startups. spricht der Mika-Macher außerdem über Achtsamkeit, Tipps und Großbritannien.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Mika erklären?
Eine Krebsdiagnose stellt das Leben auf den Kopf. Mika ist eine App, die Dir bei der Anpassung an dieses neue Leben hilft und Dich auf Deinem Weg durch die Krebstherapie begleitet. Du kannst Deine Nebenwirkungen einfacher im Blick behalten, bleibst besser informiert und lernst, leichter mit der Erkrankung und Folgeerscheinungen umzugehen. Du bekommst verlässliches Expertenwissen, praktische Tipps und Kursprogramme – inklusive Audio- und Videoübungen – zu verschiedenen Themen wie Ernährung, Bewegung und Achtsamkeit an die Hand. So kann die App Dir zu mehr Wohlbefinden verhelfen. Dabei passt sich Mika an Dich, Deine Krankheit und Deinen individuellen Verlauf an. Denn: Jeder Mensch ist anders und durchläuft die Krebserkrankung und Therapie individuell.
War dies von Anfang an euer Konzept?
Wir hatten von Anfang an das Ziel, Menschen mit Krebs auf diesem schwierigen Weg zu unterstützen. Wie vielseitig diese Themen sind und was Patient:innen wirklich bewegt, haben wir natürlich erst auf dieser Reise gelernt – insbesondere von Mika-Nutzer:innen via Interviews und Analysen von Real World Data aus der App.
Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Für Patient:innen und Ärzt:innen ist die Mika-Plattform komplett kostenfrei. Wir arbeiten mit verschiedenen Herstellern – Medikamente, Medizinprodukte – im Rahmen spezifischer Programme rund um das Profil ihrer Produkte zusammen, etwa im Hinblick auf die Erinnerung an Pilleneinnahmen oder wichtige Informationen zu Lagerung, Unverträglichkeiten etc. Wusstest Du zum Beispiel, dass man während bestimmter Chemotherapien den Nutzen der Medikamente negativ beeinflusst, wenn man Grapefruit isst?
Wie ist überhaupt die Idee zu Mika entstanden?
Mein Mitgründer Jan Simon und ich hatten beide Menschen in ihrem persönlichen Umfeld, die von Krebs betroffen waren. So haben wir miterlebt, was diese Menschen durchmachen müssen. Als wir uns näher mit dem Thema beschäftigten, stellten wir fest, dass gerade die psychischen Belastungen enorm sind. Etwa ein Drittel der Krebspatient:innenen ist so stark belastet, dass dies als Depression oder Angststörung diagnostiziert werden kann. Und die Versorgung in diesem Bereich ist absolut nicht ausreichend. Zusätzlich gibt es bereits Evidenz für die Wirksamkeit digitaler Interventionen in der Onkologie, etwa mit dem Effekt einer Verlängerung der Überlebenszeit oder Verbesserung der Adhärenz von Krebspatient:innen.
Wie hat sich Mika seit der Gründung entwickelt?
Unsere Firma beschäftigt derzeit knapp 50 Mitarbeitende und konnte bereits über 80.000 Krebspatient:innen auf ihrem Weg unterstützen.
Zuletzt konntet ihr 10 Millionen einsammeln. Wie seid ihr mit euren Investor:innen in Kontakt gekommen?
Das ist natürlich sehr verschieden – unseren größten Investor der letzten Runde kennen wir schon etwas länger und zuletzt hatten wir dann intensivere Gespräche auf einer Konferenz.
Derzeit expandiert ihr nach Großbritannien. Warum zieht es euch gerade jetzt auf die Insel?
In Großbritannien gibt es einen enormen Bedarf für Patient:innenunterstützung. Im NHS-System gibt es lange Wartezeiten zwischen Diagnosestellung und dem Beginn der Krebsbehandlung. Gleichzeitig gibt es dort eben leider auch viele – konkret: über drei Millionen – Krebspatient:innen. So ist insgesamt der Bedarf enorm hoch und die Versorgung besonders nachteilig für Patient:innen.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir waren die erste DiGA in der Onkologie. Das heißt, wir wurden von allen Krankenkassen in Deutschland erstattet. Leider wurde das System so patient:innenunfreundlich entwickelt, dass wir auf diesem Wege nur sehr wenige Menschen unterstützen konnten und es gleichzeitig für alle anderen unzugänglich machen mussten. Wir haben das ein Jahr lang ausprobiert und uns entschlossen, diesen Pfad nicht weiter zu verfolgen, da das Modell für uns nicht skaliert. Das Modell funktioniert besser in Krankheitsbildern, die einheitlicher sind – Krebs umfasst ja über 100 verschiedene Erkrankungen mit jeweils verschiedenen Belastungen, Patient:innenprofilen und auch Behandlungsteams.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben ein unglaublich tolles, motiviertes und professionelles Team, das hier jeden Tag von dem Gedanken angetrieben ist, Krebspatient:innen zu unterstützen. Dazu scheint unsere Lösung den Zahn der Zeit zu treffen, und unser Produkt konnte in klinischen Studien bereits beeindruckende Effekte auf die Belastung der Krebspatient:innen vorweisen.
Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Nimm nicht zu viele Tipps an!
Wo steht Mika in einem Jahr?
Wir werden unseren Footprint international vergrößert haben, unser Produkt wird weiter verbessert sowie durch neue Features ergänzt sein, und wir werden weitere spannende Partnerschaften geschlossen haben. Stay tuned!
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