“Mein größter Fehler war und ist teilweise bis heute noch, mich zu sehr um Details zu kümmern”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Julius Timtschenko, Gründer von kikudoo, einer Buchungsplattform aus Hamburg für Baby- und Kinderkurse.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Ich liege noch im Bett, greife nach dem Handy und prüfe Buchungszahlen, Umsätze, Error Logs und den Support Channel, ob irgend etwas Dringendes anliegt, was ich direkt mit meinen Mitgründern besprechen muss. Dann kommt der Kaffee.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Das fällt mir schwer, um ehrlich zu sein. Grundsätzlich bin ich ab dem späten Nachmittag für die Familie da. Abendbrot, die Kinder ins Bett bringen, noch etwas Haushalt und meist, vielleicht etwas zu häufig, setze ich mich dann nochmal an den Computer und erledige Dinge, die ich tagsüber noch nicht geschafft habe. Startup endet nie wirklich. Zumindest nicht bei mir.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Das der Weg länger ist als man denkt. Man ist am Anfang voller Euphorie und ist sich sicher, dass das nach einem gelungenen Start wie “von selbst” weitergeht. Aber dem ist nicht so. In den meisten Startups, wenn Sie es denn überhaupt soweit bringen, ist es ein langer und beschwerlicher Weg. Das hätte ich gern vorher gewusst. Dann hätte ich mich noch etwas besser darauf einstellen können. Das war sicher etwas naiv.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Auf dem Weg zur Gründung waren vor allem zwei Dinge besonders herausfordernd: 1. die Validierung der Idee 2. die richtige Balance zwischen Gründung und meinem Beraterjob zu finden (den ich nicht gleich aufgegeben habe). Mit dem Gründerteam hatten wir Glück. Das hat sich schnell und bis heute super gut geformt und entwickelt.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Mein größter Fehler war und ist teilweise bis heute noch, mich zu sehr um Details zu kümmern. Das ist am Anfang sicher kaum vermeidbar, aber irgendwann muss man verstehen, dass eine SaaS Plattform wie kikudoo sie ist, permanent eine Vielzahl an Themen triggert. Es gibt stets neue Kundenanforderungen, Fehler, die gemeldet werden und Mails, die auf eine Antwort warten. Dazu Abstimmung mit Co-Foundern, Mitarbeiterinnen, Investoren und Partnern. Hier die richtige Balance zu finden ist bei mir sicher nicht immer perfekt gelaufen. Das muss noch besser werden.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Wir haben sehr viel Glück mit unseren Mitarbeiterinnen gehabt. Die erste Mitarbeiterin haben wir tatsächlich über eine Stellenanzeige gefunden und alle danach über Empfehlungen von Menschen, denen wir als Gründer vertrauen. Wir haben bis jetzt keine Entscheidung bereut.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Immer, wenn ich unsere zahlreichen größeren und kleineren Mitbewerber ansehe, kommt mir folgender Satz in den Kopf: wenn dir jemand sagt “das gibt es bereits, lass es bleiben”, dann stell dir vor, welche Autos auf den Straßen fahren würden, wären Alle nach Carl Benz dem Satz gefolgt.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Ein Herzstück von kikudoo ist unser Payment Provider Stripe. Als SaaS Plattform, auf der alle Zahlungstransaktionen in alle Richtungen abgebildet werden, ist das natürlich essentiell.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Wir drei Gründer haben alle Kinder und deswegen telefonieren wir Montags immer erst ab 21 Uhr. Meist dann auch bis spät in die Nacht hinein. Das ist eine gute Gelegenheit, einen netten Wein zu trinken. Wir freuen uns auch immer auf die “Auszeit”.
Für das gesamte Team gilt, dass Sie die Aufgaben wann und wo auch immer erledigen können. Wir tracken keine Stunden, vertrauen einfach. Wir geben auch in der Arbeit so viel Freiheit wie möglich, sind aus meiner Sicht weit entfernt von Micro-Management. Das wird sehr positiv aufgenommen und funktioniert.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Direkt nach der Gründung sind wir drei Co-Founder auf die BabyWelt Messe nach Köln gefahren. Mit Auto und Bahn. Haben unseren Ministand aufgebaut und Flyer hingelegt. Dann haben wir verstanden, dass wir keine Deko für den Stand hatten. Ich glaube wir hatten den unschönsten Messestand. Aber wir haben jede Minute genutzt, waren bei allen anderen Ständen, habe alle Besucher angesprochen. Am Abend dann bei einer Bekannten zu Dritt im Wohnzimmer geschlafen. Und am nächsten Tag wieder auf der Messe. Das war ein lustiger und auch erfolgreicher Ausflug. Ich erinnere mich gern daran.