Drei Phasen der GmbH-Gründung: So kann man das private Haftungsrisiko in der Gründungsphase geringhalten
Jeder Startup-Gründer steckt voller Energie. So hoffen viele, ihr Unternehmen möglichst unkompliziert zu gründen, um die Produktidee zügig auf den Markt zu bringen. Auch wenn sich diesbezüglich die Situation durch eine Reihe von Gesetzesreformen in den vergangenen Jahren verbessert hat – im Handumdrehen gründet niemand ein Unternehmen. Die Gründungsphase einer UG oder GmbH (als die beiden klassischen Rechtsformen eines Startups) gliedert sich vielmehr in drei Phasen – mit entscheidenden Unterschieden im Hinblick auf die Privathaftung.
Eine gute Geschäftsidee in der sogenannten Pre-Seed-Phase etabliert sich früher oder später. Doch diese Startup-Phase ist für Gründerinnen und Gründer nicht immer einfach und geht sicher nicht über Nacht. Vor der Gründung des eigenen Unternehmens müssen sie einige Formalitäten erledigen. Wenn es ihnen jedoch in den Fingern juckt und sie nicht warten können oder wollen, bis das Unternehmen nach der notariellen Beurkundung der Gründungsurkunde durch die elektronische Handelsregistereintragung formell wirksam gegründet ist, müssen sie nicht vollkommen stillhalten.
Wer bereits Bestellungen aufgibt, einen Vertrag mit einem Partner abschließt oder anderweitige Vereinbarungen trifft, sollte sich unbedingt über die aktuelle Rechtslage informieren. Die Gründung einer Gesellschaft gliedert sich nämlich in drei verschiedene Phasen, die letzte Phase ist erst die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung – kurz GmbH. Gerade bevor der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet wird und ins Handelsregister eingetragen wird, befürchten viele Gründer, für Rechtsgeschäfte eigenverantwortlich haften zu müssen. Denn zu diesem Zeitpunkt besteht noch keine Kapitalgesellschaft, die als Haftungsschutz fungieren kann. Jetzt aber hat der Bundesgerichtshof ein wegweisendes Urteil gesprochen. Die Entscheidung der Richter gibt ambitionierten Firmengründern die Möglichkeit, bereits vor Abschluss der Gründungsphase aktiv zu werden, ohne die Gefahr einer persönlichen Haftung einzugehen. Karlsruhe hat in dem Zusammenhang die drei Phasen der Gründung nochmal klar definiert.
Drei verschiedene Gründungsphasen
Die Phasen sehen folgendermaßen aus: Von der ersten Geschäftsidee bis zum ersten Notartermin existiert das Startup als Vorgründungsgesellschaft (sofern mehr als ein Founder existiert). In dieser Zeit haften die Gründungsgesellschafter grundsätzlich persönlich für alle Verträge und Rechtsgeschäfte, die sie in dieser Zeit abschließen sowie für alle Verbindlichkeiten. Der Hintergrund ist, dass die Vorgründungsgesellschaft eine Personengesellschaft (grundsätzlich in Form einer GbR) ist, welche keinen persönlichen Haftungsschutz bietet. Das ergibt auch rechtspolitisch auch Sinn: Denn in dieser Phase muss man noch kein Stammkapital zugunsten der Gläubiger einzahlen.
Doch mit dem ersten Notartermin wird aus der Vorgründungsgesellschaft aus eine sogenannte Vor-GmbH. Aus rechtlicher Sicht handelt es sich hierbei um eine Rechtsform sui generis. Das heißt, das Unternehmen handelt nun mit den gleichen Rechtsvorschriften wie eine GmbH – auch wenn es noch keine ist. Die Vorschriften des GmbHG über den persönlichen Haftungsschutz sind allerdings bereits anwendbar, sodass eine eigene Haftung für die Verbindlichkeiten von nun an nicht mehr in allen Fällen zutrifft. Allerdings bedeuten die Grundsätze auch, dass Gründerinnen und Gründer für Schulden, die das Unternehmen vor der offiziellen Beurkundung der Gründungsdokumentation beim Notar gemacht hat, grundsätzlich privat aufkommen müssen. Das Urteil sorgt diesbezüglich für zusätzliche Rechtssicherheit, wie man die persönliche Haftung auch in dieser Phase vermeiden kann.
Der Kniff mit dem Unternehmen „in Gründung“
Das gelingt mit einem leichten Kniff. Es ist zielführend, die abgeschlossenen Verträge in dieser Phase unter die aufschiebende Bedingung zu stellen, dass das in der Vorgründungsphase befindliche Unternehmen im Nachgang zum Vertragsschluss im Handelsregister eingetragen wird – und damit erst zur Entstehung gelangt. Denn in der Phase, bevor das Unternehmen eingetragen ist, hätte der Vertrag nur eingeschränkte Gültigkeit. Ganz konkret heißt das: Die Verträge sollten im Namen der GmbH in Gründung, kurz „i.Gr.“ geschlossen werden.
Das bedeutet also, dass das Vertragsverhältnis erst mit der späteren GmbH zustande kommt, sobald diese wirksam gegründet ist. Ein letzter Schritt ist noch zu gehen: § 177 des Bürgerlichen Gesetzbuches sieht vor, dass das individuelle Rechtsgeschäft noch konkludent – sich also durch schlüssiges Verhalten ableitet – vom Geschäftsführer genehmigt wird. So lässt sich das Risiko der persönlichen Haftung ganz zu Beginn der Unternehmensgründung vermeiden. Dem Tatendrang der Gründerinnen und Gründer tut das folglich keinen Abbruch.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem April dieses Jahres zeigt: Die Rechtsgrundsätze zu den einzelnen Phasen einer GmbH-Gründung sind klar definiert, genauso wie die Haftbarkeit der Gründerinnen und Gründer je nach Unternehmensform. Es stellt klar, inwiefern sie bereits in der Pre-Seed und Seed-Phase Verträge ohne persönliches Haftungsrisiko abschließen können und in welcher Form das geschehen muss – der entscheidende Kniff ist der Vertrag mit dem Unternehmen „in Gründung“. So funktioniert der Start ins Abenteuer eines Start-ups ohne großes persönliches Risiko.
Über die Autoren
Patrick Müller und Markus Rabe sind Salaried Partner bei der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek. Beide sind Experten für Handels- und Gesellschaftsrecht.
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