Nachfolge bei Startups: Was Gründer beachten sollten
Das Bild des Senior-Chefs, der sein unternehmerisches Lebenswerk in die Hände seines Nachwuchses übergibt, spiegelt längst nicht mehr alle Nachfolgeregelungen wider. Den wohl stärksten Kontrast zu diesem Klischee bilden Seriengründer – meist jüngere Unternehmer, die ein Startup nach dem nächsten gründen und folglich regelmäßig vor die Nachfolgefrage gestellt werden. Diese, aber auch „Erst“-Gründer, profitieren von einer frühzeitigen Auseinandersetzung mit der Nachfolgethematik.
Risiko „Ein-Mann-Unternehmen“
Auch bei einem Startup kann mangelnde Vorbereitung eine potenzielle Nachfolgeregelung verkomplizieren oder die Unternehmensübergabe gänzlich verhindern. Ein wesentlicher Faktor ist hierbei die Bedeutung des Gründers für das Startup. Denn gerade Erstgründer neigen dazu, keine klare Trennlinie zwischen ihrer Person und dem Unternehmen zu ziehen. Mit der ungünstigen Folge, dass mit dem Ausscheiden des Gründers für das Startup wichtige, personengebundene Geschäfts- und Investorenbeziehungen wegbrechen könnten. Sollte zusätzlich das Produkt bei den Kunden zu stark mit der Person des Gründers verknüpft sein, könnte das Geschäftsmodell mit dem Gründerexit im schlimmsten Fall kollabieren. Jungunternehmer sollten daher unbedingt von Anfang an darauf achten, das Startup weitestgehend personenunabhängig als eigenständige Marke zu etablieren. Bezogen auf die Geschäftsbeziehungen könnte dies beispielsweise bedeuten, einen oder mehrere Kollegen früh miteinzubeziehen, sodass ein fließender Übergang im Falle eines Exits möglich ist.
Nachfolgevarianten: Welches Ziel verfolge ich?
Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der Nachfolgethematik führt zudem dazu, dass sich Gründer über ihre eigenen Ziele klar werden und so die passende Nachfolgestrategie wählen können.
Ist der vollständige Ausstieg aus dem Startup das Ziel, eignet sich der Verkauf sämtlicher eigener Unternehmensanteile. Der Gestaltungsspielraum für den Gründer liegt hierbei in der Wahl des Käufers. Mögliche Varianten stellen hierbei der Verkauf an bestehende Gesellschafter in Form eines Leveraged Buy Outs (LBO) sowie der Verkauf an Mitarbeitende im Rahmen eines Management Buy Outs (MBO) dar. Letzterer kann emotional einer familieninternen Nachfolge nahekommen, denn durch die bisherige intensive Zusammenarbeit wurde oftmals bereits ein solides Vertrauensverhältnis geschaffen und sensible Informationen verlassen nicht das Unternehmen. Allerdings erfordert diese Lösung geeignete, managementerprobte Mitarbeitende. Auch hier kommt Gründern frühzeitiges Handeln zugute, wobei ausgewählte Mitarbeitende durch eine zunehmende Einbindung in die Geschäftsleitung auf eine potenzielle Nachfolge vorbereitet werden können. Daneben steht Gründern auch ein Merger oder Börsengang (IPO) als Nachfolgestrategie offen, welche aufgrund der hohen Anforderungen allerdings nur sehr selten zu beobachten sind. Finden sich Unternehmen oder Wettbewerber, die über das zu veräußernde Startup in den Markt einsteigen möchten, so ist auch ein Trade-Sale in Erwägung zu ziehen.
Verfolgt ein Gründer hingegen das Ziel, seinen Einfluss auf die weitere Unternehmensentwicklung vorerst oder auch dauerhaft zu erhalten, so kann er auf zwei Wegen einen Teil-Exit realisieren. Zum einen, indem er nur einen Teil seiner Anteile veräußert und so eine Balance zwischen Einflusserhalt und Ausstieg schafft – natürlich unter Berücksichtigung der Käuferpräferenzen. Zum anderen können Gründer die operativen Tätigkeiten abgeben, so ihre Rolle als Gesellschafter mit den entsprechenden Stimmrechten wahren und gleichzeitig den gewünschten zeitlichen Freiraum generieren. Das operative Geschäft kann dabei sowohl an einen externen Geschäftsführer als auch an Mitarbeitende übergeben werden.
MBOs – Kapital, Expertise und Netzwerk
Haben sich die Gründer im Rahmen der Nachfolgeregelung für einen MBO entschieden, so müssen sich die künftigen Geschäftsführer über dessen Finanzierung Gedanken machen. Denn gerade bei MBOs handelt es sich bei den Käufern in der Regel um weniger kapitalstarke Investoren. Unter der Voraussetzung, dass das Startup bereits Gewinn erwirtschaftet und die Kapitaldienstfähigkeit gewährleistet ist, bildet bei MBOs Fremdkapital – in Form klassischer Bankkredite – die Finanzierungsbasis. Das benötigte Eigenkapital wird in der Regel über Beteiligungsgesellschaften bezogen. Häufig kommt hier u.a. Mezzaninekapital zum Einsatz, wobei zunächst eine Erwerbsgesellschaft gegründet und anschließend dem Kaufpreis entsprechend kapitalisiert wird. Was zunächst wie eine Hürde klingt, stellt für die meisten Gründer eine Chance und wertvolle Hilfestellung dar: Neben dem Kapital erhalten sie Zugang zur Expertise der Beteiligungsgesellschaften und können so die typischen Fehler in Nachfolgeprozessen vermeiden. Für die Käufer bietet die Kooperation zudem den Vorteil, zu einem späteren Zeitpunkt vom breiten Netzwerk der Beteiligungsgesellschaft profitieren zu können.
Über den Autor
Steffen Huth ist Diplom-Kaufmann und seit 2021 Geschäftsführer der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH. Als 100-prozentige Tochtergesellschaft der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba) ist die BMH aktiv in die Wirtschaftsförderung des Landes Hessen eingebunden. Die mittelständische Beteiligungs- und Venture-Capital-Gesellschaft bündelt die öffentlichen Beteiligungsinteressen und Finanzierungsinstrumente für Frühphasen-, Wachstums- und Mittelstandsunternehmen in Hessen. BMH unterstützt kleine mittelständische Unternehmen (KMUs) und Start-ups bei der Finanzierung von Innovations-, Forschungs- und Wachstumsvorhaben, beim Unternehmenskauf- und -verkauf sowie bei der Umsetzung von Nachfolgeregelungen.
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