#Gastbeitrag
Kapitalsuche während der Wirtschaftskrise: Tipps für mehr Erfolg im Pitch
Die derzeitige Wirtschaftslage ist geprägt durch Krisen, Inflation und einer möglichen Rezession. Die Umstände erschweren die Kapitalsuche für Unternehmen erheblich. Aus dem aktuellen Startup Barometer von EY geht hervor, dass der Gesamtwert der Investitionen im ersten Halbjahr 2022 um 20 % gesunken ist, die Anzahl an Finanzierungsrunden sank um 7 %. Diese Entwicklungen zeigen, dass es in Sachen Unternehmensfinanzierung für Gründerteams zunehmend herausfordernd wird, neues Kapital einzusammeln. Trotz der Problematiken am Markt ist es jedoch nicht unmöglich, Finanzierungsrunden erfolgreich abzuschließen: Unternehmen müssen allerdings mit veränderten Anforderungen rechnen und ihnen bewusst begegnen.
Rentabilität statt Wachstum
In einem von Krisen geprägten Marktumfeld müssen Startups ihr Angebot ändern. Der Schwerpunkt liegt unter den aktuellen wirtschaftlichen Umständen mehr auf Rentabilität als auf Wachstum.
Unabhängig von Wachstumsaussichten müssen Gründerteams bedenken, dass sich die möglichen Investoren nun deutlich mehr Gedanken über die Sicherheit ihrer Investments machen. Erwägen Kapitalgeber in ein Unternehmen zu investieren, stellen sie sich die Frage, was mit der Investition passiert, wenn das Startup nicht in der Lage ist, weitere Finanzierungsrunden aufzubringen. Es ist also aktuell besonders wichtig, potenziellen Investoren deutlich zu machen, dass das Geld auch in Zukunft reichen wird. Grundsätzlich herrscht die Annahme vor, dass sich Märkte irgendwann erholen werden. So müssen Startups in der Lage sein zu überleben, bis das “irgendwann” Realität wird und dies potenziellen Investoren deutlich machen. Wollen Unternehmen in dem derzeitigen Marktumfeld Finanzierungsrunden erfolgreich abschließen, müssen sie das Storytelling ihrer eigenen Geschichte entsprechend der oben beschriebenen Gegebenheiten verändern. Dabei sollte ihnen eines stets klar sein: Bewertungen können niedriger als erwartet ausfallen. Sie müssen daher bereit sein, vermehrt Rückschläge einzustecken.
Im Pitch gilt also: Präsentiert eine Strategie zur Erhaltung der Liquidität, die zeigt, dass das euer Unternehmen jede Rezession oder wirtschaftliche Turbulenz überleben kann.
No Risk, no Fun: Die Wirtschaftslage kann auch Chancen bergen
Fallen Fundraising-Pläne eines Unternehmens mit einem wirtschaftlichen Abschwung zusammen, könnte die erste Reaktion darin bestehen, die Runde zu verschieben oder ganz abzusagen. Doch im wirtschaftlichen Abwärtstrend liegt eine große Chance: Wenn alle anderen (konkurrierenden) Unternehmen ihre Ziele herunterschrauben, sollten Gründer dieses Verhalten nutzen: Sie sollten den Sprung nach vorne wagen, mutig entgegen einer Verschiebung der Finanzierungsrunde handeln und sich so von Startups abzusetzen, die zu einem eher konservativen Rückzug tendieren. Ist die Geldbeschaffung schwierig, könnte die beste Strategie darin bestehen, härter an der Geldbeschaffung zu arbeiten, bereit zu sein, mehr aufzugeben, und darauf zu setzen, dass die Dinge nicht so schlecht laufen werden, wie viele es vorhersagen. Keine Strategie ist risikolos, und Gründerteams könnten sich irren – wenn sie nicht bereit sind, gewisse Risiken einzugehen, könnten sie bei der Kapitalbeschaffung eine große Chance verpassen.
Vorsicht bei Venture Capital Unternehmen
VCs bringen oft wertvolle Ressourcen und Erfahrungen mit, die Unternehmen helfen, schnell zu wachsen und sich auf dem Markt zu behaupten. Für manche ist dieser Weg sicherlich ein kluger Schritt, aber die Beteiligung von VCs birgt besonders in der aktuellen Lage auch Nachteile.
VCs müssen ihr eigenes Unternehmen führen und haben ihre eigenen Geschäftsmodelle. Manchmal können ihre eigenen Interessen und die Interessen ihrer Portfoliounternehmen auseinandergehen. Wenn ein Unternehmen erwägt, Geld von einem Risikokapitalgeber anzunehmen, sollte vorher gründlich geprüft werden, inwieweit ihre Interessen voneinander abweichen könnten. Außerdem neigen Venture Capital Unternehmen häufig dazu, negativ auf Marktveränderungen zu reagieren und einer Herdenmentalität zu folgen. Daher werden ihre Entscheidungen oft mehr davon beeinflusst, mit anderen VCs Schritt zu halten, als davon, was im besten Interesse der einzelnen Unternehmen ist, in die sie investiert haben. Hier sollten Unternehmen hinsichtlich des aktuellen Marktumfelds also besonders achtsam sein. Daher kann es sich je nach Stadium und Kapitalintensität eines Startups lohnen, andere Wege der Kapitalbeschaffung: etwa die Aufnahme von Fremdkapital zu prüfen.
Fazit
Die derzeitige und künftige Wirtschaftslage ist nach wie vor mit großer Unsicherheit behaftet. Das bedeutet, dass Unternehmen bei der Kapitalbeschaffung flexibel sein müssen. Jedoch sollten Gründer nicht automatisch den Kopf in den Sand stecken, sondern sich den aktuellen Bedingungen anpassen. Unternehmen sollten bei der Kapitalsuche und in Pitches bewusst dem Kredo “Rentabilität statt Wachstum” befolgen, um potentiellen Geldgebern Sicherheit zu vermitteln. Außerdem zählt: Gerade jetzt könnte Kapital von einem VC kontraproduktiv sein: Unternehmen sollten dort vorsichtig sein und andere Wege wie die Beschaffung von Fremdkapital in Erwägung ziehen. Letztendlich ist Flexibilität entscheidend – Gründer sollten das tun, was für ihr Unternehmen und dessen finanzielle Bedürfnisse am besten ist, auch wenn das bedeutet, dass sie einen ungewöhnlichen Weg gehen und eventuell ein Risiko eingehen.
Über den Autor
David Friend ist Mitbegründer und CEO von Wasabi Technologies, ein amerikanisches Hot-Cloud-Storage-Unternehmen, welches seinen Kunden eine schnelle, zuverlässige und kostengünstige On-Demand-Lösung zur Cloud-Speicherung anbietet. Als erfahrener Serienunternehmer hat David Friend insgesamt sieben Technologie-Startups gegründet, darunter neben seinem ersten Unternehmen, ARP Instruments, gründete Friend fünf weitere (mit): ComPictures Corporation, Pilot Software, Faxnet, Sonexis und Carbonite. David Friend machte seinen Abschluss in Yale und besuchte die Princeton University Graduate School of Engineering, wo er ein David Sarnoff Fellow war.
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