Von Alexander
Mittwoch, 15. Juni 2022

“Nur Learning by Doing ist auch nicht immer das Beste”

shareDnC hilft Unternehmen mit leeren Büros passende Mieter:innen zu finden. "Wir haben inzwischen mehr als 6.000 Verträge vermittelt", sagt Gründer Philipp Hartje. Kürzlich investierte der Travelriese HRS in das junge Kölner Startup.

Das Kölner Startup shareDnC, das 2015 von Christian Mauer, Philipp Hartje und Christoph Püttgen gegründet wurde, positioniert sich als “Plattform für die Vermittlung von flexiblen Büros und Arbeitsplätzen”. Zum Stand der Dinge bei shareDnC sagt Gründer Hartje: “Unser Team besteht aktuell aus 14 Kolleginnen und drei Kollegen. Wir haben inzwischen mehr als 6.000 Verträge vermittelt. Dabei muss ich allerdings sagen, dass Corona unser Wachstum in den letzten zwei Jahren leider stark gebremst hat”.

Kürzlich investierte der Travelriese HRS gemeinsam mit Altinvestor Bitstone Capital in ShareDnC. Bitstone Capital und mehrere Business Angels investierten zuvor bereits 2018 einen niedrigen siebenstelligen Betrag in ShareDnC. “HRS ist mit seinen Business Travel Lösungen bei sehr vielen mittleren und großen Unternehmen integriert. Die Mitarbeiter:innen dieser Unternehmen können zukünftig nicht nur ihre Geschäftsreisen und Meetings darüber buchen, sondern auch Arbeitsplätze”, sagt shareDnC-Macher Hartje.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Jungunternehmer außerdem über langen Verpflichtungen, Wachstum und richtig gute Bücher.

Wie würdest Du Deiner Großmutter shareDnC erklären?
Normale Mietverträge für Büros haben eine Laufzeit von fünf bis zehn Jahren. Der tatsächliche Platzbedarf von Unternehmen schwankt aber über einen so langen Zeitraum. Daher werden zumindest temporär Teile des Büros nicht genutzt, müssen aber trotzdem bezahlt werden. Auf der anderen Seite gibt es vor allem kleinere oder jüngere Firmen, die genau das suchen, was die anderen zu viel haben, nämlich einzelne Büroräume oder Schreibtischplätze. shareDnC bringt beide Seiten zusammen und sorgt dafür, dass die eine nur für das Miete zahlt was sie auch braucht und die andere ein Büro hat, das sie sich leisten kann und bei dem sie keine langen Verpflichtungen eingehen muss. Meine Oma ist schon 94, aber die Logik hat sie schnell verstanden.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Tatsächlich ist das grundlegende Konzept immer noch das gleiche. In dem Markt in dem wir uns bewegen hat sich aber in den letzten Jahren viel getan, so dass wir ein paar Ergänzungen vorgenommen haben. Ein Beispiel dafür: Vor allem aufgrund von Home Office bzw. Hybrid Work haben immer mehr Firmen nicht nur einzelne Räume oder Desks leer stehen sondern komplette Etagen. Da eine Untervermietung an eine einzelne Firma nur sehr selten und mit Glück funktioniert, bieten wir inzwischen mit einem Partner auch ein Modell an, bei dem wir bzw. unser Partner sich vor Ort darum kümmert, dass die ungenutzte Etage Raum- oder Desk-weise vermietet wird ohne dass es für den Hauptmieter Mehraufwand verursacht.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir helfen Firmen mit leeren Büros durch unsere Reichweite sowie der Beratung unserer Expert:innen im Customer Success Management dabei, schnell passende Mieter:innen zu finden. Wenn wir das erfolgreich gemacht haben – und nur dann, bekommen wir dafür eine Provision vom Anbietenden. Dabei kann sie oder er sich aussuchen, ob wir eine einmalige Provision in Höhe einer Monatsmiete bekommen oder eine monatliche in Höhe von 12 % der Miete für maximal 12 Monate.
Für die Mieterseite ist die Nutzung komplett kostenlos.

Wie ist überhaupt die Idee zu shareDnC entstanden?
Die Grundidee ist zwischen meinen beiden Mitgründern Christian und Christoph entstanden. Christian hatte mit seiner Agentur ein Büro mit einigen Räumen als Wachstumspuffer angemietet und dann im Netzwerk gefragt ob jemand einen Raum sucht. Daraufhin ist Christoph dort mit seiner Beratung dort eingezogen. Die übrigen Räume sind leer geblieben. Nach einigen Jahren haben dann beide für sich jeweils einen einzelnen Raum gesucht und festgestellt, dass es im Internet gar keine Anlaufstelle dafür gab. Und da sie den Mehrwert für beide Seiten selber erfahren hatten, gibt es jetzt shareDnC.

Wie hat sich shareDnC seit der Gründung entwickelt?
Unser Team besteht aktuell aus 14 Kolleginnen und drei Kollegen. Wir haben inzwischen mehr als 6.000 Verträge vermittelt. Dabei muss ich allerdings sagen, dass Corona unser Wachstum in den letzten zwei Jahren leider stark gebremst hat. Wir sehen aber, dass wir mit der zumindest teilweisen Rückkehr ins Büro wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren. Da unser Business sehr stark vom Angebot von Büroräumen getrieben ist, sehe ich durch den veränderten Platzbedarf in Büros durch Home Office für uns die Möglichkeit zukünftig deutlich schneller zu wachsen als vor Corona.

Kürzlich stieg HRS bei shareDnC ein. Wie passt das zusammen?

Sehr gut. HRS ist mit seinen Business Travel Lösungen bei sehr vielen mittleren und großen Unternehmen integriert. Die Mitarbeiter:innen dieser Unternehmen können mit der neuen Lösung “Work” zukünftig nicht nur ihre Geschäftsreisen und Meetings darüber buchen, sondern auch Arbeitsplätze. Durch die geplante Zusammenarbeit mit shareDnC erhalten die HRS Firmenkund:innen Zugang zu tausenden flexiblen und über ganz Deutschland verteilten Remote Workplaces. shareDnC kann den Firmen, die über die Plattform ungenutzte Büroflächen vermieten, zukünftig zur eigenen Reichweite auch die von HRS Work zur Monetarisierung der Flächen anbieten.
So werden beide und vor allem die Kund:innen beider davon profitieren.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Rückblickend muss ich sagen, dass wir wahrscheinlich ein gutes Beispiel für “Premature Scaling” sind. Wir haben nach anfänglichen Erfolgen zu schnell den Fokus auf regionalen Roll-out und überteuert eingekauftes und wenig nachhaltiges Wachstum über Google Ads gelegt anstatt uns erstmal nur darauf zu fokussieren unsere Kund:innen und ihre Probleme genau zu verstehen und unser Produkt darauf zu optimieren. Das haben wir deutlich zu spät gemacht.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Hm, alles richtig weiß ich nicht. Wir haben aber von Anfang an viel Wert darauf gelegt, unsere Kund:innen und vor allem die Anbietenden sehr gut und persönlich zu betreuen. Ich bin überzeugt, dass das ein wichtiger USP ist, da die Untervermietung von niemandem der Hauptjob ist, sondern alle sich lieber ihrem Kerngeschäft widmen wollen. Da ist es aus meiner Sicht sinnvoll, das man von Expert:innen dabei unterstützt wird.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Nehmt euch neben dem ganzen Stress beim Aufbau des Business Zeit für eure eigene Entwicklung. Ich habe das bis vor einiger Zeit viel zu wenig gemacht. Nur Learning by Doing ist auch nicht immer das Beste. Muss auch nicht viel kosten. Ich finde gibt beispielsweise sehr viele richtig gute Bücher. Wenn ich die früher schon gelesen hätte, hätte ich mir sicherlich einige Fehler auf dem bisherigen Weg erspart.

Wo steht shareDnC in einem Jahr?
Unser Ziel ist es, dass es für Firmen jeder Größe selbstverständlich wird, dass ungenutzte Büroflächen nicht einfach leer bleiben. Nicht nur aus finanzieller Sicht sondern auch aufgrund des großen Potentials im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Ich denke es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, diesem Ziel in einem Jahr ein großes Stück näher gekommen zu sein. Und mein Anspruch ist, dass wir als shareDnC diejenigen sind, die dafür stehen und die beste Lösung anbieten.

Reden wir zudem noch über Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Hm, das was oft als Vorteil gesehen wird – weniger Ablenkung, familiärer etc. – ist ja eigentlich dem geschuldet, dass wir hier in Köln noch gar kein richtiges Ökosystem haben wie in Berlin oder auch in München. Den Reiz macht daher aus, daran mitzuarbeiten das zu schaffen.

Was ist in Köln einfacher als in Berlin – und umgekehrt?
Da sollte ich eigentlich Experte sein, da ich zwar Kölner bin, aber auch mehr als vier Jahre in Berlin gearbeitet habe. Wenn ich woanders als in Köln leben müsste, wäre Berlin tatsächlich meine präferierte Wahl. Man muss in Köln keine Weltreise unternehmen um vom einen Ende der Stadt zur anderen zu kommen  In Berliner kann man auch leben, wenn man kein Deutsch spricht.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Ich habe nur zwei, aber die würden schon einiges bringen. Erstens: Ich habe in am CDTM München studiert, das inzwischen zum Nukleus der Münchener Startup- und Tech-Szene geworden ist. Ich fände es super, wenn die Uni Köln und die RWTH Aachen etwas ähnliches auf die Beine stellen würden. In Köln fehlt etwas vergleichbares wie die TU in München, aber zusammen mit Aachen könnte das gut passen und da könnte über die Zeit viel gutes daraus entstehen. Zweitens: Zwei bis drei große Unicorns, die dann die Basis bilden für den Aufbau eines Ökosystems wie in Berlin oder München, wo die Mitarbeiter:innen dann irgendwann eigene Startups gründen, die von den Gründern der Unicorns supportet werden usw.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

Foto (oben): shareDnC