Von Team
Donnerstag, 17. November 2022

So gelingt eine Gründung in finanziell schwierigen Zeiten

Die Rennfahrerlegende Ayrton Senna sagte einmal: “Bei Sonnenschein kann man keine 15 Autos überholen. Aber bei Regen schon.” Dieses Zitat teilte Sequoia Capital seinen Gründern mit, als die Märkte zu kippen begannen. Ein Gastbeitrag von Matthias Kuss.

Aller Anfang ist schwer. Dies gilt insbesondere für die Unternehmensgründung, die geprägt ist von hohen Unsicherheiten und einem mitunter signifikanten finanziellen Einsatz. In “normalen” Zeiten ermöglicht die Beteiligung von Risikokapitalgebern eine gewisse Begrenzung des Risikos. In der aktuellen Situation jedoch, die von Krieg, Inflation, unklaren Bewertungen insbesondere digitaler Unternehmen und hohen Zinsen geprägt ist, liegen die Dinge anders. Wagniskapitalgeber sind derzeit sehr zurückhaltend. Eine beunruhigende Entwicklung, denn innovative digitale Lösungen für die Probleme unserer Zeit werden dringend gebraucht. Und gerade Krisen bieten schließlich nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Die Rennfahrerlegende Ayrton Senna sagte einmal: “Bei Sonnenschein kann man keine 15 Autos überholen. Aber bei Regen schon.” Dieses Zitat teilte Sequoia Capital seinen Gründern und der Start-up-Community im Mai 2022 mit, als die Märkte zu kippen begannen. Dieser Gastbeitrag erläutert, wie Geschäftsmodelle trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage unkompliziert am Markt getestet werden können.

Bootstrapping macht unabhängiger von Investoren

Eine Möglichkeit der Finanzierung abseits der Investorensuche bietet das Bootstrapping. Hierbei wird die Geschäftsidee durch eigene Mittel – wie das persönliche Einkommen oder Erspartes – finanziert. Oft sind Gründer:innen, die dieses Modell nutzen, noch bei einem anderen Unternehmen angestellt, um in der Anfangsphase den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Beim Bootstrapping ist es essenziell, die Betriebskosten so niedrig wie möglich zu halten. Daher werden Ideen zunächst simuliert, um die Kundenperspektive zu erhalten. Häufig wird hierfür ein “Painted Door Test” durchgeführt, also das Setup einer Website erstellt, das den Prozess bis zum Kauf simuliert. So wird ein Modell auf der Nachfrageseite getestet. Bei komplexeren Ideen wie z. B. Marktplätzen stoßen diese Tests allerdings an ihre Grenzen. Denn die Bewertung der darauf folgenden Herausforderungen – die operative Umsetzung des Konzepts, die Konvertierung auf den verschiedenen Seiten des Marktplatzes etc. – bleibt ungelöst. Einzige Möglichkeit: tiefer in das Geschäftsmodell eintauchen und dieses testen.

Unkomplizierte White-Label-Lösungen in der Telemedizin

Es bedarf also einer Möglichkeit, das Geschäftsmodell einfach, aber vollständig aufzusetzen. Deshalb geht der Trend immer mehr in Richtung des Out-of-the-box-Prinzips. Hierzu stellen Platform-as-a- Service-Provider die notwendige Umgebung zur Verfügung, die mit geringem Aufwand an die Anforderungen der einzelnen Kund:innen angepasst wird. In den Bereichen E-Commerce, Social Networks oder der Videoberatung findet das Modell bereits Verwendung. Beispielsweise nutzt das junge Start-up VetGuru, ein Anbieter von telemedizinischen Dienstleistungen in der Tiermedizin, als Frontend eine einfache CMS-Lösung, in die eine White-Label-Plattform integriert wurde. Diese wiederum deckt den gesamten Telemedizin-Marktplatz ab. So konnte eine Beratung schnell, simpel und ohne Downloads oder Installationen realisiert werden.

Digitale Lösungen für die Probleme unserer Zeit

Im Humanmedizin-Bereich ist das Anbieten von Videosprechstunden spätestens seit der Corona- Pandemie an der Tagesordnung. Doch nicht nur der Besuch beim Hausarzt kann heutzutage unkompliziert von zu Hause aus erledigt werden. 2019 entstand die Hebammen-Vermittlungsplattform ammely, die schon einen Schritt weiter ist als VetGuru. Bei ammely wurde das Geschäftsmodell bereits validiert und als zukunftsfähig erachtet. So nutzt die Plattform neben der White-Label-Lösung auch die API der Tyme Group und ist damit in Besitz der kompletten Customer Journey und kann diese steuern und anpassen. Das Backend mit den ganzen Prozessen liegt zwar bei der Tyme Group, dennoch steht ihnen ein skalierbares Modell zur Verfügung, auf das sie jederzeit Zugriff haben.

Fazit

Spätestens seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nimmt die Digitalisierung an Fahrt auf und der Bedarf an digitalen Plattformen, die Expert:innen mit Ratsuchenden per Video vernetzen, erleichtert den Alltag. Telemedizin-Start-ups wie VetGuru und ammely setzen auf White-Label-Lösungen, um unkompliziert und günstig Videoberatungen anbieten zu können. Durch die Möglichkeit einer preiswerten und unkomplizierten Testung des Geschäftsmodells sind Start-ups in diesem Bereich auf kein großes Budget angewiesen. Dies ermöglicht eine gewisse Flexibilität, die gebraucht wird, um das Geschäftsmodell gegebenenfalls anzupassen. So sind Gründer:innen für sämtliche Eventualitäten gewappnet und kommen dem Traum des eigenen Unternehmens ein Stückchen näher.

Über den Autor
Matthias Kuss ist CEO der Tyme Group, dem Anbieter für Marktplätze rund um digitale Videoberatung. Mit dem Ziel, einen neuen Standard für Online-Dienstleistungen zu etablieren, gründete er das Unternehmen 2016 zusammen mit Jürgen Wier. Der promovierte Physiker arbeitete bereits in den Bereichen Unternehmensentwicklung und Innovationsmanagement für The Boston Consulting Group und erlebte die Corporate-Welt bei ZEISS und der Allianz. Heute stellt er seine erworbenen Kenntnisse für die zukunftsorientierte Seite der Tyme Group unter Beweis.

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Foto (oben): Shutterstock