“Es kommt überhaupt nicht auf Inhalte der Zukunft an”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Alexander Gran, Gründer von bobbie. Der digitale Baustoffhändler, der in München und Aachen residiert, bietet Baufirmen über seine Plattform die Möglichkeit in kürzester Zeit einen Überblick über alle Baustoffhersteller und -produkte zu bekommen.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
An einem normalen Tag bringe ich meine Tochter zur Tagesmutter und gehe anschließend ins Büro. Während der Viertelstunde Fußweg kann ich prima umschalten und in Ruhe meinen Tag planen, bevor ich in den hektischen Arbeitsalltag starte. Dann gibt es erstmal einen Kaffee und los geht’s!
Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
An vielen Tagen ehrlicherweise gar nicht, dann denke ich auch nach Feierabend noch viel über anstehende Projekte nach. Am besten funktioniert für mich da eine gesellige Runde mit Freunden, auch in einem ausgedehnten Sommerurlaub kann ich gut runterkommen. Zum Einschlafen hilft es mir ungemein, die im Kopf herumspukenden Gedanken flott zu Papier oder Smartphone zu bringen.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Wie tief und lang die emotionalen Tiefen sein können. Wenn 20 Arbeitsplätze von einem abhängen, aber man gerade nicht weiß, was man tun kann, oder noch schlimmer, auf Feedback von Investor:innen wartet, ist das verdammt hart.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Bis zur Gründung nicht so viele. Vermutlich waren die 53 Unterschriften, die wir zum Anlegen der Geschäftskonten benötigt haben, die größte Hürde. Die wirklichen Hürden kamen alle danach.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Da fallen mir vor allem zwei ein: Ich habe völlig unterschätzt, dass das Geschäft in einem sehr nah benachbarten Markt doch vielleicht ganz anders laufen kann als im eigenen. Da bin ich arg ausgelacht worden, aber schlimmer war die Erkenntnis, dass man immer aufpassen muss, ob man sicher ist, dass man einen Markt wirklich verstanden hat. Zum anderen nicht zu verstehen wie der deutsche VC so tickt. Dass es überhaupt nicht auf Inhalte der Zukunft ankommt, sondern auf eine Kombination aus Buzzword, erwarteter Wiederverkäuflichkeit und Extrapolation historischer Umsatzkurven. Wir mussten sehr viele Gespräche führen bis wir das verstanden haben.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Am allerbesten über das Netzwerk. Egal ob über den lokalen Digital-Hub, Schwimmverein oder die Studierendenverbindung. Die Employer Brand und die Wahrnehmung des Unternehmens ist gerade am Anfang viel zu gering, Headhunter:innen viel zu teuer. Das ändert sich natürlich mit der Zeit. Vor allem hilft aber das Netzwerk ein Stück dabei, die Leute einzuschätzen und die richtigen Kandidat:innen einzustellen.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Vernetzt Euch. Es gibt genug individuelle Fehler für Euer Startup, da müsst ihr nicht auch noch die machen, die andere schon vorher gemacht haben. Und holt gute Dienstleister, die Euch Dinge abnehmen, welche nicht in der Kernkompetenz liegen. Gerade in der Anfangsphase muss man nicht alles selber machen. 90 % davon ist Pflicht, aber hilft nicht sich von der etablierten Konkurrenz zu unterscheiden.
Ohne welches externes Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Magento offensichtlich, aber auch Slack und Pipedrive bzw. jetzt Hubspot vermutlich. Aber noch wichtiger sind die Whiteboard-Aktionen, um wirklich komplexe Dinge zu diskutieren.
Wie sorgt ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Burger und Bier stehen hoch im Kurs. Ansonsten hilft noch der Slack Channel #dummeszeug. Bis vor einer Weile hatten wir einen Bürohund, das war richtig toll für das Klima im Team. Da brauchen wir jetzt wieder Verstärkung.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Ein großer Wettbewerber hatte ein Beratungsunternehmen damit beauftragt, einen Workshop mit dem Thema “Nightmare Competitor” zu veranstalten. Die Berater haben recherchiert und uns eingeladen. Dann hat der Auftraggeber uns prompt wieder ausgeladen, wegen angeblichen “Interessenskonflikten”. Ich glaube, wir waren zu viel Nightmare. Das war schon ziemlich verrückt.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.