So könnt ihr die Klimatransformation im eigenen Unternehmen vorantreiben
Es herrscht Aufbruchstimmung in der deutschen Wirtschaft: Fast jedes zweite Unternehmen will bereits perspektivisch klimaneutral werden (Quelle: Bitkom). Auf dem Weg dorthin müssen Unternehmen allerdings zuallererst die eigene Klimawirkung erfassen und CO2-Emissionen durch zielgerichtete Maßnahmen reduzieren. Um die eigene Klimaleistung tatsächlich zu steigern und glaubwürdig Transformation umzusetzen, sollten dabei erst im letzten Schritt und lediglich die nicht vermeidbaren Emissionen ausgeglichen werden.
Von Klimazielen zur Umsetzung!
Was hier in drei einfachen Schritten aufgezählt ist, stellt in der Praxis oft eine große Herausforderung dar. Vielen Unternehmen fehlen die Ressourcen, das Know How sowie verlässliche Daten für die Umsetzung effektiver Maßnahmen. So konnten laut World Economic Forum 2021 nur rund 7 % der Unternehmen, die sich ambitionierte Klimaziele setzen und messen, tatsächlich Reduktionsmaßnahmen umsetzen.
Daher ist es zunächst wichtig, die verschiedenen Impact-Bereiche zu kennen, in denen Unternehmen effektive und langfristige Reduktionsmaßnahmen – sowohl bei internen Prozessen als auch entlang der Lieferkette – angehen können. Zahlreiche Pionier:innen bieten dabei schon heute innovative Tools und Ansätze, um auf CO2-arme Prozesse umzusteigen und Emissionsquellen zu vermeiden. Im Folgenden stellen wir 7 der Impact-Kategorien und deren wichtigste Best Practices für Unternehmen und Startups genauer vor.
Klimalösungen in 7 Impact-Kategorien entdecken:
Energie
Wir alle wissen es: Eine klimakompatible Energiewirtschaft ist nur dann möglich, wenn statt fossiler Energiegewinnung zunehmend erneuerbare Energiequellen genutzt werden. 40 Prozent der globalen Emissionen lassen sich so laut IEA (Internationale Energieagentur) weltweit bis 2050 einsparen. In der Praxis kann die Umstellung auf 100 % Ökostrom allerdings Herausforderungen stellen. Welche Energieform ist sinnvoll, wie bekommt man Solar aufs Dach und wann amortisieren sich die Investitionskosten? Klimapioniere wie der genossenschaftlichen Energieversorger Green Plant Energy haben es sich zum Ziel gemacht, die vollständige Energieversorgung aus erneuerbaren Energien einfach und unkompliziert zu ermöglichen. Gerade heute, in Zeiten eines turbulenten Energiemarktes, wichtiger denn je.
Gebäude und Büro
Zu den direkten Emissionen eines Unternehmens gehören auch jene aus Gebäudenutzung, Anlagen und Büroräumen. Hier lassen sich Einsparpotenziale direkt durch innovative Heiz-, Kühl- und Lüftungssysteme heben, beispielsweise durch die Steuerung über Gebäudemanagementsysteme oder IoT-Lösungen. Weitere Quick Wins im Büro stellen der Einsatz klimafreundlicher Druckverfahren sowie Arbeits- und Büromaterialien dar. Das gemeinnützige IT-Unternehmen AfB social and green IT bietet beispielsweise professionell aufgearbeitete, gebrauchte IT- und Mobilgeräte. Langfristig gilt es allerdings die Gebäudeplanung von Anfang an klimakompatibel zu gestalten. CAALA bietet hierfür z. B. ein Software-Tool zur energetischen, ökologischen und wirtschaftlichen Gebäudeoptimierung sowie eine umfangreiche Energieberatung.
Industrie und Produktion
Im Bereich Industrie und Produktion ist Zirkularität in aller Munde. Durch effiziente und wiederkehrende Nutzung von Ressourcen können Unternehmen ihre Klimaleistung enorm verbessern. Ein wirksames Klimamanagement zielt daher darauf ab, Produktionsprozesse energieeffizienter und ressourcenarmer zu gestalten. Dadurch werden nicht nur Risiken und Emissionen minimiert – auch Kosteneinsparungen und ein positiver Einfluss auf weitreichende Nachhaltigkeitsziele können erzielt werden.
In der praktischen Umsetzung von kreislauffähigen Prozessen unterstützt CYRKL, ein internationales Technologie- und Beratungsunternehmen, welches mit seinem online Marktplatz ebenfalls direkt die industrielle Wiederverwendung von Ressourcen ermöglicht.
Mobilität
Mitarbeitermobilität ist ein oft übersehener Punkt, zeigt sich aber besonders bei Serviceunternehmen deutlich in der eigenen CO2-Bilanz. Hier können signifikante Reduktionspotentiale umgesetzt werden, indem die Nutzung alternativer Transportmöglichkeiten gefördert wird – beispielsweise durch Budgets für öffentliche Verkehrsmittel oder ein eigenes Jobrad. Arbeitgeber:innen, die hier neue Möglichkeiten schaffen, setzen ein wichtiges Zeichen für klimarelevantes Handeln im Alltag. Der Softwareanbieter MOBIKO setzt sich für flexible und klimakompatible Mobilitätsbudgets ein, welche Mitarbeiter:innen unkompliziert direkt via App nutzen können.
Food
In Deutschland landen immer noch rund 50 % aller Lebensmittel in der Tonne. Die Reduktion von Abfällen in der hauseigenen Gastronomie, in Kantinen und bei Außerhausverpflegung stellt daher im Bereich Food für Unternehmen ein deutliches Potenzial zur Verbesserung der eigenen Klimawirkung dar. Durch den Einsatz eines effektiven Food-Waste-Managements lassen sich Umweltbelastungen und Kosten einfach reduzieren. Die KI-Plattform Delicious Data unterstützt direkt bei der Prozessoptimierung des Wareneinsatzes sowie bei der klimakompatiblen Lebensmittelnutzung.
Digitales und Service
Digitalisierung ist im Klimamanagement nicht mehr wegzudenken. Entscheider:innen setzen heute Softwarelösungen ein, um vergleichbare Emissionsdaten für das Carbon-Accounting sowie für das umfassende CSR-Reporting zu generieren. Dabei darf neben der eigenen Klimawirkung ebenso die Lieferkette nicht außer Acht gelassen werden, denn hier entsteht der Großteil der Emissionen. Zur langfristigen Zielerreichung gehört daher die strukturierte Datenerfassung und Visualisierung des Klimareifegrads der Lieferanten in der Wertschöpfungskette. So werden in Zukunft Einkaufsentscheidung auf der Grundlage klimarelevanter Daten getroffen und zur erfolgreichen Klimatransformation entlang der gesamten Lieferkette genutzt. Mit The Climate Choice bieten wir eine smarte Software-Plattform zur Dekarbonisierung von Unternehmen und ihren Lieferketten. Das Kernprodukt, der Climate Readiness Check, unterstützt Unternehmen dabei, klimarelevante Daten in 5 Dimensionen zu erfassen, den individuellen Klimareifegrad zu verstehen und passgenaue Handlungsmaßnahmen zur CO2-Reduktion abzuleiten.
Umwelt
Last but not least – die Frage aller Fragen: Sollten nicht vermeidbare Emissionen ausgeglichen werden? Laut UN besteht die Definition von “klimaneutral” aus CO2 messen, stark reduzieren und vermeiden und nicht vermeidbare Emissionen ausgleichen. Dies ist seit dem Kyoto-Protokoll durch den Kauf von CO2-Zertifikaten möglich. Unternehmen können diese freiwillige Klimaschutzmaßnahme nutzen, um ihren positiven Einfluss dort auszubauen, wo heute Klimaschutzmaßnahmen schwer zu finanzieren sind. Dabei gilt es allerdings unbedingt zu beachten, dass sich durch das sogenannte Offsetting die eigene CO2-Bilanz nicht verändert – es werden hierdurch keine Emissionen im eigenen Unternehmen reduziert. Zusätzlich ist die Auswahl der Projekte kritisch, hier gilt es auf Qualität statt auf den Preis zu achten. Zahlreiche Beratungen und Plattformen unterstützen heute dabei, die passende Maßnahme für sich zu finden. Ein interner CO2-Preis sollte sich dabei allerdings nicht an den Kosten für CO2-Zertifikate orientieren, sondern vielmehr an den wahren Umweltkosten, die laut Umweltbundesamt bei weit mehr als 180 € pro Tonne liegen.
Ob Unternehmen auch im eigenen Haus Klimastandards und Normen zur Erfüllung internationaler Regulation und Kundenanforderungen erfüllen, lässt sich in Zusammenarbeit mit Umweltgutachterorganisationen prüfen. Die Zertifizierungsstelle OmniCert prüft und berät Unternehmen beispielsweise dabei, welche Anforderungen auf sie zukommen und wie sie ihr eigenes Qualitätsmanagement daran zukunftsorientiert anpassen können.
Best Practices der Klimatransformation
Dies ist nur ein kleiner Auszug an praktischen Klimalösungen und Handlungsvorschlägen zur Dekarbonisisierung. Viele weitere hilfreiche Inhalte zur Umsetzung der Klimatransformation lassen sich im Best Practice Guide 2021 finden, welcher die gesamten Ergebnisse und wichtigsten Erkenntnisse des CLIMATE TRANSFORMATION Summit 2021 vorstellt.
Über die Autorin
Lara Obst ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von THE CLIMATE CHOICE. In ihrer Masterthesis entwickelte sie ein Modell zur Sustainability-Performance-Messung auf Geschäftsebene, welche den europäischen Philipp-De-Wood-Preis von Deloitte erhielt. Seitdem war sie u. a. Co-Founder von MOWEA (modulare Windenergieanlagen), Venture Developer von Weeve.network (Blockchain IoT Platform) und Corporate Accelerator Manager DACH bei Climate-KIC.