“Ich habe die Hilfsbereitschaft anderer Gründer und Experten unterschätzt”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Sebastian Baier, Gründer von buynomics. Das junge Kölner Unternehmen hilft Unternehmen bei der “Preisgestaltung sowie der Komposition von Produkt-Portfolien”.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Ich versuche, gegen 6:30 Uhr den Arbeitstag zu starten. Oft gehe ich sehr früh mit meinem Hund laufen, was mal besser und mal schlechter klappt. Die Zeit am Morgen brauche ich, um ungestört an inhaltlichen Themen zu arbeiten. Ab 9:15 Uhr starten dann Team-Standups und Termine.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Sehr unspektakulär: Sport, Hund, Bond.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Theoretisch passieren nicht so viele Dinge, die man nicht irgendwo schon einmal gehört und erwartet hat. Aber praktisch ist die Amplitude und Frequenz der positiven und negativen Ausschläge am Anfang erst mal gewöhnungsbedürftig.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Technisch gibt es ja kaum Hürden: GmbH anmelden und los geht’s. Darüber hinaus ist natürlich die Toolbox für Gründungen deutlich umfangreicher geworden. Für uns ist sicherlich besonders die Zugänglichkeit von Cloud Computing enorm wichtig gewesen. Es ist eher die Gewöhnung, dass Du jetzt alles entscheiden kannst – was sehr cool ist – aber natürlich auch für alles verantwortlich bist – was eine Herausforderung ist. Insgesamt muss man als Gründer schnell herausfinden, was wichtig für das eigene Unternehmen ist und wo man das selbst stemmen kann und wo man Leute von außen holt, die bestimmte Dinge besser können als man selbst.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Der Klassiker: Am Anfang haben wir zu lange gewartet das Produkt echten Kunden zu zeigen. „If you are not embarrassed by the first version of your product, you’ve launched too late.“ ist ja schon eine Binsenweisheit. Aber das tatsächlich umzusetzen ist eine andere Sache: Insbesondere, wenn man wie wir große B2B-Kunden hat und nicht die ersten tausend Kunden mit einem dysfunktionalen Produkt verprellen kann. Wir sind jetzt dazu übergegangen schon Produktideen auf Basis von Wireframes mit Kunden zu diskutieren. Da bekommen wir sehr wertvolles Feedback und vielen Kunden finden es super, dass sie die Weiterentwicklung des Produktes mitgestalten können. Außerdem habe ich die Hilfsbereitschaft anderer Gründer und Experten unterschätzt. Wenn man was Interessantes macht und einfach auf die Leute zugeht, spricht eigentlich jeder mit Dir und da gibt es oft sehr hilfreiche Ratschläge von sehr hochkarätigen Experten. 90% der Herausforderungen, die man als Startup hat sind anderen Gründern schon begegnet. Daher ist der Austausch super wertvoll. Das hätte ich in manchen Bereichen gerne früher getan, da man so eigene Entscheidungen viel informierter treffen kann.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Bei der Auswahl schaue ich vor allem auf Begeisterung für unser Produkt und die Fähigkeit in schwierigen Situationen zurecht zu kommen. Das ist oftmals berufliche Erfahrung, kann aber auch eine Fahrradtour durch Südamerika sein. Außerdem versuchen wir schon beim Interview ein möglichst realistisches Bild zu vermitteln und neben den Möglichkeiten auch die Schwierigkeiten zu nennen: man kann sehr schnell sehr viel Verantwortung bekommen, aber wir segeln natürlich durchs Südpolarmeer…
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
MINIMUM Viable Product bauen, hart testen und schnell Kunden zeigen. Als Gründer so nah wie möglich am Produkt sein und so viel Zeit wie möglich damit verbringen. Mitarbeiter finden, die Dinge so gut machen, dass es Dir peinlich ist, wie Du sie vorher selbst gemacht hast. Jeden 7. Tag Pause. Das steht nicht umsonst so in der Bibel…
Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Kaffee. Sonst sind für uns insbesondere Kommunikationstools enorm wichtig, da fast 50% unserer Mitarbeiter gar nicht in Köln, sondern zum Beispiel in Barcelona, Hamburg oder London arbeiten. Ohne Slack, Jira, Trello oder Zoom wäre das gar nicht möglich.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Am besten sind natürlich gemeinsame Erfolge. Ansonsten: möglichst viel Transparenz in der Kommunikation und kein Bullshit. Beim Arbeiten bevorzugen wir interdisziplinäre und wechselnde Teams, was den Wissensaustausch fördert. Außerdem veranstalten wir regelmäßig Events sei es ein Abend in einem Kölner Brauhaus oder eine Knowledge Sharing-Runde, in der wir voneinander lernen können.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Mein Mitgründer Ingo und ich sind sonntags von Köln nach Amsterdam gefahren, um unseren ersten Entwickler einzustellen. Er ist US-Amerikaner, hatte eigentlich schon einen Vertrag in den USA unterschrieben und war vorher noch auf Europareise. Der Kontakt kam über 3 Ecken. Wir haben ihn kalt angeschrieben, 3 Stunden in einem Café in Amsterdam interviewt und dann überzeugt, das Unternehmen mitaufzubauen.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.
Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness
In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen genaueren Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründerinnen und Gründer, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen gerade von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedIn, Facebook und Instagram.