#Interview
“Man muss auch kleine Erfolge zelebrieren”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Torsten Bendlin, Gründer von Valuedesk. Das in Bielefeld gegründete Unternehmen ermöglicht es Unternehmen und ihren Mitarbeiter:innen, versteckte Einspar- und Optimierungspotenziale zu erkennen.
Wie startest du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Ein produktiver Morgen fängt für mich gesund an – mit Tee, Pilates und Porridge. Danach verschaffe ich mir einen Überblick, was an diesem Tag ansteht. Ich gehe meine Checklisten durch und entscheide, ob es sinnvoll ist, ins Büro zu fahren oder im Home Office zu arbeiten. Die Quote liegt bei 50:50.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Das einzige Mittel für mich: Sport und Bewegung. Ich habe mir über die Jahre einen kleinen Fitnessbereich zu Hause eingerichtet, unter anderem mit einem modernen Wasserrudergerät. Dank meiner Apple Watch sehe ich immer genau, ob ich genug getan habe und wo ich im Wettbewerb mit meinen besten Freunden stehe.
Was über das Gründerdasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Dass alles viel länger dauert, als man denkt, insbesondere im Sales. SaaS-B2B-Sales sind ein zum Teil sehr, sehr langwieriger Prozess, bei dem man viel Resilienz beweisen muss. Es dauert, ein entsprechendes Netzwerk und eine Community aufzubauen und so wertvolle Empfehlungen durch Partner zu erhalten.
Was waren die größten Fehler, die du gemacht hast, und was hast du aus diesen gelernt?
Der größte Fehler war für mich, dass ich mich in bestimmte Kundendeals “verliebt” habe, bei denen ich felsenfest davon überzeugt war, dass eine Zusammenarbeit absolut sinnvoll ist und dass es auf jeden Fall zum Abschluss kommt. Ich habe viel zu viel Zeit und Energie in diese Leads investiert. Was habe ich daraus gelernt? Die bekannte Phrase der “willingness to walk away” anzuwenden. Das bedeutet, die Sales-Pipeline so zu füllen, dass man bereit ist, auf einzelne träge Leads zu verzichten und sich auf Leads mit höherem Potenzial zu konzentrieren.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Vor allem durch Glaubwürdigkeit und ein hohes Maß an Mitgestaltungsmöglichkeit. Ich glaube, das ist der Grund, warum die meisten Mitarbeiter zu uns kommen und bei uns bleiben. Hinzu kommt der Mix aus einem tollen zentralen Büro und Remote Work. Das Beste ist, dass man genau so, wie man ist, bei Valuedesk wertgeschätzt wird. In erster Linie ist es so, dass nicht das Unternehmen die neuen Mitarbeiter anzieht, sondern die bestehenden Mitarbeiter. Das Wichtigste ist, welches Gefühl, welche Kultur ein Unternehmen vermittelt. Auch in Recruiting gilt es natürlich, eine Pipeline aufzubauen und kontinuierlich alle relevanten Kanäle zu nutzen.
Welchen Tipp hast du für andere Gründer?
Erstens: Macht euch bewusst, dass alles viel, viel länger dauert, als man am Anfang denkt. Zweitens: Stellt ein ausgewogenes Team zwischen technik- und sales-affinen Leuten zusammen. Drittens: Nehmt mehr Geld auf, als ihr braucht. Sorgt für eine solide Finanzierungsbasis als Basis für Wachstum. Macht euch möglichst unabhängig von Investoren. Und viertens: Achtet auf das Timing: Das richtige Timing am Markt, das richtige Timing für Investoren und das richtige Timing für Mitarbeiter sind das Erfolgsrezept.
Ohne welches externe Tool würde das Startup quasi nicht mehr existieren?
Jetzt kommt, was wahrscheinlich alle sagen: Slack, Notion, HubSpot und die Google Suite.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für eine gute Stimmung?
Das ist natürlich eine besondere Herausforderung in Corona-Zeiten. In der hybriden Arbeitswelt ist es extrem schwierig, immer alle bei Top-Laune zu halten. Neue Deals, tolle neue Features, die von uns releast werden, und toller neuer Content aus unserem Marketingteam sorgen für gute Stimmung. Man muss auch kleine Erfolge zelebrieren, damit das ganze Team alle positiven Entwicklungen mitbekommt. Darüber hinaus mache ich mit jedem Mitarbeiter regelmäßig persönliche Meetings, möglichst beim Spazierengehen oder beim Mittag- oder Abendessen.
Was war bisher dein wildestes Startup-Erlebnis?
Das waren definitiv unsere Guerilla-Marketingaktionen! Ich erinnere mich gut daran, als der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier vor etwa zwei Jahren gemeinsam mit mir auf einer Bühne saß. Ich war als Startup-Vertreter dort und habe ihn gefragt, was er darüber denkt, dass durch Deutschland ein Ruck geht unter dem Motto “Gemeinsam mehr Wert”. Das war unser damaliger Slogan, den ich groß auf meinen Hoodie gedruckt hatte. Als der Moderator – Sebastian Borek von der Founders Foundation – diesen “Hack” erst mit einer gewissen Verzögerung erkannt hat, gab es großes Gelächter im Publikum. Das war eine lustige Aktion, wie wir sie früher oft gemacht haben.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.