“Hört auf euer Bauchgefühl und macht es einfach!”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Katia Pott, Gründerin von Blue Farm. Das Berliner Startup setzt auf Haferdrink zum Selbermixen.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Ich habe vor fünf Monaten mein erstes Kind zur Welt gebracht und mir gemeinsam mit meinem Mann ein Betreuungsmodell geschaffen, in dem wir unsere Tage 50/50 aufteilen und wir im Wechselmodell halbtags auf unseren Sohn aufpassen bzw. arbeiten. Je nachdem also, ob ich unseren Sohn morgens oder nachmittags betreue, ist mein Arbeitsalltag auch ganz verschieden. Wenn ich mit morgens mit meinem Sohn starte, gehen wir meist immer erst einmal eine große Runde spazieren. Ich liebe es dann, am frühen Morgen durch Berlin zu schlendern und den Tag mit einem guten Podcast (How To Hack, Baby Got Business & Kassenzone) im Ohr zu starten. Wenn bei mir morgens Arbeiten ansteht, beginnt mein Tag tatsächlich bereits recht früh und nach einer kurzen Dusche und einem frischen, heißen Kaffee, setze ich mich gegen 7:30 Uhr an den Rechner und arbeite direkt los. Bis auf diese kleinen Dinge brauche ich tatsächlich keine besondere Routine, um in den Flow zu kommen.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Durch meinen kleinen Sohn habe ich tagsüber natürlich immer wieder Phasen, in denen ich mich voll und ganz auf ihn konzentriere und dadurch automatisch von der Arbeit “abschalte”. Ansonsten mag ich es aber auch sehr gerne gegen Abend eine kleine Sporteinheit – meistens Pilates für 20-30 Minuten – einzulegen. Man braucht einfach diese regelmäßige Bewegung, damit nicht nur der Kopf, sondern auch der Körper abschalten kann. Am Abend verbringe ich aber die meiste Zeit in der Küche beim Kochen, wo ich einfach extrem gut entspannen kann. Das gemeinsame Abendessen in unserer kleinen Familie ist ein sehr elementarer Bestandteil unseres Alltags, bei dem wir uns über den Tag austauschen und uns zu Terminen und die Betreuung unseres Sohnes abstimmen.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Tatsächlich war ich durch meine letzten beruflichen Stationen vor der Gründung schon ganz gut auf das Gründer-Leben vorbereitet, sodass es quasi keine Situation gab, die mich bisher komplett überrascht hat. Ich habe bisher schon immer recht eng mit Gründern zusammen oder auf Geschäftsführer-Ebene gearbeitet. Zudem ist mein Mann über viele Jahr selbst Gründer gewesen, sodass ich durchaus alle Höhen und Tiefen eines Startup-Lebens mitbekommen habe. Das war sicherlich eine wirklich wertvolle Erfahrung, durch die ich wusste, was auf uns zukommen wird und die mich auf viele Situationen vorbereitet hat. Da ich schon vor Blue Farm in Positionen auch mit Personalverantwortung gearbeitet habe, hat sich in meinem Arbeitsalltag in diesem Sinne gar nicht so viel verändert. Aber ganz sicher ist der persönliche Druck auf mich selbst größer geworden, da man nun in erster Instanz die direkte Verantwortung für alle Mitarbeiter hat und auch gegenüber Investoren verantwortlich dafür ist, dass das Unternehmen gesund wächst.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Wir haben Blue Farm im ersten Corona-Jahr gegründet und sind mit unserem Shop Anfang letzten Jahres online gegangen, als der Markt noch immer äußerst verunsichert war und wir generell mit vielen Limitationen zu kämpfen hatten – von den Möglichkeiten, Blue Farm bei unserer Zielgruppe offline zu aktivieren bis hin zu der Herausforderung, auch als Team während einer Zeit mit ständigen Lockdowns und Home Office zu wachsen. Das war und ist auch immer noch eine der größten Herausforderung für uns: Wir haben seit der Firmengründung kein festes Blue Farm-Office, sondern bisher immer zur Untermiete oder in Co-Working Spaces gearbeitet. Das ist zwar für uns als junges Unternehmen die am wenigsten riskante Lösung während Zeiten von Lockdowns und Home Office-Pflicht, jedoch eine extra Herausforderung für den Team Spirit eines noch so jungen Teams.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Tatsächlich fällt mir gerade keine Situation ein, die ich explizit als Fehler oder Fehleinschätzung beschreiben würde. Ich versuche in allen Entscheidungssituationen möglichst bewusst zu agieren und Pro und Contra abzuwägen, sodass ich im Nachgang mir selbst gegenüber die Gewissheit habe, immer mein Bestes gegeben zu haben. So komme ich nicht in die Situation, mich maßgeblich über Dinge zu ärgern, die sich am Ende doch nicht so entwickelt haben, wie ich es mir gewünscht hätte.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Ich vertraue beim Recruiting sehr stark auf Empfehlungen aus meinem Netzwerk. Freunde oder enge berufliche Kontakte kennen dich und deine Wünsche und Ziele für dein Unternehmen schließlich oft recht gut und haben ein Verständnis dafür, welches Mitarbeiterprofil gut zu deinem Unternehmen passen könnte. Für Blue Farm haben wir auf persönliche Empfehlungen hin schon einige Teammitglieder gefunden, mit denen wir auf allen Ebenen – fachlich, zwischenmenschlich, kreativ – eine prima Schnittstellen haben und die so toll ins Team passen. Im Hiring-Prozess ist für mich neben den inhaltlichen Skills, der Team Fit fast sogar noch wichtiger, da wir Blue Farm als inklusiven Ort verstehen, an dem jeder mit seiner individuellen Persönlichkeit willkommen ist.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Ehrlich gesagt – so banal es vielleicht klingt: Hört auf euer Bauchgefühl und macht es einfach! Wenn eine Idee in eurem Herzen und Kopf klickt, dann steht ihr auch mit eurer vollen Überzeugung dahinter und daraus kann doch eigentlich nur etwas Positives erwachsen, oder nicht? Ich denke, dass vor allem Frauen oft sehr risikobewusst sind und vor der mutigen Entscheidung zu gründen, gerne alle Wenn und Abers abgeglichen hätten. Dabei fließt aber bereits so viel “könnte, würde, sollte” in den Gedankenprozess hinein, dass das Risiko zu gründen, am Ende auf der rationalen Ebene oft zu hoch erscheint und die Idee somit wieder begraben wird. Der Funke wird so direkt erloschen bevor er überhaupt Feuer schlagen kann. Ich kann nur raten, in diesem intensiven Gedankenprozess viel mehr eine Chance zu sehen. Eine wichtige Erfahrung, die ich im daily business gemacht habe: Lernt zu erkennen und unterscheiden, bei welchen Themen 80% eurer Engagements für mehr Schnelligkeit ausreichen oder bei welchen Themen ihr sogar 110% Genauigkeit investieren müsst.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Ohne Slack würde wohl bei Blue Farm nichts gehen. Das Tool hilft uns extrem für unseren Teamspirit und dient als Hauptaustauschplattform während des Home Offices. Seit Neuestem arbeiten wir auch mit Notion – für alle Menschen, die eine gute Projektstruktur lieben und richtig viel Gestaltungsspielraum dabei mögen, ist das genau das richtige Tool.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Memes, Memes, Memes! (lacht) Unsere niederländische Mitarbeiterin verschluckt regelmäßig einen Clown zum Frühstück und bringt dann mit ihren Witzen das ganze Team zum Lachen. Wir haben einen eigenen Slack-Channel namens “High on Hafer”, in dem wir uns alles Witzige teilen, was uns tagtäglich so vor die Füße fällt. Ich glaube wir sind generell ein Team, welches sich nicht zu ernst nimmt und wir eine natürliche Atmosphäre, in der jeder so sein kann, wie er ist, in den Vordergrund stellen. Das strahlt am Ende auch unsere Marke aus. Unsere Kunden feedbacken uns immer wieder, wie fröhlich sie unsere Newsletter oder banale Bestellbestätigungs-Mails machen und dass die gute Laune in unserem Team stark abfärbt. Ich glaube auch, dass das Blue Farm-Team so besonders ist, da uns alle verbindet, gemeinsam an einer Mission und Vision zu arbeiten, die einen positiven Mehrwert für Menschen schafft. Wenn ich an Blue Farm denke, verbinde ich damit immer viel Herzlichkeit. Daher ist uns der Team Fit für den Auswahlprozess beim Bewerbungsverfahren auch so extrem wichtig.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Das war definitiv der Company Trip, den ich während meiner Zeit damals bei AMORELIE mitgemacht habe. Das gesamte Team mit über 100 Mitarbeitern ist für drei Tage nach Mallorca zum Ballermann geflogen. Das hat uns als Teamgemeinschaft so stark aneinander geschweißt und der Team Spirit konnte noch ewig von diesem Ausflug zehren.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.