#Interview

“Wir warten immer noch auf Lieferungen, die seit 18 Monaten offen sind”

Die gebootstrappte D2C-Jungfirma Duschbrocken peilt in diesem Jahr einen Umsatz in Höhe von 6 Millionen an. "Wir sind jetzt an einem guten Punkt, um auch an anderen Stellen im Badezimmer Plastik einzusparen", sagt Gründer Johannes Lutz.
“Wir warten immer noch auf Lieferungen, die seit 18 Monaten offen sind”
Montag, 15. August 2022VonAlexander

Duschbrocken aus Stuttgart, 2018 von Johannes Lutz und Christoph Lung gegründet, setzt auf eine Art feste Seife, die Shampoo und Duschgel vereint. “Ohne jede Vorkenntnis haben wir in unserer Waschküche ein gutes halbes Jahr an der Rezeptur getüftelt, bis wir die perfekte Rezeptur für Haut und Haar gefunden haben. Die Duschbrocken haben wir dann händisch in einer Pizzaknetmaschine gepresst. Die Zeiten sind natürlich längst vorbei”, blickt Gründer Lutz auf die Anfänge von Duschbrocken zurück.

Für das laufende Jahr plant das gebootstrappte Unternehmen, das 2020 in der Vox-Show “Die Höhle der Löwen” war, einen Umsatz in Höhe von 6 Millionen Euro. “Wir messen unseren Erfolg in Plastikflaschen”, führt der Duschbrocken zu den Unternehmenszahlen an. “Gemeinsam mit unserem 22-köpfigen Team und den 175.000 Schaumköpfen, so nennen wir unsere Kund:innen, konnten wir schon knapp 3 Millionen Plastikflaschen einsparen. Wir sind richtig stolz, dass wir gemeinsam einen Beitrag leisten können, Plastik im Alltag zu reduzieren.”

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Duschbrocken-Macher außerdem über Durststrecken, Wachstum und Entscheidungen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Duschbrocken erklären?
Der Duschbrocken ist das erste, feste Shampoo und Duschgel in einem. Er ist wie ein flüssiges 2in1-Produkt, dem das Wasser entzogen wurden. Dabei sieht er aus wie eine Seife, sorgt aber mit viel Duft und Schaum für ein tolles Duscherlebnis.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Anfangs haben wir den Duschbrocken als Produkt für unterwegs gesehen, um das Reisen für uns und die Umwelt besser zu machen. Der Duschbrocken ist aber sowohl für zu Hause als auch für unterwegs der perfekte Duschbegleiter und dementsprechend ist unsere Zielgruppe deutlich größer geworden.

Wie ist überhaupt die Idee zu Duschbrocken entstanden?
Christoph und ich waren 2017 unabhängig voneinander auf Weltreise und haben uns dort kennengelernt. Da ist dann auch die Idee des Duschbrockens entstanden. Shampoo und Duschgel in der Plastikflasche nerven sowohl uns, als auch die Umwelt, aber warum gibt es da noch keine gute Lösung? Und genau da haben wir dann gestartet. Ohne jede Vorkenntnis haben wir in unserer Waschküche ein gutes halbes Jahr an der Rezeptur getüftelt, bis wir die perfekte Rezeptur für Haut und Haar gefunden haben und selbst meine Freundin, die bis dato nur teure Friseurprodukte genutzt hat, von der Waschkraft und Pflege für Haut und Haare überzeugt war. Die Duschbrocken haben wir dann händisch in einer Pizzaknetmaschine gepresst. Die Zeiten sind natürlich längst vorbei.

Wie hat sich Duschbrocken seit der Gründung entwickelt?
Wir messen unseren Erfolg in Plastikflaschen. Gemeinsam mit unserem 22-köpfigen Team und den 175.000 Schaumköpfen, so nennen wir unsere Kund:innen, konnten wir schon knapp 3 Millionen Plastikflaschen einsparen. Wir sind richtig stolz, dass wir gemeinsam einen Beitrag leisten können, Plastik im Alltag zu reduzieren. Wir wachsen jedes Jahr um circa 50 % und unser Plan für 2022 sind 6 Millionen Umsatz. Dabei machen wir 90 % des Umsatzes durch unseren Online-Shop.

Viele Rohstoffe sind derzeit knapp. Wie ist die Lage bei euch?
Trotz ehemals großer Rohstoff- und Fertigwarenvorräte haben wir aktuell mit der Rohstoffknappheit zu kämpfen. Wir warten immer noch auf Lieferungen, die seit 18 Monaten offen sind und weiterhin verschoben werden, und zahlen erhöhte Preise für bereits bestellte Rohstoffe. Das ist für uns aber auch ein wichtiges Zeichen einen noch größeren Fokus auf den Ausbau eines breiten Lieferant:innen-Netzwerks zu setzen. Zwischendurch waren wir einen ganzen Monat lang alle Lagerbestände komplett ausverkauft. Da wir aber sehr konservativ und nachhaltig wirtschaften, halten wir auch solche Durststrecken sehr gut durch.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
2021 stand unsere erste Produkterweiterung an: Eine feste Spülung namens Conny Conditioner. Als fast alles fertig war, haben wir uns entschieden Conny zum Vorverkauf anzubieten. Einfach, weil wir nicht mehr länger warten konnten, die Neuigkeiten mit allen zu teilen. Ab da ist alles schiefgelaufen, was schief gehen konnte. Erst ist eine Maschine des Produzenten kaputt gegangen, dann wurde durch die Produktionshitze die Masse zu ölig. Nach diesen Anpassungen ist auch noch das Werkzeug für Conny kaputt gegangen. Der Versand der Vorverkaufs-Bestellungen hat sich immer weiter verzögert, bis wir am Ende bei drei Monaten Verspätung waren.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben von Anfang an den Fokus auf unser Produkt und unsere Kund:innen gesetzt. Bei jedem Kauf erhalten sie z.B. eine persönliche Karte, wie viele Plastikflaschen sie bereits durch ihre Einkäufe bei uns eingespart haben. Wir möchten mit dem Duschbrocken ein tolles nachhaltiges Produkt und Erlebnis ohne Abstriche in der Usability. Genau dadurch konnten wir, wenn auch mal was schiefgeht, mit transparenter Kommunikation immer auf viel Verständnis setzen. Viele Start-Ups planen sehr optimistisch. Dadurch knallt es, wenn es mal nicht so gut läuft. Obwohl der Duschbrocken von der ersten Minute an immer profitabel und gebootstrapped war, bleiben wir auf dem Boden und wirtschaften nachhaltig. Trotz starkem Wachstum.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Sprecht immer mit so vielen Leuten wie möglich über eure Idee, man weiß nie was sich daraus ergibt. Wir hatten keine Angst vor Ideenklau und haben uns immer mit allen möglichen Leuten über die Duschbrocken unterhalten. Daraus sind tolle Kontakte entstanden, die uns weitergebracht haben. Zum Bespiel haben wir so den Kontakt zu den Geschäftsführern des Traditionsunternehmens Seifen Haag bei uns in Stuttgart bekommen. Als wir mit der händischen Produktion der Duschbrocken in der Pizzaknetmaschine nicht mehr hinterherkamen, haben sie uns quasi die Schlüssel zu der Manufaktur in die Hand gedrückt und wir durften dann immer produzieren, wenn ihre Maschinen stillstanden. Dafür sind wir super dankbar!

Wo steht Duschbrocken in einem Jahr?
Wir haben in den ersten vier Jahren geschaut, dass der Duschbrocken gut läuft, wir das Produkt kontinuierlich verbessern und unsere Kund:innen verstehen. Wir sind jetzt an einem guten Punkt, um auch an anderen Stellen im Badezimmer Plastik einzusparen. Wir wollen das Portfolio also noch weiter ausbauen. In einem Jahr feiert der Duschbrocken seinen fünften Geburtstag und damit sind wir dann auch kein Startup mehr. Mit etablierten Prozessen und Strukturen soll Duschbrocken bis dahin dann so aufgestellt sein, dass nicht mehr alle Entscheidungen über Christophs und meinen Tisch laufen müssen.

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Foto (oben): Duschbrocken

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.