Mit OKRs zum Erfolg? Was Gründer:innen wissen müssen
Wer ein erfolgreiches Startup aufbauen will, muss klare Ziele setzen und sicherstellen, dass Pläne umgesetzt und Meilensteine erreicht werden. Dies ist jedem Gründer bewusst, doch sieht die Realität häufig anders aus. Das Team wächst, es herrscht zunehmend Unklarheit und jeden Tag muss ein neues Feuer gelöscht werden. Jedenfalls war es bei uns so.
Der Gründung von Vermietet.de 2016 folgte schnelles Wachstum. Uns wurde klar: Zurufen funktioniert nicht mehr. Wir brauchen eine längerfristige Planung und Abstimmung zwischen den Teams. Gleichzeitig wollten wir das Unternehmen auf weiteres Wachstum und die nächsten Schritte Richtung Exit vorbereiten. Deshalb haben wir vor vier Jahren objectives and key results (OKRs) eingeführt.
Sweetspot zwischen zu ambitioniert und nicht ambitioniert genug
Uns war die Methode aus John Doerrs Buch Measure What Matters bekannt. OKRs sollten uns helfen, unsere Quartalsziele zu erreichen. Darum geht es letztlich: die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, Ziele zu erreichen. Das ist auch eingetreten – aber nicht ohne Überraschungen, Fehler und Umwege.
Heute vereinbaren wir OKRs für jedes unserer cross-funktionalen Product-Engineering-Teams sowie für Abteilungen wie Marketing und HR. Beim ersten Cycle haben wir uns Ziele gesetzt, die nicht ambitioniert genug waren. Dadurch ging uns das Momentum verloren. Im zweiten Cycle gingen wir dann zu weit in die andere Richtung. Wir waren überambitioniert und die Teams aufgrund der unrealistischen Ziele irgendwann demotiviert. Mittlerweile haben wir unseren Sweetspot gefunden: Die Chance, die Ziele zu erreichen, sollte für die Teams bei etwa 85% liegen. Selbst wenn diese knapp verfehlt werden, kommen wir den großen Zielen schnell näher.
Ein weiteres Learning: OKRs sollten immer gemeinsam mit den Teams entwickelt werden. Natürlich will man als Gründer möglichst schnell Ziele erreichen. Daher habe ich anfangs nicht immer die notwendige Geduld gehabt und einmal sogar die OKRs vorgegeben, als ein Team zu lange brauchte. Auch das funktioniert nicht, denn es fehlt die Identifikation. OKRs müssen also immer zusammen beschlossen werden und ambitioniert, aber erreichbar sein.
Fallstricke vermeiden
Das wichtigste Learning aber war, wie wichtig die richtige Methodik ist. Vor allem braucht es eine klare Unterscheidung zwischen den Begriffen: Was ist ein objective, was ist ein key result, und was bedeutet initiative?
Ein Beispiel: Ein Startup will Umsatzwachstum von 1 Mio. Euro erreichen und plant, dafür mehr Verkaufsgespräche zu führen. So formuliert ist das Vorgehen unklar und das Erreichen des Ziels damit unwahrscheinlicher. Der OKR-Methode folgend wäre Umsatzwachstum das objective. Konkret wird es dann durch das key result, in diesem Fall 1 Mio. Umsatz zusätzlich im kommenden Quartal. Wie ich dahin komme, sagen mir die initiatives, etwa 10 Konferenzen besuchen und 50 Verkaufsgespräche pro Woche führen.
Unbedingt vermeiden sollte man, objectives und key results zu verwechseln. Dann braucht das Team viel zu lange, um auf ein Ergebnis zu kommen, und die OKRs verfehlen dazu noch ihre Wirkung.
Die Teams müssen also sowohl die Methodik verinnerlichen als auch den Mut aufbringen, sich große Ziele vorzunehmen. Ursprünglich sind wir auch davon ausgegangen, dass ein Quartal mit OKRs nahtlos in das nächste übergeht. Heute legen wir keine neuen OKRs mehr fest, während wir uns im Endspurt befinden, die aktuellen OKRs zu erreichen.
Es ist viel sinnvoller, nach drei Monate einen Zwischenmonat einzuschieben. Denn das Definieren der richtigen Ziele braucht Zeit und einen klaren Kopf. Zusätzlich müssen gegenseitige Abhängigkeiten zwischen den Teams berücksichtigt werden. Sobald der Prozess abgeschlossen ist, müssen häufig neue Rollen geschaffen und besetzt werden, was ebenfalls Zeit benötigt. Aus meiner Sicht müssen OKRs also nicht den vier Quartalen des Kalenderjahres folgen, sondern eurer eigenen Planung. Bei uns ist das Jahr in Trimester eingeteilt mit viermonatigen Zyklen.
Sollte jedes Startup OKRs einführen?
Ich werde häufig von Gründern gefragt, ob sie auch OKRs einführen sollten. Ganz klar: Nicht für jedes Startup sind OKRs der richtige Weg. Wer ganz am Anfang steht – etwa bis zu einer Größe von 20 Mitarbeitenden – sollte sich lieber auf hustling und doing statt auf Prozesse konzentrieren. OKRs sind vor allem für projektorientierte Organisationen und Teams geeignet. Für stark operative Teams funktionieren Service Level Agreements (SLAs) besser, weil sich daran der Erfolg tagtäglich ablesen lässt. Dies gilt ebenso für interne Dienstleister wie unsere Intelligence Unit, die nicht projektbezogen und eher kurzfristig arbeiten.
Trotz vieler methodischer Fehler in den ersten Jahren und einer steilen Lernkurve haben uns OKRs geholfen, große Ziele zu erreichen. Diese haben letztlich den Weg geebnet für den bisher größten Proptech-Exit Deutschlands. Nach mittlerweile vier Jahren OKRs haben wir einen guten Modus gefunden, mit dem wir uns immer aufs Neue ambitionierte Ziele setzen. Denn wir haben noch viel vor.
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Über den Autor
Jannes Fischer ist CEO von Vermietet.de, dem Marktführer für digitale Lösungen für private Vermieter. Fischer gründete 2016 das Startup Zenhomes mit der Marke Vermietet.de, aus dem 2021 nach der Übernahme durch Scout24 die Unternehmen Vermietet.de und Upmin entstanden. Als Initiator und Angel ist er an diversen Unternehmen beteiligt, unter anderem an Scaling Spaces, Flagship Founders und Bullfinch. Seit 2020 ist er Board Member der German Proptech Initiative.
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