#Gastbeitrag

Von der Selbstständigkeit zum Unternehmertum

Wer sein Business nach vorn bringen möchte, der sollte unbedingt in die eigene Selbstständigkeit investieren - quasi den Schritt von der Selbstständigkeit in das Unternehmertum wagen. Der Schritt ist jedoch nicht leicht und macht vielen Angst. Ein Gastbeitrag von Tanja Lenke.
Von der Selbstständigkeit zum Unternehmertum
Freitag, 23. September 2022VonTeam
Zu Beginn stellt sich zuallererst die Frage, ob es überhaupt einen Unterschied zwischen einem / einer Selbstständigen und einem / einer Unternehmer:in gibt. Während es rein rechtlich keinen Unterschied gibt, fasst man die zwei Begrifflichkeiten sprachlich anders auf. Als eine:n Unternehmer:in nimmt man eine Person wahr, die ein Unternehmen mit Angestellten leitet, während ein:e Selbständige:r in der Regel eher ein:e Einzelunternehmer:in ist, der oder die als Dienstleister:in seine Zeit verkauft. Für ein höheres Einkommen muss der bzw. die Selbstständige mehr oder länger arbeiten. Das Einkommen ist also stets vom Einsatz der eigenen Zeit abhängig.
Wer sein Business nach vorn bringen möchte, der sollte unbedingt in die eigene Selbstständigkeit investieren – quasi den Schritt von der Selbstständigkeit in das Unternehmertum wagen. Der Schritt von der Freiberuflichkeit oder der Selbstständigkeit in ein wachsendes Unternehmen ist jedoch nicht leicht und macht vielen Angst. Wann ist der richtige Zeitpunkt, in Mitarbeiter:innen und Tools zu investieren, und was bedarf es noch, um aus seiner kleinen Freelancertätigkeit ein skalierbares Unternehmen zu entwickeln?
Diese Frage höre ich als Gründerin von she-preneur, einer 20.000 Mitglieder umfassenden Business Community für selbstständige Frauen und Gründerinnen, sehr oft. Dazu möchte ich gern meine Expertise teilen. Dies sind nun also meine Tipps, wie man den Schritt von der Selbstständigkeit in das Unternehmertum am besten schafft.
Ausweg: Angestellte! 
Um gerade zu Beginn Geld zu sparen, wollen die meisten alles selbst machen. Und genau da liegt der erste Fehler. Wer stets alles selber machen möchte, kommt irgendwann an einen gewissen Punkt, an dem die Arbeitsergebnisse und die damit verbundenen Möglichkeiten stagnieren. Wer in Hilfe investiert, hat Platz für mehr Aufträge und kann langsam professioneller werden und vor allem wachsen.
Viele Kund:innen zu haben, birgt den Vorteil, nicht mehr so sehr von einzelnen Kund:innen abhängig zu sein. Bricht ein Kunde bzw. eine Kundin weg, kann der finanzielle Verlust durch die Akquise eines neuen Kunden oder einer neuen Kundin schnell wieder ausgeglichen werden. Doch ein großer Kundenstamm kann nur bedient werden, wenn die Arbeit abgegeben bzw. geteilt werden kann.
Angestellte sind die Lösung. Aber auch hier gibt es Hürden. Es kommen nicht nur mehr Verpflichtungen auf einen zu, sondern auch höhere Kosten – zunächst. Genau diesen Schritt gilt es nun zu überwinden.
Rücklagen sind das A und O
Um höheren finanziellen Verpflichtungen für Mitarbeiter:innen gerade am Anfang schnell und unkompliziert gerecht werden zu können, sind Rücklagen äußerst wichtig. Gerade, wenn die Einnahmen anfänglich noch zu wünschen übrig lassen. Und diese Kosten werden kommen – ganz egal, ob man sich teure oder günstigere Mitarbeiter:innen zu Hilfe holt.
Beides hat seine Vor- und Nachteile: Beschäftigst du etwa studentische Aushilfen, zahlst du zwar weniger Gehalt. Du hast aber auch eine längere Einarbeitungszeit und es dauert möglicherweise etwas länger, ehe Ergebnisse erzielt werden. Denn diese Mitarbeiter:innen haben mitunter noch nicht so viel Erfahrung gesammelt.
Mitarbeiter:innen mit langjähriger Erfahrung und einer hohen Expertise liefern sicher schnell Ergebnisse, sie benötigen auch weniger Einarbeitungszeit, sie kosten aber auch viel mehr.
Eine Lösung – insbesondere am anfang – könnte in der Beschäftigung auf freiberuflicher Basis liegen. Dies schafft zunächst mehr Freiheit und man kann sich schneller lösen, sollte es doch nicht passen.
Wie auch immer deine Lösung aussieht, du musst zunächst Rücklagen bilden, um die Kosten für deine Unterstützung aufbringen zu können. Denn erst mit deiner dadurch gewonnenen Zeit kannst du neue Kund:innen akquirieren!
Investiere in Tools
Tools für Selbstständige gibt es viele. Sie erleichtern nicht nur das Management rund um die Kund:innen, sie bieten auch clevere Lösungen für die eigenen Finanzen und die Buchhaltung. Das ist wichtig, denn wer mit seinem Unternehmen wachsen möchte, der sieht sich auch über kurz oder lang mit neuen Tätigkeiten konfrontiert. Wer als Freelancer:in vielleicht maximal Rechnungen schreibt und seine Umsatzsteuervoranmeldung macht, der hat als Unternehmer:in evtl. mit der Bilanzierung, ausgeprägterer Buchhaltung und durchaus professioneller werdenden Kundenabläufen wie CRM oder Bezahlsystemen zu tun. Tools können nun also die Arbeit zum einen vereinfachen und automatisieren und zum anderen auf ein höheres Professionalitätsniveau heben. Du spielst fortan mit deinem Unternehmen in einer neuen Liga und tritts auch mit anderen großen Unternehmen in unmittelbare Konkurrenz. Um dem gewappnet zu sein, ist eine Investition in professionelle Tools unabdingbar.
Der richtige Zeitpunkt macht sich stets bemerkbar
Nun fragst du dich sicher, wann denn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, diesen Schritt zu gehen. Es gibt drei Anzeichen, auf die du unbedingt hören solltest:
  1. Vermehrt Kundenanfragen erreichen dich 
Wenn du merkst, dass du mehr und mehr Anfragen erhältst und diese im Laufe von einem halben  Jahr auch nicht abnehmen, dann ist dies ein Anzeichen, dass die Marktverhältnisse gut sind und der Aufbau eines skalierbaren Unternehmens denkbar wäre.
  1. Kunden zahlen höheren Stundenlohn / höheren Retainer
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Bereitschaft, für deine Leistung auch gutes Geld zu bezahlen. Dies spiegelt dir nämlich die aktuellen Marktpreise wider. Du siehst daran auch ganz klar den Bedarf deiner potenziellen Kundschaft. Nur wer den Bedarf hat, ist auch bereit, viel Geld für eine Leistung zu bezahlen. Wenn es der Fall ist, dass du bereits gut verdienst, lohnt sich die Investition in dein Unternehmen umso mehr. Denn wer schnell skaliert, erzielt langfristig höhere Gewinne. Viele Freelancer und Selbstständige sind an der Schwelle. Sie verdienen bereits gut und zahlen daher auch bei der Steuer, der Krankenkasse und diversen Versicherungen bereits Höchstsätze. Häufig bleibt selbst bei monatlichen Einnahmen von mehreren tausend Euro nicht viel übrig. In Mitarbeiter:innen und Tools zu investieren, um weiter zu wachsen, bringt noch höhere Gewinne, die sich dann auch sparen und anlegen lassen.
  1. Du hast genug Rücklagen gebildet
Wie ich bereits vorab erklärt habe, sind Rücklagen sehr wichtig. Beginne mit der Professionalisierung deines Unternehmens nicht, bevor du nicht Rücklagen gebildet hast. Es geht hier nicht nur darum, von diesen Rücklagen zunächst das Personal und die Tools zu bezahlen. Auch das Finanzamt steht schnell vor der Tür, wenn sie sehen, dass sich deine Umsätze erhöhen. Schnell kann es zu höheren Vorauszahlungen für die einkommens- oder Gewerbesteuer kommen, schnell kann es aber auch eine nachträgliche Erhöhung er Vorauszahlungen kommen. Rücklagen sind also die absolute Basis einer wachsenden Unternehmung.
Je mehr Arbeit an Mitarbeiter und Angestellte abgeben werden kann, und je mehr Tools das tägliche To-do vereinfachen und die Arbeit effektiver gestalten, desto mehr Zeit bleibt für die Akquise neuer Kunden, den Ausbau der Produktpalette und dem dadurch bedingten Wachsen des Unternehmens.

Über die Autorin
Tanja Lenke gibt mit she-preneur Frauen, die mit ihrem Business weiter wachsen wollen, die Möglichkeit, sich miteinander zu vernetzen und zu supporten. Mit ihrer Expertise hilft sie den Frauen, größer zu denken, ihr eigenes Business digital aufzubauen bzw. weiterzuentwickeln und ihre Visionen umzusetzen – ein Business, das einen erfüllt, Sinn stiftet und steigende Umsätze verzeichnet. Im Jahr 2016 hat Tanja Lenke ihre Community gegründet. Aktuell hat she-preneur bereits mehr als 20.000 Mitglieder.

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Foto (oben): Shutterstock