Von Alexander
Dienstag, 1. November 2022

“Man sollte sich zu Beginn gründlich Gedanken über das Problem machen”

Prewave möchte "Lieferketten nachhaltiger und transparenter machen". "Vor zwei Jahren haben viele Investoren gemeint 'mit Nachhaltigkeit lässt sich im B2B-Markt kein Geld verdienen'. Heute ist der Nachhaltigkeitsbereich einer unserer stärksten Geschäftsfelder", sagt Gründerin Lisa Smith.

Das Wiener Unternehmen Prewave, das beriets 2017 von Lisa Smith und Harald Nitschinger gegründet wurde, “hilft Industrieunternehmen, Ausfallrisiken in deren Lieferketten anhand von öffentlichen Informationen automatisch und frühzeitig zu erkennen”. Unternehmen wie BMW,, PWC und Zurich Insurance setzen derzeit auf Prewave. Kompas, Ventech, seed + speed Ventures, Segnalita, Speedinvest und Co. investierten zuletzt 11 Millionen Euro in das Unternehmen. 65 Mitarbeiter:innen arbeiten derzeit für Prewave.

Seit dem Start hat sich Prewave dabei stark verändert. “Von reinem Risikomonitoring zu einer Lösung, die eine umfassende Risikoanalyse ermöglicht, bis hin zur Lösung der erkannten Risiken”, sagt Gründerin Smith. “Ein Gamechanger in unserem Markt waren sicherlich die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen. Überall in Europa entstehen gerade Lieferkettengesetze, die Unternehmen dazu verpflichten, Risiken systematisch zu analysieren.”

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht die Prewave -Macherin außerdem über Rückschläge, Störungsrisiken und Menschenrechte.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Prewave erklären?
Alle Produkte, die wir täglich nutzen – seien es Lebensmittel, Laptops oder Autos -, werden typischerweise nicht von einem einzelnen Unternehmen, sondern von einem Netzwerk aus vielen Lieferanten produziert, die über die ganze Welt verteilt sind. Prewave hilft Unternehmen dabei, herauszufinden, wo in diesem Netzwerk Ereignisse auftreten, die dazu führen können, dass Produkte nicht zeitgerecht geliefert werden – wie zum Beispiel Fabrikbrände – oder die Umwelt oder Menschenrechte gefährden, etwa Vorfälle von Kinder- oder Zwangsarbeit. Dadurch können Unternehmen rechtzeitig auf die drohenden Risiken reagieren und diese lösen.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Unsere Mission war von Anfang an, die Lieferketten von morgen resilienter, nachhaltiger und transparenter zu machen. Das Produkt hat sich aber stark verändert von reinem Risikomonitoring zu einer Lösung, die eine umfassende Risikoanalyse ermöglicht, bis hin zur Lösung der erkannten Risiken. Ein Gamechanger in unserem Markt waren sicherlich die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen. Überall in Europa entstehen gerade Lieferkettengesetze, die Unternehmen dazu verpflichten, Risiken systematisch zu analysieren, wie zum Beispiel das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das mit Anfang nächsten Jahres in Kraft tritt. 

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir sind ein klassischer Software-as-a-Service-Anbieter im B2B-Bereich. Unsere Kunden nutzen die Prewave-Plattform für eine jährliche Nutzungsgebühr, die von einer Anzahl an Faktoren abhängig ist, wie zum Beispiel die Anzahl an Lieferanten, die analysiert werden sollen und die Anzahl der NutzerInnen im Unternehmen.

Wie ist überhaupt die Idee zu Prewave entstanden?
Die Idee für Prewave ist aus meiner PhD-Forschung an der Fakultät für Informatik an der Technischen Universität Wien entstanden. Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und mich immer schon neben den wirtschaftlichen auch für die sozialen und Umweltaspekte von Unternehmen interessiert. In meinem PhD habe ich einen Prototyp zur Erkennung von sozialen Risiken in Lieferketten anhand von Twitterdaten entwickelt. Im Rahmen von Prewave haben wir die Idee in ein marktreifes Produkt weiterentwickelt. 

Kürzlich konntet ihr 11 Millionen Euro einsammeln. Wir seid ihr in Kontakt mit euren Investoren gekommen?
Wir hatten bei unserer Series A zwei Investoren, die gemeinsam die Runde als Co-Leads angeführt haben. Ventech hat bereits in unserer Seed-Runde investiert und ihr Commitment in der Series A vergrößert, was uns sehr gefreut hat, da wir sie in den letzten zwei Jahren gut kennengelernt haben und sehr schätzen. Neu an Board gekommen ist Kompas VC aus Dänemark, der Kontakt ist durch einen unserer Bestandsinvestoren entstanden. Die drei Partner bei Kompas kennen unseren Markt sehr gut und wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit. 

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Ich denke, es gibt keine einzige große Katastrophe, die ich hier nennen kann, aber es gab natürlich immer wieder kleine Rückschläge. Wir forschen an State-of-the-Art Themen und da kam es immer mal vor, dass ein Experiment nicht funktioniert hat. Aber auch im operativen Geschäft, sei es eine Absage eines Investors oder einer zukünftigen Mitarbeiterin, welche man gern an Bord gehabt hätte, sind kleine Rückschläge, die man als Gründerin einstecken muss.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Ich bin froh, dass wir an unserer Mission festgehalten haben, die neben den Störungsrisiken immer auch die Nachhaltigkeitsrisiken im Fokus hatte. Vor zwei bis vier Jahren haben viele Investoren gemeint ‘mit Nachhaltigkeit lässt sich im B2B-Markt kein Geld verdienen’. Heute ist der Nachhaltigkeitsbereich besonders im Bezug auf das Lieferkettengesetz einer unserer stärksten Geschäftsfelder, in welchem wir uns mit einer sehr ausgereiften Lösung gut positionieren können, weil wir recht früh auf diesem Spielfeld unterwegs waren. 

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer;innen mit auf den Weg?
Ich denke, man sollte sich zu Beginn der Reise gründlich Gedanken über das Problem machen, das man mit seinem Startup bearbeiten will. Die Lösung dieses Problems sollte einem persönlich am Herzen liegen – es muss einem selbst so wichtig sein, dass es als selbstverständlich erscheint, jeden Tag sehr viel Zeit darin zu investieren und auf andere Dinge zu verzichten. 

Wo steht Prewave in einem Jahr?
In einem Jahr sind wir Marktführer für Risikoanalysen in der Lieferkette in mehr als fünf europäischen Ländern.

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Foto (oben): Prewave