#Interview
“Am Ende muss die Anzahl fehlerfreier Entscheidungen größer sein, als die fehlerbehafteter”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Lara Farwick, die zusammen mit ihren Geschwistern Arne und Lena Farwick enra gegründet hat. Das Unternehmen bietet eine Plattform für digitale Verkaufsprozesse.
Wie startet ihr in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
“Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages” – das war schon immer das Motto der Familie Farwick. Diese Tradition haben wir auch in unseren Startup-Alltag integriert. Deshalb starten wir immer mit einem gemeinsamen Frühstück im Büro und bringen uns auf den neuesten Stand. Gemeinsam priorisieren wir dann die aktuellen To-Dos.
Wie schaltet ihr nach der Arbeit ab?
Am liebsten in der Natur! Dafür spannen wir unseren Bürohund Jeppe ein, der uns bei jedem Wetter an die frische Luft bringt. Bewegung macht den Kopf frei und nach jedem Spaziergang kann ich spüren, wie mein Akku wieder etwas voller ist. Ein interessantes Buch ist auch eine super Kraftquelle, aktuell lese ich zum Beispiel Managing the Unexpected von Karl E. Weick.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättet ihr gerne vor dem Startup-Leben gewusst?
Wie wichtig Geduld und Resilienz sind. Gerade wenn man am Anfang steht, möchte man so viel wie möglich so schnell wie möglich erreichen. Dabei werden einem aber immer wieder Steine in den Weg gelegt. Manche Steine kannst du selbst wegräumen, alleine oder im Team. Aber es gibt immer wieder Hindernisse, für die du Geduld brauchst. Du bist von äußeren Faktoren abhängig und kannst sie nicht verändern. Umso wichtiger ist es, die Eigenschaften Geduld und Resilienz zu trainieren. Jeder Tag als Gründerin ist ein super Training dafür.
Was waren die größten Fehler, die ihr bisher gemacht habt – und was habt ihr aus diesen gelernt?
Wir wissen, dass Fehler zum Gründen dazu gehören, das hilft schon mal. Wichtig ist nur, dass sich bestimmte Fehler nicht unnötigerweise wiederholen und dass wir aus allen Fehlern ein Learning ziehen können. Am Ende muss die Anzahl fehlerfreier Entscheidungen größer sein, als die fehlerbehafteter. Aber um ganz konkret zu werden: Der vielleicht größte Fehler von uns war, dass wir uns auf zu viele Dinge gleichzeitig konzentriert haben. Wir haben zum Beispiel versucht, alle Kanäle im Marketing parallel aufzubauen. So haben wir gelernt, wie wichtig es ist, zu priorisieren und sich zu fokussieren. Alle – oder zumindest die meisten – Themen haben ihre Berechtigung, aber sie sind unterschiedlich wichtig. Die Themen nach und nach zu bearbeiten, ist ein super Learning aus den ersten Gründungsjahren. Sonst hat man nichts Halbes und nichts Ganzes und die Unzufriedenheit überwiegt.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Wir wählen bewusst nicht den klassischen Weg, sprich wir interessieren uns wenig für die Abschlüsse, Uni-Zertifikate und Schulnoten. Wir schauen vor allem auf das Wertegerüst und ob wir ein gemeinsames Fundament haben. Heterogenität ist uns besonders wichtig, weil wir glauben, dass mit verschiedenen Meinungen, Hintergründen und Interessen das gesamte Team profitieren kann. Genauso wichtig ist uns das Thema Transparenz. Wir pflegen eine offene und ehrliche Kommunikation und den frühen Austausch über Erwartungen, Ziele und Wünsche. Das erwarten wir auch von potentiellen Mitarbeitenden.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen in Startups?
So früh wie möglich mit dem Produkt in den Markt gehen, um kritisches Feedback einzusammeln. Ihr dürft nicht zulange mit Annahmen und konzeptionellen Planungen im Hinterzimmer verlieren. Sucht euch inspirierende und kritische Partner:innen aus anderen Unternehmen. Pflegt den regelmäßigen Austausch, baut eine Beziehung auf Augenhöhe auf – so profitieren beide Seiten davon. Erfolge und Zwischensteps feiern und aus Misserfolgen lernen.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Teams, Confluence und ActiveCampaign sind sicherlich unsere wichtigsten externen Tools.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Die drei Stimmungsmacher bei enra sind: regelmäßige Teamevents, das ausgiebige Feiern von Erfolgen und unsere Dartscheibe. Die Teamevents werden abwechselnd von jedem Unternehmensbereich organisiert. Das sorgt für ganz unterschiedliche Erlebnisse, so ist für jeden und jede etwas dabei. Das schafft zusätzlichen Zusammenhalt im Team. Darüber hinaus vermeiden wir zeitraubende Meetings und schaffen genügend Zeit, neue Dinge zu lernen und den persönlichen Austausch zu fördern.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Die ersten Monate der Corona-Pandemie waren für uns alle sehr wild. In dieser Zeit sind wir nach Paderborn gezogen, weil unser Team immer größer wurde, und haben gleichzeitig unser Geschäftsmodell und unsere Produkte an die neue Welt angepasst. Die Messen und die Anforderungen, wie wir sie bisher kannten, waren von heute auf morgen passé. Da mussten wir alle sehr schnell sein, im Kopf und in unseren Taten. Rückblickend bin ich extrem stolz auf das ganze Team, dass wir das in so kurzer Zeit gemeinsam gewuppt haben. Das war ziemlich wild von uns!
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.