“Es ist notwendig, möglichst kreativ zu denken”
Hinter dem Berliner FinTech CopeCart, 2017 gegründet, verbirgt sich ein Zahlungsanbieter für digitale Produkte. “Wir bieten insgesamt neun verschiedene Dienste rund um das Abwickeln, Bezahlen, Nachverfolgen und Bearbeiten von Bestellungen, die wir in einem Gesamtangebot bündeln. Hierfür verlangen wir eine Transaktionsgebühr sowie einen fixen Betrag. CopeMember vertreiben wir nach dem Software-as-a-Service-Modell, bei dem Kunden eine monatliche Gebühr bezahlen”, sagt Gründer Raoul Plickat.
Derzeit arbeiten über 80 Mitarbeiter:innen für CopeCart. “2021 erwirtschafteten wir einen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro. Zudem betreuen wir über 60.000 registrierte Kunden”, erzählt CopeCart-Macher Plickat. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht er außerdem über Entscheidungsfreiheit, Bootstrapping und Kennzahlen.
Wie würdest du deiner Großmutter dein CopeCart erklären?
Bei CopeCart handelt es sich um einen Wiederverkäufer von digitalen Produkten, der es Influencern wie YouTubern oder Instagram-Bekanntheiten ermöglicht, ihre digitalen Produkte zu verkaufen. Auf diese Weise können beispielsweise Yoga-Lehrer einen ihrer Kurse filmen, ein Promo-Video bei YouTube hochladen und ihr Angebot mit CopeCart verlinken. Über den dazugehörigen Link können Interessenten den Kurs kaufen, während sie über CopeMember den entsprechenden Zugang erhalten. Wir bieten Creatoren also eine Plattform, über die sie ihre digitalen Inhalte vertreiben können.
Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir bieten insgesamt neun verschiedene Dienste rund um das Abwickeln, Bezahlen, Nachverfolgen und Bearbeiten von Bestellungen, die wir in einem Gesamtangebot bündeln. Hierfür verlangen wir eine Transaktionsgebühr sowie einen fixen Betrag. CopeMember vertreiben wir nach dem Software-as-a-Service-Modell, bei dem Kunden eine monatliche Gebühr bezahlen.
Wie ist die Idee zu CopeCart entstanden?
Ich habe ursprünglich an eigenen Projekten und digitalen Produkten gearbeitet, die ich über entsprechende Plattformen veröffentlichen und vertreiben wollte. Allerdings konnte mir mein damaliger Anbieter Kennzahlen wie etwa den Customer Lifetime Value nicht liefern. Diese Zahl ist aber essenziell und sie dauernd selbst auszurechnen unnötig aufwändig. Deswegen entschloss ich mich dazu, selbst eine brauchbare Plattform zu schaffen, die mir neben der Abwicklung auch detaillierte Infos und Kennzahlen bietet. So gründete ich schließlich CopeCart.
Wie hat sich CopeCart seit der Gründung entwickelt?
Mittlerweile beschäftige ich auf drei Kontinenten mehr als 80 Mitarbeiter. Im Jahr 2021 erwirtschafteten wir einen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro. Zudem betreuen wir über 60.000 registrierte Kunden.
Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schiefgegangen?
Glücklicherweise ist in den vergangenen Jahren nichts so richtig schiefgegangen. Es gab lediglich einige Wechsel der Geschäftsführer von CopeCart, was dem verbreiteten Wunsch von Unternehmern nach Beständigkeit und Stabilität erstmal widerspricht. Allerdings hat dieser stetige Wandel auch unser Wachstum begünstigt, weshalb ich ihn größtenteils positiv sehe.
Wo habt ihr bisher alles richtig gemacht?
Angesichts unserer außergewöhnlichen Entwicklung haben wir viele Dinge richtig gemacht. Besonders hervorzuheben sind unsere Marketing-Maßnahmen, unsere Produktentwicklung und die Ausarbeitung von passenden Features für unsere Zielgruppe. Unsere Software war schon immer einfach und intuitiv zu bedienen. So kann jeder unserer Kunden sein Produkt bereits nach kurzer Einarbeitungszeit verkaufen.
Du hast CopeCart bisher ohne Fremdfinanzierungen und Kapitalgeber aufgebaut. War dies von Anfang an eine bewusste Entscheidung?
Als ich CopeCart gründete, hatte niemand von uns Ahnung von Fundraising. Mangels passender Alternativen habe ich deshalb schon von Beginn an die Entscheidung getroffen, mein Startup ohne Fremdfinanzierung aufzubauen. Als wir gesehen haben, dass es funktioniert, sind wir dem Weg natürlich treu geblieben.
Wie war der Start ohne fremdes Geld – was geht einfach, was ist als Bootstrapping-Startup eher schwierig?
Einer der großen Vorteile davon ist die nahezu uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit. Gleichzeitig hat man niemanden, der einem über die Schulter schaut – das kann sowohl gut als auch schlecht sein. Ein offensichtlicher Nachteil ist dagegen, dass nur äußerst beschränkte Ressourcen vorhanden sind. Man muss daher genau abwägen, an welchen Stellen Geld investiert werden kann. Es ist also notwendig, möglichst kreativ zu denken. Das ist uns rückblickend sehr gut gelungen: Schließlich haben wir immer wieder ausgefallene Lösungen gefunden, um weiter wachsen zu können. Zum Beispiel haben wir uns mit dem Beginn der Corona-Krise im Jahr 2020 von dem Software-as-a-Service-Modell von CopeCart gelöst und unser Produkt kostenlos angeboten. Wir haben also schnell erkannt, dass Menschen weltweit aufgrund zahlreicher Restriktionen ihren Fokus verstärkt auf die Digitalisierung legen würden. Gleichzeitig haben wir diese Änderung über ein Online-Event publik gemacht, das über zwei Tage hinweg mehr als 50.000 Menschen verfolgten. Somit ist es uns hervorragend gelungen, uns zeitnah an die äußeren Umstände anzupassen und sogar davon zu profitieren.
Was rätst du anderen Gründer:innen, die sich für Bootstrapping entscheiden?
Sie müssen sowohl die nötige Kreativität als auch die Bereitschaft mitbringen, komplexe Probleme mit unkonventionellen Maßnahmen zu lösen. Ihre begrenzten Mittel machen es zudem erforderlich, stets auf der Suche nach kostengünstigen oder gar kostenlosen Möglichkeiten zu sein, um zu wachsen. Hierfür müssen sie Partnerschaften oder aktuelle Trends für sich nutzen. Wir haben beispielsweise früh einen Bored Ape gekauft, was sich bereits innerhalb weniger Tage ausgezahlt hat – das Investment hat sich nach 60 Tagen verdreißigfacht. Es ist zudem empfehlenswert, im Trend liegende Social-Media-Plattformen für sich zu nutzen und zu den ersten Unternehmern zu gehören, die sich dort eine Präsenz aufbauen. Es ist schließlich immer schwierig, sich in den sozialen Medien durchzusetzen, wenn dort bereits zahlreiche Influencer aktiv sind.
Welchen generellen Tipp gibst du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Sie sollten durchgehend all ihre Kennzahlen im Blick haben und auswerten. Es ist außerdem wichtig, sich stets auf das große Ganze zu fokussieren und sich das eigene Ziel vor Augen zu halten. Sie sollten also geradlinig handeln und sich durchweg fragen, wohin sie mit ihrem Unternehmen möchten und welche Werte sie vertreten wollen.
Wo steht CopeCart in einem Jahr?
Während unser Markt pro Jahr um etwa 8 % wächst, beträgt die jährliche Wachstumsrate unseres Unternehmens 254 %. Ich prognostiziere daher, dass CopeCart in einem Jahr doppelt bis dreimal so groß sein wird wie jetzt. Zudem werden wir in dieser Zeit auch unsere Produktpalette erweitern und vermutlich über 100 Mitarbeiter haben.
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