“Auf jeden Rausch folgt in der Regel ein Kater”
Das Berliner FinTech Billie, 2016 von Senftleben sowie den Zencap-Gründern Christian Grobe und Matthias Knecht gegründet, setzt auf Buy Now, Pay Later-Lösung. Zu den Investoren der Jungfirma gehören unter anderem Hedosophia, Tencent, Klarna, Rocket Internet, Creandum, Speedinvest und Picus Capital. Zuletzt sammelte das Unternehmen 100 Millionen US-Dollar ein. 180 Mitarbeiter:innen arbeiten derzeit für das Unternehmen.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Billie-Gründer Christian Grobe einmal ausführlich über das kürzlich abgelaufene Jahr.
2022 ist gerade rum. Was war das Highlight im vergangenen Jahr bei Euch?
Das Jahr 2022 war eines der erfolgreichsten in der Geschichte von Billie. Ein besonderes Highlight ist für mich, dass wir jetzt – nachdem wir in den vergangenen Jahren technologische Pionierarbeit im Aufbau der ersten Buy Now, Pay Later-Lösung (BNPL) für B2B geleistet haben – endlich mit Stolz sagen können: Das Thema BNPL für den Handel zwischen Unternehmen kommt langsam im Mainstream an. Über 200.000 Firmen haben allein dieses Jahr mit Billie online gezahlt, führende Marken wie z. B. Hornbach oder GRAVIS haben unsere Bezahllösung mittlerweile in ihrem Online-Checkout integriert. Auch findet unser Produkt immer mehr Nachahmer. All das bestätigt uns darin, dass wir einen Nerv der Zeit getroffen haben.
Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf diese Eiszeit?
Auf jeden Rausch folgt in der Regel ein Kater – unter Umständen kann dieser aber auch sehr heilsam sein. Entsprechend gemischt blicke ich auf die derzeitige Situation. Weil viele Startups zu optimistische Zukunftserwartungen hatten, haben sie ihre Ziele sehr hoch gesteckt, über ein gesundes Maß hinaus neue Stellen geschaffen und Marketingausgaben nach oben geschraubt. Die Korrektur dieser Entwicklung ist für alle Beteiligten schmerzhaft. Gleichzeitig sehe ich in dieser schwierigen Zeit die Chance, aus Fehlern zu lernen und uns für die Zukunft wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren: innovative Services und Produkte, die jenseits von Marketingnebelkerzen echten Mehrwert schaffen.
Wie lief 2022 wirtschaftlich für Euch – habt ihr alle eure Ziele erreicht?
Wie für alle Startups, war 2022 auch für uns herausfordernd – insbesondere, weil das Thema BNPL für Privatverbraucher dieses Jahr stark im Fokus der Kritik stand. Wir haben das Jahr deshalb genutzt, um zu zeigen, dass Billies BNPL-Lösung einen Mehrwert für Geschäftskunden schafft. Zudem haben wir uns dazu entschieden, uns voll und ganz auf das Thema B2B E-Commerce zu konzentrieren und unser digitales Factoringangebot einzustellen. 2021 noch hat dies einen Großteil unseres Umsatzes ausgemacht – unser Kernziel war es deshalb, den Verlust dieses Umsatzes durch Ausweitung unseres BNPL-Geschäfts weitgehend zu neutralisieren. Im Großen und Ganzen ist uns das gut gelungen. Und das Wichtigste: Wir haben gezeigt, dass BNPL ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit gesunden Margen ist und nicht – wie von zahlreichen Kritikern behauptet – ein Zuschussgeschäft, das nur bei einem riesigen Zahlungsvolumen funktioniert.
Was lief 2022 bei Euch nicht rund?
Trotz unserer Erfolge gibt es noch viel zu tun. Im Vergleich zu unseren Kollegen aus dem B2C-Segment stehen wir mit BNPL für Geschäftskunden noch am Anfang. Schließlich hat erst die Corona-Pandemie dazu geführt, dass auch B2B-Händler den Mehrwert eines Online-Shops mit modernem Einkaufserlebnis für sich entdeckt haben. Entsprechend müssen wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten, wenn es darum geht, zu erklären, wie der alte Rechnungskauf – die Standardzahlungsmethode in der B2B-Welt – in ein modernes BNPL-Angebot überführt werden kann. Viel zu viele Händler gehen davon aus, dass sie ihre alten Offline-Prozesse einfach ins Netz übertragen können und vergleichen BNPL-Angebote mit klassischem Factoring. Dies führt unter anderem dazu, dass viele Händler versuchen, ein BNPL-Angebot in-house zu entwickeln. Diese Zahllösungen sind aber häufig von Medienbrüche und langen Freigabeschleifen geprägt. Die verschiedenen Verkaufskanäle, wie Onlineshop, Televertrieb und das Ladengeschäft, werden nicht digital miteinander verzahnt, was zu langen Wartezeiten und viel händischer Arbeit auf der Käuferseite führt. Obwohl wir zu diesen Händlern zunehmend durchdringen, ist es uns noch nicht ausreichend gelungen, klarzumachen, dass sie in der Regel besser fahren, wenn sie mit einem modernen, spezialisierten Anbieter wie Billie zusammenarbeiten.
Welches Projekt steht bei Euch für 2023 ganz oben auf der Agenda?
Wir möchten unsere Marktführerschaft weiter ausbauen. Dabei verfolgen wir unsere Mission, den Einkauf für alle Unternehmen zu vereinfachen: Wir wollen allen Firmenkunden einen reibungslosen Prozess und Zugang zu ihrer bevorzugten Zahlungsart bieten, egal wann und wo sie einkaufen. Dazu werden wir im kommenden Jahr weitere Partnerschaften mit führenden Zahlungsdienstleistern verkünden, innerhalb Europas expandieren und neue Funktionen rund um das Thema Omnichannel freischalten.
Tipp: Mehr Rück- und Ausblicke findet ihr in unserem Jahresrückblick.
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