Die Energiewende muss einfacher werden
Ich arbeite seit 1999 im Bereich der erneuerbaren Energien, heute mit Fokus auf Photovoltaik. In den letzten 20 Jahren ist einiges passiert – und dennoch viel zu wenig. Wir stehen uns als Gesellschaft immer wieder selbst im Weg, mit einer Energiewende echten Klimaschutz, wettbewerbsfähige Stromkosten und eine hohe Versorgungssicherheit herbeizuführen.
Seit nunmehr zwei Dekaden wird moniert, dass eine konstante Versorgung durch erneuerbare Energien aufgrund von fehlenden Speichertechnologien nicht möglich sei. Das wird nicht nur immer fragwürdiger, weil es für viele Bereiche mittlerweile innovative Speicherlösungen gibt – aus meiner Sicht stellt sich hier aber eine tiefergehende Frage. Nämlich die nach unserer Haltung.
Wir stecken inmitten einer Energiekrise und wundern uns über uns selbst. Wer konnte ahnen, dass es so weit kommen würde? Sind wir selbst schuld oder sind wir Opfer geopolitischer Kräfte, die wir kaum beeinflussen können? Warum haben wir nicht klüger gehandelt?
Die Antworten auf einige dieser Fragen sind kompliziert. Aber was hat es uns in all den Jahren gebracht, so viel Zeit über die Abwesenheit von Innovation zu reden, anstatt die Voraussetzungen dafür zu schaffen? Das sollten wir als Absender des German Engineerings doch eigentlich können. Stattdessen hat man die Solarindustrie durch absurde Gesetzgebungen und komplexe Bürokratie “unverständlicherweise kaputtgehen lassen”, wie es Bundeswirtschaftsminister Habeck trocken zusammenfasst.
Ich spare mir an dieser Stelle den Kommentar, warum es immer wieder zu einer selbst für Profis undurchsichtigen Gesetzgebung kommen konnte, und konzentriere mich hingegen darauf, was wir ganz pragmatisch tun können. Es gibt nämlich Lösungen, wie wir schneller vorankommen.
Meine Kernforderung dabei ist: die Energiewende muss einfacher werden.
Wir müssen bürokratische Komplexität verringern, unternehmerische Risiken senken und die Finanzierbarkeit vereinfachen.
Als Unternehmer bin ich selbst dazu angetreten, die Verfügbarkeit von grüner Energie zu skalieren. Schnell, technologisch und profitabel. Energie muss auf einem einfachen Prinzip beruhen.
Eine Grundherausforderung für den heutigen Ausbau ist, dass es dafür wesentlich mehr Nutzflächen geben muss. Diese befinden jedoch zumeist im Besitz von Privatpersonen und Gewerbetreibenden. Viele von diesen wünschen sich die Nutzung von grünem Strom, können sich die Investition in die notwendige Hardware aber faktisch nicht leisten. Im ersten Schritt braucht es also ausgereiftere Business Modelle, die es ermöglichen, dass andere Marktteilnehmer diese Investitionskosten übernehmen. Selbst aktuelle Pachtmodelle reichen hier nicht aus, um der Skalierung die notwendige Attraktivität zu verleihen. Es muss für den Flächenbesitzer noch einfacher sein.
Wenn das geschafft ist und eine ausreichend große Anzahl kleiner Kraftwerke auf tausenden Dächern über unsere Städte verteilt die Produktion übernehmen, kann man aus den vielen kleinen Anlagen ein großes virtuelles Kraftwerk machen. Dieses produziert dann in Summe mehr Energie als die einzelnen Erzeuger selbst nutzen. Der Vorteil dabei ist, dass dieser überschüssige Strom dann gewinnbringend an der Energiebörse verkauft und damit stetig wachsende Gewinne erzielt werden können. Hier gibt es bereits intelligente Software um den Stromhandel zuverlässig und effizient abzuwickeln.
Durch über 20 Jahre Expertise im Photovoltaik-Segment kenne ich alle Bottlenecks des schnellen Baus von Anlagen und alle davon lassen sich mit unternehmerischem Geschick lösen. Hierzu gehört neben smarter Software auch die ständige Weiterentwicklung relevanter Prozesse, langfristigen Partnerschaften zur Absicherung wichtiger Modul-Lieferkette und die zuverlässige Zusammenarbeit mit landesweiten Handwerkerbetrieben zur qualitativ hochwertigen Umsetzung der Anlagen. Nur so kann eine Projekt-Pipeline stetig wachsen und bald die Diskussion über Atom- und fossile Energiekraftwerke beenden.
Schon 1999 habe ich verstanden, dass die Erzeugung von Elektrizität auch im Einklang mit der Natur möglich ist. Was ich seit über 20 Jahren aber nicht verstehe: warum tun wir es nicht, wenn es geht?
Ich glaube an Technologie, Fairness und unternehmerisches Können. Ich wünsche mir, dass wir in Deutschland wieder stärker zu diesen Grundsätzen zurückkommen, anstatt uns über eine Situation zu wundern, die wir hätten verhindern können.
Über den Autor
Martin Kofler ist Founder und CEO von GreenRock Energy.
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