“Wir haben gelernt, dass sich manche Dinge erst ein bis zwei Jahre später auszahlen”
Das Kölner Unternehmen goFlux, 2019 von Wolfram Uerlich, Nils Kittel und Dennis Pütz gegründet, unterstützt unter anderem “Unternehmen und Kommunen dabei, Fahrgemeinschaften einzubinden und als relevante Mobilitäts-Methode im Pendelverkehr zu nutzen”. “Unser recht neuer Fokus sind definitiv die Pendelnden, da wir nach einiger Forschungszeit herausgefunden haben, dass hier der beste Anwendungsfall gegeben ist”, sagt Gründer Uerlich zum Konzept.
Gerade übernahm das französische Mobility-Unternehmen Karos die Jungfirma goFlux. “Mithilfe ihrer Plattform möchten goFlux und Karos bis Ende 2024 vier neue Länder einführen, um eine Lösung für die ineffizienten Leerfahrten zu liefern”, hieß es dazu in der Presseaussendung. “Durch den Zusammenschluss mit Karos arbeiten wir jetzt in einem Team von 70 Mitarbeitenden, 11 davon bei goFlux in Deutschland. Circa 30 Mitarbeitende beschäftigen sich dabei mit der täglichen Optimierung der Software, also der App”, erzählt Uerlich.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der goFlux-Macher außerdem über Randgebiete, Subventionen und
Wie würdest Du Deiner Großmutter goFlux erklären?
goFlux ist eine Mitfahr-App, mit der Du Fahrgemeinschaften bilden kannst. Unser Fokus sind regionale Fahrten – also Kurz- und Pendelstrecken. Damit wollen wir Menschen unterstützen, einfacher zur Arbeit zu kommen: Denn in Zeiten von hohen Spritpreisen, einer Energie- und Klimakrise und Stau auf den Straßen, braucht es neue Mobilitätsmöglichkeiten! Die App funktioniert nach Eingabe von Wohn- und Arbeitsort automatisch. Sie schlägt passende Fahrgemeinschaften vor, berechnet einen Treffpunkt für Fahrer*in und Mitfahrer*in und navigiert Euch auf Basis von Googlemaps dorthin. Auch die Abrechnung und die faire Kostenteilung erfolgen digital per App. Personen, die eigentlich alleine im Auto fahren, können durch die Bildung von Fahrgemeinschaften durchschnittlich 97 Euro im Monat sparen.
War dies von Anfang an euer Konzept?
Unser Modell hat sich weiterentwickelt. Zunächst waren wir nur im B2B-Bereich tätig. Wir haben unsere App also per Lizenz Unternehmen zur Verfügung gestellt – was wir immer noch machen. Mittlerweile kooperieren wir aber auch mit Verkehrsverbünden und Verkehrsanbietenden und integrieren so unsere Mitfahr-App in den ÖPNV. Hier zwei Beispiele: Stadtwerke Bonn und Verkehrsverbund Rhein-Sieg. Unser recht neuer Fokus sind definitiv die Pendelnden, da wir nach einiger Forschungszeit herausgefunden haben, dass hier der beste Anwendungsfall gegeben ist.
Wie genau funktioniert denn nun euer Geschäftsmodell?
Im B2B-Bereich stellen wir unsere App Unternehmen zur Verfügung, die damit bestimmte Herausforderungen angehen oder Probleme lösen wollen: Eine bessere betriebliche Mobilität etablieren, die CO2-Bilanz reduzieren – mit der neuen CSR-Richtlinie und wegen der Energie- und Klimakrise herrscht ein deutlich größerer Nachhaltigkeitsdruck -, Parkplatzknappheit an den Standorten verbessern etc. Die zweite Säule ist die Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs. Wie in den Beispielen oben genannt, integrieren wir also tägliche (private) Fahrgemeinschaften in den ÖPNV. Damit wollen wir gemeinsam den motorisierten Individualverkehr (MIV) drastisch reduzieren – denn er macht noch immer mehr als 70% des täglichen Straßenverkehrs aus und belastet damit immens unser Klima. Außerdem fördern wir damit Intermodalität, also die Verknüpfung von Bussen, Bahnen und Fahrgemeinschaften und binden Randgebiete besser an – es gibt leider noch Bereiche, in denen die Mobilitätsversorgung noch nicht ausreichend gut ist.
Gerade übernahm Karos aus Frankreich goFlux. Wie geht es nun weiter?
Wir profitieren enorm von der leistungsstarken App und von den Erfahrungen aus dem französischen Mitfahr-Markt. In Frankreich werden Fahrgemeinschaften staatlich stark gefördert. In Paris werden jeden Monat weit über 100.000 Fahrgemeinschaften durchgeführt und erst gestern hat der nationale Energieminister angekündigt, bis zu 100 Euro für neu registrierte Carpooling-Nutzende bereitzustellen. Auf dieser sehr guten Basis ist unser Kernziel, goFLUX deutschlandweit und flächendeckend auszurollen. Dabei fokussieren wir uns auf bestimmte Regionen, in denen wir mit Partner*innen zusammenarbeiten, denn dadurch erreichen wir deutlich schneller ein dichtes Fahrtennetz. Neben der Region rund um Bonn, die wir seit Ende August bedienen, sind wir aktuell schon in Bereichen in Baden-Württemberg und Bayern tätig und führen bundesweit Gespräche für einen regionalen Start. Da in Deutschland noch keine staatlichen Subventionen verfügbar sind, verantworten wir diese aktuell noch selbst. In Bonn ermöglichen wir allen ÖPNV Abo-Ticket-Nutzenden “kostenloses mitfahren” – damit wollen wir nicht nur mehr Anreize setzen, Fahrgemeinschaften zu nutzen, sondern auch ein politisches Signal setzen: denn wir sehen ja, wie gut das alles in Frankreich funktioniert!
Wie genau hat sich goFlux denn seit der Gründung entwickelt?
Durch den Zusammenschluss mit Karos arbeiten wir jetzt in einem Team von 70 Mitarbeitenden, 11 davon bei goFlux in Deutschland. Circa 30 Mitarbeitende beschäftigen sich dabei mit der täglichen Optimierung der Software, also der App. Insgesamt sind mehr als 12 Millionen Euro Investment in die Karos-Gruppe geflossen.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Ich denke da zuerst an unseren B2C Start in Köln – mitten in der Pandemie. Wir haben gelernt, dass es ohne Partner*innen, also ohne Unternehmenskund*innen oder Rückhalt eines ÖPNVs, eine große Hürde ist, Fahrgemeinschaften erfolgreich in unser Verkehrssystem zu implementieren. Unsere Technologie ist innovativ und erfolgreich, jedoch braucht es hier Synergien, um Fahrgemeinschaften wirklich zu einer relevanten Mobilitätsmethode zu machen, so, wie schon beschrieben – es seit vielen Jahren auch in Frankreich ist.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Sicherlich dadurch, dass wir auf unser Bauchgefühl hören und risikobereit sind. Außerdem sind wir sehr agil – merken wir, dass wir mit einer “Methode” keinen Erfolg haben, setzen wir schnellst möglich eine neue Lösung um. Außerdem sind wir geduldig und hartnäckig – wir haben gelernt, dass sich manche Dinge erst ein bis bis Jahre später auszahlen. Wenn wir sehen, was wir damit erreicht haben – hat sich all die Anstrengung und die Mühe gelohnt.
Reden wir zudem noch über Köln. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Die Förderung und Vernetzung von Startups funktioniert sehr gut. Viele Akteur*innen, bspw. die Uni oder KölnBusiness, machen einen sehr guten Job und haben uns bei unserem Weg sehr gut unterstützt! Dafür sind wir dankbar!
Und was macht den besonderen Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Am häufigsten diskutiert, ist mit Sicherheit die im Vergleich zu Berlin eher familiäre Atmosphäre. Für uns entscheidend ist aber die industrielle Struktur sowie die hohe Einwohnerdichte vom Rheinland bis ins Ruhrgebiet. Hier gibt es genau die Probleme im Verkehr, die wir mit der goFlux-Mitfahr-App lösen (Düsseldorf und Köln führen die Liste der Staustädte in NRW an).
Was fehlt in Köln noch?
Köln kann im Bereich Startup-Förderung in allen Bereichen wachsen! Es ist ein sehr guter Grundstein gelegt, aber da geht noch viel mehr.
Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness
In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedIn, Facebook und Instagram.