VapoWesp: Gibt es Moralcodes unter Investoren?
Das Mutter-Tochter Gespann von VapoWesp konnte bei “Die Höhle der Löwen” extrem überzeugen. Es gab mehrere Angebote und es fiel den Gründerinnen sichtlich schwer, sich zu entscheiden. Nico Rosberg wollte helfen, doch Georg Kofler fand das gar nicht in Ordnung und verließ am Ende sogar das Studio. Doch wie fair verhalten sich Investoren untereinander eigentlich und warum kann das wichtig für GründerInnen werden?
Nach dem Pitch von VapoWesp erwartete die Zuschauer von “Die Höhle der Löwen” eine echte Neuerung: Es gab ein Angebot ohne jede weitere Frage. Und dann auch noch zu genau den Konditionen, die die Gründerinnen sich gewünscht hatten: 75.000 Euro für 35 %. Georg Kofler war offensichtlich so überzeugt von dem Mutter-Tochter-Team, dass er gar nicht mehr wissen musste.
Doch Judith Williams und Ralf Dümmel rieten vehement dazu, dass die Gründerinnen aus Stuttgart besser noch abwarten sollten. Wahrscheinlich ahnten sie hier bereits, dass sie später in Konkurrenz zu dem Süd-Tiroler Löwen gehen sollten.
Und so geht es erst einmal “normal” weiter. Doch schnell wird auch den ZuschauerInnen klar: hier wurde ein echter Problemlöser entwickelt. Denn dass Wespen einem das Grillen im Garten ganz schön vermiesen können, das leuchtet jedem ein, der im Sommer schonmal draußen sitzt. Erst recht, wenn Essen und vielleicht sogar süße Getränke mit von der Partie sind. Dass ein Wespenstich aber gerade für Allergiker eine angsteinflößende Vorstellung ist, erläutern Ralf Dümmel und die Gründerin mit ihren persönlichen Fällen. Ein Kreislaufstillstand nach einem Stich in den Hals ist schließlich mehr als ein guter Grund, die eigentlich nützlichen Tiere nicht unbedingt in der Nähe dulden zu wollen.
Da die wenigsten Menschen giftige Insekten-Vertreibungsmittel einsetzen wollen, ist das alte Hausmittel des angezündeten Kaffeepulvers sehr verbreitet, auch wenn es keinen kompletten Schutz bietet. Angeblich vertreibt es aber die Wespen für einige Zeit. Doch es fehlte ein vernünftiges Gefäß zum abbrennen, eines, das nicht durchschmort und am besten noch den austretenden Qualm entsprechend der aktuellen Wespen-Situation regulierbar machte. Auch der Geruch des normalen Kaffeepulvers störte die Gründerinnen, und so bieten sie mit der Box auch Mischungen mit durch zum Beispiel Kräuter optimierten Geruch an.
Und damit überzeugen sie die Löwen. Carsten Maschmeyer steigt zwar aus, weil es für ihn als Technologie-VC nicht der richtige Investment-Case ist, betont aber, dass er Kunde werden wird.
Nach dem Angebot von Ralf Dümmel, der ebenfalls genau die Konditionen der Gründerinnen aufnimmt, verabschiedet sich ebenfalls Nico Rosberg als Investor. Er glaubt, dass es bereits Angebote von Investoren gibt, die den Gründerinnen mehr helfen können.
Doch mit Judith Williams, die sich der Bieter-Riege anschließt, haben die Gründerinnen nun die Qual der Wahl zwischen drei Löwen mit jeweils dem gleichen Deal-Angebot.
Nico Rosberg empfiehlt dann, dass sie sich zur Entscheidung zurück ziehen, und währenddessen rufen sie den Ehemann und Vater an und diskutieren ihre Optionen. Doch auch nach dem Gespräch wirken sie etwas unschlüssig.
Und ihre Unsicherheit bleibt nicht folgenlos: Nico Rosberg steht auf und geht durch den Käfig zum Beratungspunkt der GründerInnen in der Sendung, um ihnen zu helfen. Ob er einen konkreten Rat gibt, und wenn ja, welchen, bleibt den ZuschauerInnen allerdings vorenthalten. Vielleicht ist er aber auch gar nicht mehr dazu gekommen, denn die nun leicht verunsicherte wirkenden Löwen Judith Williams und Ralf Dümmel kommen einmal nachschauen, was denn da los ist. Der Begriff “Fairplay” fällt und bald gehen alle zurück.
Auf bitten der Gründerinnen machen schließlich Judith Williams und Ralf Dümmel ein Kombi-Angebot, doch man merkt schon, dass Dr. Georg Kofler sichtlich verstimmt ist, als Nico Rosberg nicht sagen will, warum er zu den Gründerinnen gegangen ist. Auch die Auflösung von diesen, dass er kein Angebot gemacht hat, sondern nur beraten wollte, hilft nicht viel.
Der Deal und die Entscheidung für das Investoren-Duo scheint dann fast nur noch Nebensache, denn nach dem Abgang von VapoWesp nimmt die Auseinandersetzung erneut Fahrt auf, doch Dr. Georg Kofler hat keine Lust mehr und verlässt ohne Mikrofon das Studio.
Judith Williams und Nico Rosberg selbst stellen daraufhin fest, dass sein Beratungsversuch wohl nicht so gut ankam.
Doch wie ist das abseits der Höhle, müssen GründerInnen hier auch vorsichtig sein, nicht zwischen die Fronten zu geraten? Ja, definitiv, denn in der Szene wird viel geredet. Nicht nur mit- sondern auch übereinander. Und auch hier kann es vorkommen, dass Investoren, die ein Investment bereits abgelehnt haben, Startup zu dem ein- oder anderen Investor raten. Oder sogar von einem abraten. Das kann hilfreich sein, gerade, wenn sie schon häufiger mit genau diesen zusammengearbeitet haben. Aber auch hier kann es schlecht ankommen, wenn der Investor, über den gesprochen wird, davon Wind bekommt. Denn natürlich möchte niemand, dass einem ein toller Deal entgeht, weil ein Dritter hier Einfluss genommen hat.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Situation normalerweise eben auch viel weniger offen ist als in der Löwenhöhle. Es kann also zu wesentlich mehr Missverständnissen kommen, zu mehr Verzerrungen und vielleicht sogar Unwahrheiten, wenn persönliche Abneigungen sich hochschaukeln.
Wenn Investoren sich dann anfangen zu streiten, ist es als Startup wichtig, sich so gut es geht da rauszuhalten. Natürlich will man seine Investoren-Gespräche nicht pausieren, aber man sollte sie als einzelne Gespräche betrachten und das Reden über andere – erst recht konkurrierende – Investoren weitestgehend vermeiden.
Ein Rat eines Dritten kann aber tatsächlich einfach nur gut gemein sein und auch wirklich wertvoll sein – man kann ihn also aufnehmen und schauen, wie er in das eigenen Bild passt, sollte ihn aber vor betreffenden Investoren keinesfalls thematisieren. Damit sollte man warten, bis der Deal gemacht oder endgültig abgesagt ist und man das Gefühl hat, ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut zu haben. Mit der nötigen Vorsicht kann man so irgendwann sehr wertvolle Einblicke in die Dynamiken zwischen den verschiedenen Investoren gewinnen, die vielleicht noch einmal hilfreich sein können.
Die VapoWesp-Gründerinnen haben alles richtig gemacht: zugehört, sich rausgehalten, soweit sie es konnten, und einen Deal mitgenommen. Sie hatten wohl recht mit ihrem Eingangs-Statement, dass sie nur Wespen vertreiben wollten und keine Löwen.
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