#Interview
“Bereite dich auf einen Marathon vor – und nicht auf einen Sprint”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Maraja Fistanic, Gründerin von LegalTegrity. Das junge Unternehmen positioniert sich als “digitale Hinweisgeber-Lösung für den Mittelstand”.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Alltag?
Wann mein Wecker klingelt, variiert je nach Ort und Terminen, eines bleibt dagegen immer gleich: Nach dem Aufstehen mache ich mir einen Tee, bestehend aus frischem Ingwer mit Zitrone, ich schaue Kurznachrichten und mache währenddessen zirka zehn Minuten Stretching. Spätestens um 08:30 Uhr beginnt der Arbeitsalltag mit Team-Kick-Offs. Die meiste Ruhe habe ich in der Zeit davor, um Dinge abzuarbeiten und den Tag damit zu beginnen, Aufgaben von meiner To-Do-Liste zu streichen.
Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Mit Sport, Musik und Gesellschaft! Ich mache seit vielen Jahren Karate, das ist für mich der perfekte Sport zum Auspowern und Abschalten und ich singe leidenschaftlich gern; das ist meine Art der Meditation. Vor Corona habe ich meine Abende gern in Gesellschaft von Freunden verbracht. Wir kochten zusammen oder gingen gemeinsam etwas essen und trinken. Das wird hoffentlich bald wieder möglich sein.
Was über das Gründer:innen Dasein hättest Du gern vor der Gründung gewusst?
Eigentlich gab es für mich keine wirklich großen Überraschungen: in der Theorie ist man sich ohnehin darüber im Klaren, was einen erwartet. Trotzdem überwältigt mich manchmal das Durchhaltever-mögen und die emotionale Verbundenheit des Teams in der allerpositivsten Art und Weise. Das fühlt sich unglaublich gut an und gibt mir jeden Tag frischen Auftrieb. Denn die Floskel: eine Gründung sei ein Marathon und kein Sprint, ist knallharte Wirklichkeit. Das kann man nur mit den richtigen Leuten im Team, die mit der gleichen Leidenschaft an die Sache herangehen. Dann macht das aber auch unglaublich viel Freude.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Nicht nur im Zusammenhang der Entwicklung, sondern auch in vielen anderen Aspekten der Gründung ist man als junges Unternehmen auf die richtigen Partner an seiner Seite angewiesen. Wir haben unterschätzt, wie aufwändig es ist, die „Richtigen“ im Sinne unserer Qualitätsanforderungen einerseits und unserer Werte andererseits zu finden.
Weiterhin ist der Spagat zwischen „Think Big“ und „Act Small“ nicht einfach. Einerseits denken wir von Anfang an bei allem in Skalierung, aber wir müssen natürlich auch die Kosten im Blick behalten. Eine der größten Herausforderungen, bevor wir mit LegalTegrity an den Markt gehen konnten, war sicherlich, dass wir bei einem so hochsensiblen Produkt wie unserem, nicht einfach mit einem MVP raus konnten. Das kam bei unserem Thema einfach nicht in Frage. Wir haben – zurecht – kritische Kunden, da es sich im Ernstfall um höchstsensible Unternehmensdaten handelt. Das heißt, wir sind erst dann an den Markt, als alle Sicherheitsanforderungen zu 100 Prozent erfüllt waren.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
“Der” größte Fehler ist schwierig zu benennen. Viel wichtiger ist für mich, dass man regelmäßig reflektiert, innehält und von sich selbst und anderen lernt. Denn man lernt ständig und am einfachsten in kleinen Schritten. Beispielsweise merke ich immer wieder, wie wichtig es ist, sich auszutauschen und dass es kein “zu viel” an Kommunikation gibt – vor allem, wenn alle im Home-Office arbeiten.
Wie findet man den passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Dafür gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Eine davon: Spread the word! Nicht nur über die klassischen Wege im Sinne einer Stellenanzeige, sondern vor allem im eigenen Freundes- und Kollegen-Netzwerk. Darüber hinaus sind LinkedIN, Xing und die klassische Mouth-to-Mouth Propaganda geeignete Kanäle. Wir selbst setzten Video-Drehs zur persönlichen Vorstellung des Teams ein. Unser Wertekanon ist ein zusätzlicher, wichtiger Maßstab. Für uns ist einer der wichtigsten Aspekte, während der Interviews herauszufinden, ob die Person die gleichen Werte teilt und eine ähnliche Arbeitseinstellung hat wie der Rest des Teams. Man sollte sich über die eigenen Kompetenzen und Kapazitäten und damit über all die Dinge, die man eben nicht selbst kann, im Klaren sein. Im Zweifelsfall kann man sich ruhig auch einmal Rat aus dem eigenen Netzwerk holen, worauf man bei der Einstellung für bestimmte Positionen unbedingt achten sollte.
Entscheidend ist auch, dass unsere Mitarbeiter Erfahrung mit Strukturen haben, die sich permanent verändern und eine hohe Flexibilität und Entwicklungsbereitschaft erfordern.
Wir fordern deshalb Referenzen ein und fragen, was an der Zusammenarbeit besonders gut war und wofür sie die Person empfehlen würden und wofür nicht.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Findet Euren persönlichen Stil. Sorgt dafür, dass Ihr rechtzeitig Verantwortung wahrnehmt. Seid mutig, seid selbstbewusst und seid authentisch. Habt vor allen Dingen Mut zur Veränderung und den Anspruch, Euch in Eurer Haut, Eurer Position und Eurem Umfeld wohl, akzeptiert und respektiert zu fühlen. Sucht Euch außerdem Mitgründer:innen bzw. ein Team, das Euch gut ergänzt und ein Umfeld – auch im privaten -, das Euch stärkt. Get and give back Support! Und denkt vor allem in Netzwerken und Kollaborationen. Beim Thema Kollaborationen ist eines ganz besonders wichtig: Wähle deine externen Experten sehr sorgfältig aus und sprich unbedingt vorher mit deren Referenzen. Und zum Schluss: Bereite dich auf einen Marathon vor – und nicht auf einen Sprint.
Ohne welches externe Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Hubspot! Unser kompletter Sales- und Marketing-Prozess läuft über Hubspot mit dem CRM als Basis. Ohne die vielfältigen Automatisierungsmöglichkeiten wäre das Pensum mit unserer Teamgröße kaum zu stemmen.
Wer sorgt bei Eurem Team für gute Stimmung?
Alle! Im gesamten Team herrscht eine entspannte und ausgelassene Stimmung, wir lachen viel. Das ist vor allem durch die Beschränkung auf virtuelle Zusammenarbeit extrem wichtig und eine tolle Basis, um sich eben auch auf der persönlichen Ebene zu connecten. Vermutlich bekommen wir deshalb von Externen sehr häufig das Feedback, dass wir eine tolle Energie haben, die nach außen spürbar ist.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Wild nicht unbedingt, aber definitiv besonders: im letzten Sommer habe ich mein Home-Office in meine zweite Heimat, nämlich nach Kroatien, verlegt. Nachdem für Pia Michel und Thomas Altenbach, meine beiden Partner:innen und Mitgründer:innen von LegalTegrity, Corona-bedingt die eigenen Sommerurlaubspläne ins Wasser fielen, kamen sie kurzerhand ebenfalls nach Kroatien und wir haben drei Wochen lang eine unglaublich produktive Workation gehabt. Das heißt, wir haben in ganz entspannter Urlaubsatmosphäre gearbeitet. In dieser Zeit hatten wir definitiv das schönste geschäftliche Meeting: Nachmittags im Meer, einer saß auf der Boje, eine lag auf der Luftmatratze und die dritte paddelte im Schwimmring. Währenddessen haben wir das Modell für die Mitarbeiter-Boni ausgearbeitet. Das war natürlich sensationell! Diese drei Wochen haben uns als Gründerteam enorm zusammengeschweißt – zumal wir bis dahin ja größtenteils virtuell, also aus dem deutschen Home-Office zusammen arbeiteten.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.
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