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Lampix: Wie unterschiedlich Geschäftsmodelle wahrgenommen werden können

Im Staffel-Finale zur 11. Staffel von “Die Höhle der Löwen” hatten es die Gründer von Lampix nicht einfach: Nicht nur wurden ihre bisherigen Verkäufe als zu gering und ihre Bewertung als zu hoch empfunden, vor allem aber gab es viel Diskussion um Sinn und Unsinn des Geschäftsmodells.
Lampix: Wie unterschiedlich Geschäftsmodelle wahrgenommen werden können
Freitag, 3. Juni 2022VonRuth Cremer

Wenn Startups öffentlich pitchen, kann man immer wieder beurteilen, wie vorschnell viele Menschen – auch einige Investoren – urteilen. Zwar sind die Löwen hier normalerweise etwas unvoreingenommener und stellen zunächst einmal Fragen, aber einer gewissen Tendenz zur Beurteilung eines Geschäftsmodells kann sich wohl kein noch so erfahrener Investor komplett entziehen. Und für GründerInnen ist es generell überaus hilfreich, die Erfahrungen von Investoren mit ähnlichen Geschäftsmodellen kennen zu lernen.

Nur, wenn das eigene Geschäftsmodell komplett vorverurteilt wird, vielleicht sogar, weil ein oder mehrere Aspekte falsch verstanden wurden, dann bringt einem das oft als Vorwurf vorgetragene Feedback gar nichts mehr. Leider kommt dies in der Startup-Szene häufiger vor, als man es sich wünschen würde. Vielleicht, weil sich hierhin auch immer wieder überfütterte Egos auf der Suche zu noch mehr Zuspruch verirren, vielleicht, weil es in der Natur der Deutschen liegt, Dinge verbal – besonders vor Publikum – herunter zu ziehen. Und es dann als “Feedback” oder “Ich gebe nur meine Erfahrungen weiter” zu verpacken. Auf genauere Nachfrage sind diese Erfahrungen aber dann gar nicht so wirklich vergleichbar.

Doch auch einfache Fragen, die nur dem Verständnis dienen, spiegeln oft schon wieder, wie das Gegenüber das Geschäftsmodell an Hand des Pitches aufgefasst hat. Und das kann wiederum für GründerInnen sehr hilfreich sein, denn so können sie sehen, welche Gedanken ihr Pitch bei den Zuhörern hervorruft und wie bestimmte Dinge daraus verstanden werden können.

Lampix war ein gutes Beispiel dafür, wie unterschiedlich ein Geschäftsmodell verstanden werden kann und wie man die Fragen der Löwen zur Optimierung des Pitches einsetzen könnte. Denn das Startup stellte ein System vor, mit dem Schaltflächen auf die Tischoberfläche projiziert werden können und das die Auswahl des Nutzers entsprechen verarbeiten kann. So können Restaurants ihren Gästen einen digitalen Kellner anbieten, der die Speisekarte bereithält und Bestellungen entgegennimmt. Doch damit nicht genug: die integrierte künstliche Intelligenz erkennt, wenn ein Glas leer ist und fragt dann automatisch, ob der Kunde ein weiteres wünscht.

Doch diese Funktion stand in der Höhle zunächst nicht im Mittelpunkt, es ging zum Beispiel eher darum, ob damit Personal eingespart werden kann. Die Gründer widersprechen jedoch: das wäre gar nicht das Ziel ihrer Gastronomie-Kunden, sondern die Kennzahl, die diese viel eher interessiert, ist die Umsatzsteigerung, die möglich ist, wenn Nachbestellungen schneller gehen und bedarfsgerecht nachgefragt werden kann.

Auch wollen sie ihr System nicht als ein Produkt der Corona-Maßnahmen verstanden wissen, das zu weniger Kontakten zwischen KellnerIn und Gästen führen soll. Vielmehr bekommen sie das Feedback, dass die Gäste es einfach interessant finden, dass es sie neugierig macht und sie es ausprobieren wollen.

Tatsächlich kennt man als Restaurant-affiner Städter schon diverse ähnliche Konzepte: bestellen per Tablet war vor einiger Zeit der letzte Schrei. Gerade Gastronomie-Konzepte wie Sushi-, Tapas- oder Burgerrestaurants, bei denen es viele kleine Gerichte oder Hauptgerichte zum Selber-Kombinieren gibt, überließen den sonst oft fehleranfälligen Bestellprozess gerne den Gästen. Auch hier wurde selten Personal gespart, man hoffte einfach auf mehr Bestellungen, weniger Unstimmigkeiten und auch die Anziehungskraft des Neuen.

An diesem kleinen Beispiel sieht man schon gut, wie unterschiedlich die Auffassungen eines Geschäftsmodells sein können. GründerInnen sind daher gut beraten, beim (konstruktivem) Feedback sehr hellhörig zu sein und sich gut zu merken, welches Verständnis die jeweiligen ZuhörerInnen vom Geschäftsmodell entwickelt zu haben scheinen. Will man das in Zukunft ändern, muss man seinen Pitch eben anpassen.

Die Gründer von Lampix könnten zum Beispiel das entsprechende Problem der Gastronomie genauer beschreiben, Kunden etwas Neues zu zeigen und sich von der Konkurrenz abzuheben. Oder das des Kellners, ein leeres Glas zur richtigen Zeit zu realisieren und auch direkt die Zeit zu haben den Gast anzusprechen. Im Idealfall finden sie dann noch eine Studie dazu, wieviel Umsatz durch entgangene Nachfüllungen verloren gegangen ist. So betonen sie direkt schon die Aspekte, die ihre Kunden ihnen genannt haben, und laufen noch weniger Gefahr, dass Personal-Einsparungen überhaupt zum Thema werden.

Zum Glück stehen sie hier recht offenen Investoren gegenüber und bekommen die Gelegenheit, ihr Geschäftsmodell in allen Aspekten genau zu erklären.

Allerdings reicht das den meisten nicht, denn Judith Williams glaubt nicht, dass die Technik wirklich in deutlichem Maße Gäste in ein Restaurant locken kann, und Nico Rosberg will sein Restaurant-Erlebnis auch gar nicht so digitalisiert haben.

Carsten Maschmeyer fühlt sich sogar eher an die harte Lockdown-Phase erinnert, wo man Essen nur per Handy oder Tablet nach Hause bestellen konnte. Auch sind ihm die bisherigen Zahlen zu schlecht. Und schließlich steigt noch Ralf Dümmel aus, denn der Handels-Fachmann sieht sich als falscher Investor für ein Restaurant-System.

Doch Dagmar Wöhrl, die einer der größten Gastronomie-Familien Deutschlands angehört, macht schließlich ein Angebot. 25% statt der angebotenen 10% will sie für die 250.000 Euro haben, die sich die Gründer wünschen. Nach einer ausführlichen Diskussion nehmen diese an.

Zwar ist der Deal letzten Endes nicht zu Stande gekommen, aber das Unternehmen hat nun Dank offenere Gastronomie wieder Gelegenheit, zu beweisen, wie neugierig sie die Kunden mit ihrem System machen können.

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Startup-Expertin Ruth Cremer (die für uns regelmäßig über die Gründer-Show schreibt) berät in “Die Höhle der Löwen”, Gründer*innen bei der Vorbereitung auf ihren großen Auftritt. In ihrem Buch nimmt sie alle, die sich für die faszinierende Welt der Startups interessieren, selbst gründen wollen oder überlegen, erstmals zu investieren, mit hinter die Kulissen der erfolgreichen TV-Show. Sie zeigt, worauf es bei einem Pitch ankommt, entschlüsselt die Codes von Investoren und verrät, wie man vor ihnen besteht..
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Foto (oben): TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Ruth Cremer

Ruth Cremer ist Mathematikerin und als Beraterin, Coach und Speaker tätig. Außerdem ist sie Hochschuldozentin im Bereich Unternehmertum und eCommerce. Die ehemalige Investment-Managerin kennt die Szene in- und auswendig und hilft Startups insbesondere dabei, Pitches vorzubereiten und Investment- sowie Akquisitionsprozesse zu meistern. Ruth Cremer ist bereits seit der fünften Staffel als externe Beraterin für das Format „Die Höhle der Löwen“ tätig und unterstützt die Auswahl und Vorbereitung der Kandidaten. Mehr zu ihr auch unter www.ruthcremer.de.