“Wir möchten kein ‘Wachstum um jeden Preis'”
Vor fünf Jahren starteten die Cousins Jan Philipp Harmes und Joscha Stephan das Unternehmen Roadfans, eine Plattform zum Mieten von Wohnmobilen. “Wir kaufen in großen Mengen neue Wohnmobile bei bekannten Herstellern ein. Diese werden dann sechs bis acht Monate vermietet und anschließend verkauft. Unsere Kaufkunden können ihr Fahrzeug in unseren Stationen zum Service bringen und Zubehör kaufen”, erklärt Gründer Stephan das Konzept hinter seinem Unternehmen.
“Wir sind 2017 mit sieben Fahrzeugen gestartet. Wir haben alles selbst gemacht, gewaschen, repariert etc. Für uns war das essentiell, um unsere Idee zu testen und Kunden sowie Produkte kennenzulernen. Die Resonanz war vielversprechend – 2018 folgte der erste Mitarbeiter. Inzwischen haben wir elf Standorte mit rund 100 Mitarbeitern. Der Umsatz liegt im mittleren, zweistelligen Millionenbereich”, sagt der Roadfans-Macher zum Stand der Dinge.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Stephan außerdem über den Niederrhein, Jungfernfahrten und mittelmäßige Mitarbeiter:innen.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Roadfans erklären?
Hier kannst du ein Wohnmobil mieten, ohne dass du an Öffnungszeiten gebunden bist. Das funktioniert, weil du die komplette Übernahme des Wohnmobils am Handy durchführen kannst. Außerdem hast du die gesamte Bedienung deines Campers per App jederzeit unterwegs dabei. Dadurch sparst du dir eine zeitaufwendige Erklärung beim Vermieter, von der du die meisten Punkte ohnehin schnell wieder vergessen hast. Weil du nicht auf Öffnungszeiten angewiesen bist, kannst du dein Wohnmobil nach dem Urlaub entspannt am Sonntag wieder abstellen. Du musst nicht bis Montag warten. Damit du es maximal einfach hast, kannst du in der Roadfans-App in Zukunft auch Campingplätze buchen, Wohnmobile kaufen und Werkstatttermine buchen. Die Firma wächst schnell, von sieben Fahrzeugen in 2017 auf 1100 Wohnmobile im Jahr 2022.
War dies von Anfang an euer Konzept, oder hat sich euer Modell seit dem Start irgendwie verändert (Pivot etc)?
Aus Kundensicht war die Idee von Anfang an so konzipiert. Es wurde im Laufe der Jahre natürlich weiterentwickelt, mit der App und unserem Flagship Store in Düsseldorf als Highlights in diesem Jahr.
Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir kaufen in großen Mengen neue Wohnmobile bei bekannten Herstellern ein. Diese werden dann sechs bis acht Monate vermietet und anschließend verkauft. Vereinzelt laufen Fahrzeuge auch 18 Monate in der Flotte, wir möchten unseren Mietkunden aber wenn möglich immer Neuwagen zur Verfügung stellen. Unsere Kaufkunden können ihr Fahrzeug in unseren Stationen zum Service bringen und Zubehör kaufen. Um das ganzheitliche Kundenerlebnis abzurunden, können Roadfans-Kunden – Mieter und Käufer – in Zukunft über unsere App Camping- und Stellplätze buchen. Damit sind wir auch unterwegs ihr erster Ansprechpartner.
Wie ist überhaupt die Idee zu Roadfans entstanden?
Alles begann im Sommer 2016 mit meinem Plan, ein Wohnmobil zu mieten und einen Roadtrip Richtung Gardasee zu machen. Vier bis fünf Tage mit seinen Freunden einfach rausfahren. Sonnenbrille auf, Musik an, Kühlschrank voll und los. Frei und unabhängig Reisen, überall dort stehenbleiben, wo es einem gefällt, die Natur genießen, etwas Sonne tanken und den Alltag für ein paar Tage hinter sich lassen. Der Plan war geschmiedet, doch beim Versuch einen Camper online zu mieten wurde dieser Traum schnell zu Nichte gemacht. Das Fahrzeug musste mindestens 7 Tage gemietet werden. Hinzu kamen feste Übernahme- und Rückgabezeiten, an die sich gehalten werden musste und die einen kostbare Zeit rauben. Mit Freiheit und Unabhängigkeit hatte dies leider nichts mehr zu tun. Das widersprach fundamental unseren Vorstellungen und musste doch auch besser zu lösen sein. Die Idee für Roadfans war geboren. Eine Vermietstation in Stadtnähe, bei der du dein Wohnmobil 24/7 abholen und zurückgeben kannst. Du sollst kurzfristig verreisen können, ohne dich an feste Mindestmietdauern binden zu müssen. All dies wird ermöglicht durch ein Konzept, welches die Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent nutzt.
Wie hat sich Roadfans seit der Gründung entwickelt?
Wir zwei Gründer sind 2017 in Mönchengladbach mit sieben Fahrzeugen gestartet. Wir haben alles selbst gemacht, gewaschen, repariert etc. Für uns war das essentiell, um unsere Idee zu testen und Kunden sowie Produkte kennenzulernen. Die Resonanz war vielversprechend – 2018 folgte der erste Mitarbeiter. Inzwischen haben wir elf Standorte mit rund 100 Mitarbeitern. Der Umsatz liegt im mittleren, zweistelligen Millionenbereich. Es wäre sogar noch mehr Wachstum möglich gewesen, wir möchten allerdings kein “Wachstum um jeden Preis”. Die Qualität und damit die internen Prozesse müssen das Wachstum abbilden können, sonst leidet die Kundenzufriedenheit. Darüber hinaus ist uns unsere Unternehmerische Freiheit wichtig, weshalb wir aus der eigenen Profitabilität heraus wachsen wollen ohne große Finanzierungspartner an Bord zu nehmen.
Euer Firmensitz ist Mönchengladbach, also abseits der großen Startup-Zentren. Ist dies ein Vor- oder ein Nachteil?
In Zeiten von Home Office halte ich den Standort nur begrenzt für einen wichtigen Faktor. Unsere Mitarbeiter kommen aus ganz Deutschland uns sehen sich meistens per Videokonferenz. Darüber hinaus haben wir ein Filialsystem. Sprich die meisten Mitarbeiter arbeiten an den 11 Standorten in ganz Deutschland. Die Zentrale ist und bleibt aber am Niederrhein in Mönchengladbach und das sagen wir mit Stolz. Der Niederrhein ist eine attraktive Region, man ist schnell in den Niederlanden an der Nordsee und die große Metropolregion Rhein Rhur mit der Landeshauptstadt Düsseldorf ist in rund 25 Minuten erreichbar.
Und ist es nun ein Vor- oder Nachteil, dass Du und Dein Mitgründer Jan Philipp Harmes verwandt seid?
Ein Vorteil. Man versteht sich oft blind, einer baut den anderen auf in schwierigen Zeiten. So lange man die rationale, professionelle Ebene aufrecht erhält halte ich Familienunternehmen für nachhaltig erfolgreicher.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Eine Menge, sonst ist man nicht innovativ genug. Zum Beispiel wollten wir zwischendurch mal Caravans, also Wohnwagen, vermieten. Die Zielgruppe war anders als beim Wohnmobil, das haben wir unterschätzt. Die Nachfrage war demensprechend schleppend. Der Höhepunkt war, dass der erste Caravan die Jungfernfahrt nicht überlebte, weil der Kunde seine Anhängerkupplung nicht korrekt befestigt hatte. Das war ein Wink des Schicksals, dass wir von der Wohnwagenvermietung lieber die Finger lassen.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Ich denke Perfekt ist man nie, es geht immer besser. Das treibt uns an. Stolz sind wir auf unser Team, unsere Mitarbeiter und unsere Unternehmenskultur. Außerdem darauf, dass wir zu vielen Projekten auch Nein sagen können und nicht Wachstum um jeden Preis betreiben, wenn es nicht dem Kunden dient.
Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Fokussiere dich und lerne nein zu sagen, gewinnen wird der mit der besten Umsetzung, nicht der mit den meisten Ideen. Wenige gute Mitarbeiter sind besser als viele mittelmäßige. Nimm Ideen aus verschiedene Branchen und implementiere sie in deiner Organisation
Wo steht Roadfans in einem Jahr?
Tausende Menschen hatten mit unseren Fahrzeugen einen tollen Urlaub. Wir eröffnen einige neue Standorte und mit unserer App kann man aus einer großen Auswahl an Stationen und Campingplätzen wählen.
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