Konkrua: Keine Warenvorfinanzierung für Startups
Mal wieder hielt “Die Höhle der Löwen” eine Gründerstory für ihre ZuschauerInnen bereit, bei der ihnen wohl das Herz aufgegangen ist: Thailänderin Pim Ampikitpanich war zum Studium nach Deutschland gekommen und hatte ihren deutschen Freundinnen das echte thailändische Kochen beigebracht. Das brachte sie auf die Idee von Konkrua: Kochboxen für thailändische Gerichte mit echten, hochwertigen Zutaten direkt aus Thailand. Alle von Pim höchstpersönlich ausgesucht und getestet. Verpackt in einer handgemachten Tasche, die älteren Damen dort Arbeit gibt, so dass sie nicht mehr die schwere Feldarbeit verrichten müssen. Fast zu schön, um wahr zu sein.
Die Löwen sind begeistert vom Produkt, vom Geschmack, und von der Gründerin.
Denn die präsentiert auch noch hervorragende Geschäftszahlen: Mit 1000 Euro Startkapital schaffte sie es auf 35.000 Euro Umsatz im ersten, rund 80.000 Euro im zweiten und satten 200.000 Euro im dritten Geschäftsjahr. Doch das ist noch längst nicht alles, denn es hätte noch mehr sein können, wäre ihr nicht ständig die Ware ausgegangen. Über 400.000 Euro wären möglich gewesen, hätte sie für eine lückenlose Bestellmöglichkeit für ihre Kunden sorgen können.
Doch die Ware aus Thailand kommt in Containern, entsprechend große Mengen müssen jeweils bestellt werden, bevor etwas verkauft werden kann. Und die müssen dann eben auch finanziert werden. Circa 150.000 Euro des angefragten 250.000 Euro-Investments sollen in die Vorfinanzierung von drei Containern fließen, der Rest ist für Website-Überarbeitung und Marketing-Maßnahmen geplant.
Es klingt also ganz so, als ob Konkrua immer jeweils 50.000 Euro einnehmen muss, um die nächste Containerladung Waren einkaufen zu können. Das hemmt natürlich das Wachstum eines so jungen Unternehmens.
Und Pim steht damit nicht alleine. Viele junge Startups haben ähnliche Probleme. Gerade im Food-Bereich hat man dies in den letzten ein bis zwei Jahren häufiger gesehen. Denn da viele Einzelhändler zu Pandemie-Zeiten wegen fehlender Vor-Ort-Termine kaum neue Produkte ins Sortiment aufgenommen hatten, kam bald das böse Erwachen sinkender durchschnittlicher Warenkörbe. Eigentlich vorhersehbar, wenn man den Kunden nichts Neues mehr zum Ausprobieren anbietet. Und so gab es bald eine regelrechte Sogwirkung, besonders gesunde, nachhaltige und vegane neue Produkte wurden von der Nachfrage regelrecht überrannt. Und konnten sie oft nicht bedienen, da sie die notwendige Warenvorfinanzierung für solche Großaufträge gar nicht stemmen konnten.
Doch auch reine Online-Player wie Konkrua, die ihre Kunden gut targeten oder einfach einen Nerv treffen, stehen oft vor ähnlichen Problemen. Besonders, wenn wie in diesem Fall, die Ware in bestimmten, größeren Mengen eingekauft werden muss.
Umsatzpotenzial, das leicht zu heben ist, wenn man nur das Produkt produziert. Das Traum-Szenario für Investoren schlechthin. Doch daraus könnte man auch eigentlich ein Geschäftsmodell machen, könnte man meinen. Das gibt es auch schon: der klassische Bankkredit zur Warenvorfinanzierung. Nur leider weigern sich die allermeisten Banken hier, ihre Funktion zu erfüllen. Viele machen sich gar nicht erst die Mühe, die genaue Situation eines Startups zu prüfen. Es ist eben ein Startup und damit ist das Risiko zu hoch, wenn die GründerInnen nicht zum Beispiel private Sicherheiten anbringen können. Genauer anschauen muss man sich das dann gar nicht mehr.
Zwar gibt es viele schöne staatliche Konstruktionen wie etwa Förderkredite und Garantien, doch Banken legen oft munter weiter ihre Standards dafür an, die nicht nur aus einer Zeit stammen, in der noch niemand jemals den Begriff “Startup” je benutzt hatte, sondern in der es vermutlich noch gar keine Kochboxen, kein Internet und vermutlich noch nicht einmal internationalen Warenverkehr gab.
Auch wenn Letzteres nicht ganz ernst gemeint und sicherlich übertrieben ist: es gibt viel junge, eigentliche florierende und stark auf Wachstum gepoolte Unternehmen, die allein davon aufgehalten werden, dass sie ihre Ware nicht vorfinanziert bekommen. Selbst Erklärungen zu verpflichtenden Abnahmen seitens des Handels helfen hier oft nicht, und diese sind als kleines Startup auch nicht einfach zu bekommen.
Und der Staat lässt die GründerInnen hier – wieder einmal – alleine, eine wachsende Wirtschaft und mehr Arbeitsplätze scheinen wie so oft nur wünschenswert, wenn sie von großen Unternehmen kommen.
Also bleibt oft nur der Gang zu Investoren, was im Falle der Suche nach weiterer Unterstützung – wie bei Konkrua – auch völlig in Ordnung ist. Doch wenn es gerade wirklich nur an der Vorfinanzierung hängen sollte, ist es für GründerInnen natürlich ärgerlich, da hierfür Anteile abgegeben werden müssen, die vielleicht noch in eigener Hand hätten bleiben können.
Andere Finanzierungskonstruktionen wie Wandeldarlehen könnten natürlich eine Option sein, da so die Bewertung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden kann. Dabei sollte man allerdings auf die “Nebenbedingungen” wie Cap, Discount oder Wandlungstrigger achten, denn diese können eine auf den ersten Blick vorteilhafte Finanzierungsform auch schnell wieder unschön machen.
Doch da es diese Möglichkeiten in der Höhle nicht gibt, verhandelt die Gründerin nach, als die Löwen – einmal als Duo Judith Williams und Dagmar Wöhrl und einmal Dr. Georg Kofler – statt der angebotenen 20% ganze 30% von ihr haben wollen. Sie überzeugt dann sogar den normalerweise nicht verhandelnden Medienunternehmer, sich mit 23% zu begnügen, und zwischen den beiden kommt es zum Deal.
Leider konnten sie diesen nicht durchführen, so dass alle Zuschauer, die noch in den Genuss der Kochboxen kommen wollen, nun die Daumen drücken müssen, dass zumindest dieses Startup eine andere Möglichkeit der Warenvorfinanzierung auftut. Aber wer weiß, vielleicht realisiert ja noch irgendeine Bank, dass genau das eigentlich ihr Geschäftsmodell ist.
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